„Die Beatles, das Universum und der Rest“: Die neue Graphic Novel über die Pilzköpfe

Den Komponisten und Autoren Felix Janosa kennt man vor allem durch die bekannte „Ritter Rost“-Kinderbuchreihe, Illustratorin Paulina Eichhorn indes ist ein noch weitgehend unbeschriebenes Blatt. Doch das dürfte sich nun ändern, denn zusammen haben die beiden mit „Die Beatles, das Universum und der Rest“ eine wirklich spektakuläre Beatles-Biografie vorgelegt – und zwar in Form einer sehr lesenswerten Graphic Novel
Für „Die Beatles, das Universum und der Rest“ haben sich die Illustratorin Paulina Eichhorn und der Komponist und Autor Felix Janosa zusammengetan (©Ueberreuter Verlag)

SZENE HAMBURG: Zuallererst einmal: Woher kennt ihr beiden euch eigentlich?

Paulina: Kennen ist fast zu viel gesagt. Wir haben zwar mehr als zwei Jahre zusammengearbeitet, aber uns noch nie persönlich getroffen.

Felix: Ein Münsteraner Kollege machte mich auf Paulinas Beatles-Diplomarbeit aufmerksam. Als die Pandemie kam, schlug ich als Komponist und echter Beatles-Nerd Paulina vor, diese Arbeit zu einem „großen Buch“ zu machen. Die Start-Finanzierung erfolgte durch ein NRW-Künstler-Stipendium.

Felix, du warst acht Jahre alt, als die Beatles sich aufgelöst haben. Hast du die Band als Kind bereits wahrgenommen?

Felix: Nein, in jungen Jahren hing ich noch an der „ZDF-Hitparade“ mit Dieter Thomas Heck, meine Eltern hörten wahlweise leichte Oper oder Jazz. Aber mit zwölf ging es los: Erst eine LP von Udo Lindenberg, dann das „rote Album“ und das „blaue Album“.

Paulina, als du 1993 geboren wurdest, existierten die Beatles als Band bereits seit 23 Jahren nicht mehr. Wie hast du zu ihnen gefunden?

Paulina: Wie zu den meisten anderen Bands auch: über Youtube und durch Zufall. Generell höre ich viel alte Rockmusik: Rolling Stones, Led Zeppelin et cetera.

Von der Bachelorarbeit zum Buch

„Das Buch basiert ja auf meiner Bachelorarbeit. Ich habe Design mit Schwerpunkt Illustration in Münster studiert und wollte für meine Bachelorarbeit damals unbedingt etwas zum Thema Musik illustrieren“, sagt Paulina Eichhorn (©privat)

Deine Mutter war glühender Beatles-Fan – allerdings auch erst in den Siebzigerjahren, als es die Band schon nicht mehr gab. Hast du sie mal gefragt, warum sie von der Band so begeistert war?

Paulina: Ihre Begeisterung ging in sehr frühem Alter los: Schon mit elf oder zwölf Jahren haben die älteren Geschwister ihrer Freunde sie mit der Musik vertraut gemacht. Damals waren die Beatles immer noch sehr aktuell; in Jugend- und Musikzeitschriften wurde immer wieder über sie berichtet, die Beatles-Filme liefen im Fernsehen, die Jungs waren süß. Da war es leicht, Beatles-Fan zu werden.

Wie hat sie reagiert, als du ihr von dem Projekt erzählt hast?

Paulina: Das Buch basiert ja auf meiner Bachelorarbeit. Ich habe Design mit Schwerpunkt Illustration in Münster studiert und wollte für meine Bachelorarbeit damals unbedingt etwas zum Thema Musik illustrieren, weil ich mich schon immer sehr für Musik interessiert habe und Bandgeschichten auch illustrativ viel hergeben. In der Phase der Themensuche bin ich im Keller auf einen alten Ordner voller Zeitungsartikeln über die Beatles gestoßen, den meine Mutter in ihrer Jugend angelegt hat. Als ich diesen als Inspiration für meine Bachelorarbeit genommen habe, war sie natürlich begeistert und hat mich von da an immer bestärkt, das Projekt voranzutreiben und es auch nach dem Studium nicht in einer Schublade verschwinden zu lassen. Jetzt wo das Buch endlich fertiggestellt ist, ist sie der größte Fan und macht überall stolz Werbung.

