„Ein Festival der Demokratie.“ So bezeichnet Innensenator Andy Grote die nahenden G20-Protest-Aktionen. Sein Rat? Cool bleiben!
Ilona Lütje: Macht Ihnen der G20-Gipfel Angst?
Andy Grote: Nein. Ich bin sicher, dass wir uns das als Stadt zutrauen können.
Der Tagungsort mitten im linken St. Pauli und nur einen Steinwurf von der Schanze entfernt bietet allerdings mächtig Zündstoff, oder?
Auch auf St. Pauli und in der Schanze können Dinge passieren, die nicht jedem inhaltlich gefallen. St. Pauli ist aber auch der internationalste, toleranteste und offenste Ort, den wir in der Stadt haben. Und ich finde es ehrlich gesagt ein schwieriges Signal, zu verlangen, dass sich hier keine Regierungen treffen sollen.
Was kommt auf die Hamburger zu?
Wir werden, ähnlich wie beim OSZE-Gipfel im Dezember 2016, die Einschränkungen für die Hamburger so gering wie möglich halten. Der Gipfel wird allerdings Verkehrsbehinderungen mit sich bringen, durch die – zwar nur sehr wenigen – Sperrungen und durch die An- und Abreise der Delegationen von und zum Flughafen. Das ist aber alles nichts, womit man als Hamburger nicht einigermaßen gelassen umgehen könnte.
Alles andere liegt in den Händen derjenigen, die von außen Gewalt und Militanz hereintragen wollen. Damit müssen wir leider rechnen. Es wird voraussichtlich nicht ganz störungsfrei verlaufen. Aber wir werden alles unternehmen, um die Hamburger und die Gäste des Gipfels zu schützen.
Der Vergleich mit OSZE hinkt möglicherweise ein wenig: Das G20-Treffen hat allein durch Teilnehmer wie Trump und Erdogan eine ganz andere Qualität …
Ich glaube, es hat noch nie einen Gipfel mit so viel zivilgesellschaftlicher Begleitung gegeben. Gerade durch die Teilnehmer sind natürlich viele Menschen besonders motiviert, auf die Straße zu gehen und zu zeigen, was man von ihnen hält. Das soll auch alles seinen Raum haben. Es wird mehr Versammlungen in kürzester Zeit und mit mehr Teilnehmern als jemals zuvor in Hamburg geben. Man könnte fast von einem Festival der Demokratie sprechen. Und das steht Hamburg auch gut zu Gesicht.
Sie erwarten 4.000 gewaltbereite Demonstranten …
Die 4.000 ist eine Richtgröße aus der Situation vom 21.12.2013 (an dem Tag eskalierte eine Demonstration für den Erhalt der Roten Flora, Anm. d. Red.). Aktuell schätzt die Polizei das Potenzial gewaltbereiter Extremisten sogar auf bis zu 8.000 ein. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Teilnehmer ist es natürlich nur eine deutliche Minderheit. Aber es ist eine hohe Zahl, wenn es darum geht, ein friedliches, gewaltfreies Bild wahren zu wollen. 4.000 bis 8.000 gewaltorientierte Extremisten können uns eine Menge Ärger machen.
Mit welchen Maßnahmen gehen Sie dagegen vor?
Vor allem durch eine hohe Polizeipräsenz. In dem Moment, in dem es zu Gewalt kommt, zu Störungen, zu militanten Aktionen, wird die Polizei mit großer Klarheit und Konsequenz auftreten.
Welche Sicherheitsmaßnahmen werden konkret getroffen?
Im Vorbereitungsstab der Polizei planen rund 85 Kollegen den Einsatz. Wir bauen dabei auf die Erfahrungen mit dem OSZE-Gipfel auf. Die Dimensionen sind dieses Mal zwar größer, aber wir haben ein bewährtes Fundament. Die Szenarien, auf die man sich ganz konkret einstellt, werden fortlaufend angepasst.
Wie viele Beamte werden im Einsatz sein?
Mehr als 15.000 Polizisten aus verschiedenen Bundesländern. Zusätzlich ist die Bundespolizei deutschlandweit an Grenzen, Autobahnen oder Bahnhöfen im Einsatz. Die Bundeswehr übernimmt darüber hinaus Aufgaben wie Luftraumüberwachung und die Behandlung der beim Einsatz verletzten Beamten, um die Kapazitäten der zivilen Krankenhäuser zu schonen.
Im Netz werden bereits schlimme Szenarien gemalt …
Die Ankündigungen sind nicht alle realistisch. Wir nehmen zwar sehr ernst, was uns bereits an Gewalt angedroht wurde. Trotzdem: Wir hatten auch vor OSZE Szenarien wie „Die Stadt steht in Flammen“ und nichts ist passiert. Wir haben diesmal eine hohe Zahl an Gewaltbereiten, die sich nicht nur auf eine Parkbank setzen werden, aber die Polizei ist gut vorbereitet. Es gibt keinen Grund zur Hysterie. Mein Rat ist: Cool bleiben!
/ Interview: Ilona Lütje / Foto: Jakob Börner