„Ein Tag, den man morgens mit ‚Drive My Car‘ beginnt, kann kaum in die Hose gehen“

Felix Janosa

Grundlage eures Buches war also Paulinas Bachelorarbeit. Wie viel davon ist denn zum Buch geworden?

Paulina: Ich hatte damals etwa ein Jahr an Idee, Texten und den ersten Illustrationen für meine Bachelorarbeit gearbeitet. Nachdem es dann Jahre später zu einer Zusammenarbeit zwischen Felix und mir gekommen ist, haben wir das ganze Konzept noch mal überarbeitet. Von den 176 Seiten unseres Buches basieren nur etwa vierzig auf Seiten meiner Bachelorarbeit. Da ist also noch ganz schön viel Neues dazugekommen – und hat dann auch noch mal gute zweieinhalb Jahre gebraucht.

Hattet ihr Probleme wegen Urheberrechten oder ähnlichem oder verlief das alles reibungslos?

Felix: Nein. Paulina hat immer eigenständig und künstlerisch gearbeitet, auch wenn manchmal ikonische Fotos als Vorbild dienten. Mit der gleichzeitig veröffentlichten Spotify-Playlist kann man als Leser das Buch auch rechtlich unbedenklich „mithören“.

Von der Hamburger Beatles-Expertin Stefanie Hempel gegengelesen

Paulina, wie schwierig war es für dich, die Band illustratorisch in Szene zu setzen? Zumal von den Beatles, wie Felix richtig angemerkt hat, ja schon viel ikonisches Bildmaterial existiert.

Paulina: Wenn man das Buch durchblättert, fällt wahrscheinlich auf, wie selten ich die Beatles eigentlich gemalt habe. Das liegt daran, dass es, wie Felix ganz richtig sagt, schon sehr viel ikonisches Bildmaterial zu ihnen gibt, auf das ich nicht zurückgreifen wollte. Stattdessen habe ich versucht, neue Bilder zu finden: indem ich etwas ganz anders zeige als die Band, indem ich eine neue Perspektive auf bekannte Bilder anwende (siehe Abbey Road) oder indem ich Szenen aus bekannten Bildern zitiere, sie aber nicht eins zu eins abbilde (siehe Bed-In von John und Yoko).

Was die Beatles für mich ausmacht, ist, dass sie angefangen haben, Musik für sich selbst zu machen.

Paulina Eichhorn

Auch die Zeit der Beatles in Hamburg ist in eurem Buch natürlich aufgeführt. Habt ihr mit Leuten sprechen können, die die Beatles damals in Hamburg gesehen haben?

Felix: Nein. Aber die renommierte Hamburger Beatles-Expertin Stefanie Hempel hat das Buch gegengelesen, Fakten gecheckt und uns auch ein paar Insider-Details verraten, die sie, glaube ich, direkt von Klaus Voormann hatte (ein deutscher Musiker und Grafiker, der mit den Beatles musiziert und unter anderem das Cover ihrer „Anthology“ gestaltet hat; Anm. d. Verf.).

Musstet ihr bestimmte Anekdoten über die Beatles aus dem Buch herauslassen, weil es sonst zu viel gewesen wäre?

Paulina: Die, die mir bekannt waren, und die ich gerne im Buch gesehen hätte, sind alle enthalten.

Felix: Das Buch hätte locker doppelt so dick werden können. Aber letztendlich gaben der aktuell sehr hohe Papierpreis und der Wunsch, ein „Buch für alle“ zu machen, den Ausschlag für die endgültige Seitenzahl. Alles, was nicht drin ist, wäre aber auf jeden Fall Stoff für ein weiteres Buch mit anderer Form.

Zwei Generationen, gegenseitige Inspiration

„Das Buch hätte locker doppelt so dick werden können. Aber letztendlich gaben der aktuell sehr hohe Papierpreis und der Wunsch, ein „Buch für alle“ zu machen, den Ausschlag für die endgültige Seitenzahl“, sagt Felix Janosa (©Peter Leßmann)

Paulina, du bist 31 Jahre jünger als Felix, ihr kommt aus vollkommen anderen Generationen. Hatte dieser Umstand Einfluss auf eure Zusammenarbeit?

Paulina: Vom Altersunterschied hab ich wenig gespürt, aber ich habe definitiv von Felix’ Erfahrung profitiert.

Also habt ihr den Altersunterschied für eure Zusammenarbeit eher als Bereicherung empfunden?

Felix: Ja, die lief bestens. Wir hatten ähnliche, aber auch viele unterschiedliche Ideen, die sich nachher gut zusammenfügten.

Paulina: Als wir begonnen haben, zusammenzuarbeiten, war ich ganz am Anfang meiner beruflichen Tätigkeit. Da war es schon super, jemanden zu haben, der in diesem Projekt die Zügel in die Hand genommen und das Ganze vorangetrieben hat. Auch bei der Suche nach einem Verlag waren seine Erfahrung und Verbindungen sehr wertvoll. Generell bin ich Felix wirklich dankbar. Ich weiß nicht, ob das Projekt ohne ihn je fertiggestellt worden wäre.

Was begeistert euch heute denn noch konkret an den Beatles?

Felix: Die Beatles sind in so vielen Segmenten „Pioniere der Popmusik“ wie keine andere Band. Und sie haben diesen Humor und die positive Energie. Ein Tag, den man morgens mit „Drive My Car“ beginnt, kann kaum in die Hose gehen.

Paulina: Was die Beatles für mich ausmacht, ist, dass sie angefangen haben, Musik für sich selbst zu machen. Mit einfachen Songs wie „She Loves You“ waren sie sehr erfolgreich und wahrscheinlich hätten sie für den Rest ihrer Karriere so weitermachen können, aber stattdessen sind sie innovativ geworden und haben etwas wirklich Neues erschaffen: ein riesiges Paket an verschiedenen Stilen und Songtypen, das selbst heute noch aktuell wirkt.

Erst die Beatles, danach Queen?

Für „Die Beatles, das Universum und der Rest“ haben sich die Illustratorin Paulina Eichhorn und der Komponist und Autor Felix Janosa zusammengetan (©Ueberreuter Verlag)

Was waren die spannendsten Dinge, die ihr bei der intensiven Beschäftigung mit der Band neu für euch herausgefunden habt?

Paulina: Ich hatte mich zwar für meine Bachelorarbeit schon ausführlich mit den Beatles beschäftigt, aber das Tiefenwissen wie Felix hatte ich nicht. Deshalb sind für mich viele der Informationen, die im Buch zu finden sind, neu gewesen.

Felix: Nach einer Weile ist man in der Zeit und den Beatles „drin“, man begreift das Gruppengefüge und kann wie ein Regisseur bei einem Biopic alles vor sich sehen – oder sich vorstellen.

Welches ist euer Lieblings-Beatle? Und welches euer Lieblings-Beatles-Stück?

Paulina: Weil ich so sehr retrospektiv auf die Band schaue, ist der Personenkult an mir vorbeigegangen. Ein Lieblings-Beatles hat sich deshalb bei mir nie herauskristallisiert. Lieblingsstücke ändern sich bei mir ständig, aber momentan liegen „Happiness Is A Warm Gun“ und „Don’t Let Me Down“ ganz vorne.

Felix: Keine Entscheidung – sie waren eine Gruppe. Das merkt man besonders schmerzhaft, wenn ab 1969 die Soloprojekte beginnen, denen oft die „alte Magie“ fehlt. Das eingangs erwähnte „Drive My Car“ ist eines meiner fünfzig Lieblingsstücke der Gruppe. Öfter anhören sollte man sich „Revolution No. 9“ vom „weißen Album“.

Gibt es eine Band oder eine:n Sänger:in, bei denen ihr euch vorstellen könntet, noch so eine Graphic-Novel-Biografie zu schreiben?

Felix: Queen.

Felix Janosa, Paulina Eichhorn: Die Beatles, das Universum und der Rest, Ueberreuter Verlag, 176 Seiten, 25 Euro 

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 12/2023 erschienen.

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