Grenzenlos kicken

Die Initiative „Kick it – United“ bringt portable Fußballplätze zu Flüchtlingsunterkünften. SZENE HAMBURG traf Mitgründer Hannes Nöllenheidt zum Interview

SZENE HAMBURG: Wie ist die Idee für das Flüchtlingsprojekt entstanden?

Hannes Nöllenheidt: Mein guter Freund Martin Blüthmann und ich wollten etwas tun. Ich habe eine Zeit lang in der Kleiderkammer in den Messehallen gearbeitet. Da war dieses Gefühl in mir: Es geht noch mehr. Ich besuchte das ZEA in Bahrenfeld in der Schnackenburgsallee. Dazu kamen Medienberichte über die Erstaufnahmelager: Schlägerei hier, Polizeieinsatz dort. Wir dachten uns: Die Leute haben alle ähnliche Probleme. Über die Kraft des Fußballs können sie gemeinsam Freude erleben und Spannungen abbauen.

Wie seid ihr vorgegangen?

Wir haben uns an eine Firma aus Hennef gewandt. Sie hat für den Deutschen Fußball-Bund 1.000 mobile Felder gebaut. Ich wusste um die außerordentlich gute Qualität. Mein Sohn spielt auf einem solchen Feld an der Max-Brauer-Schule. Wir haben ein auf- und abbaubares Streetsoccer-Feld – mit Banden aus Stahl und zusammenklappbaren Tore bestellten.

Was kostet so etwas?

12.000 Euro. Wir hatten zuvor 20.000 Euro von Stiftungen und Privatpersonen akquiriert. So konnten wir zusätzlich einen Sprinter für den Transport mieten. Die Premierentour war am 1. März.

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Das ging alles so ganz locker, ohne Probleme?

Wir haben schon geschluckt, als das Feld bei uns ankam. Alle Teile wiegen zusammen 1.600 Kilo. Nach langen Diskussionen war klar, wie wir das Gewicht im Wagen verteilen. Mittlerweile sind wir an fünf Tagen in der Woche unterwegs. Jeden Tag woanders. Den Platz müssen wir nur nach Harburg, zum Grellkamp in Langenhorn und zur Dratelnstraße in Wilhelmsburg transportieren. In Bahrenfeld und einem weiteren ZEA in Schnelsen sind feste Plätze in der Nähe. Dort werden die Spiele von uns oder den ehrenamtlich helfenden Studenten geleitet.

Wie läuft so ein Besuch bei den Flüchtlingen ab?

Wir bevorzugen das Wort Bewohner. Oft kommen sie uns schon entgegen, voller Vorfreude. Meist wird ein Turnier gespielt: Sechs Mannschaften à vier Spieler inklusive Torwart. Eine Partie dauert sechs Minuten. Viele sind richtig gut, es gab schon hochdramatische Spiele. Die beiden besten Teams tragen das Finale aus.

Bekommt der Turniersieger einen Preis?

(Lacht) Einmal haben wir eine alte Sohle gefunden. Die haben wir auf Holz genagelt. Das war der Pokal.

Ordnen sich die Mannschaften nach Nationalitäten?

Am Anfang ja. Das mischt sich nun immer mehr. Die Menschen lernen sich untereinander eben näher kennen. Es haben sich Freundschaften entwickelt. Die Einrichtungen freuen sich ebenfalls und bestätigen uns, dass unser Angebot die Situation der Menschen verbessert und zum sozialen Frieden beiträgt.

Eines eurer Teams war sogar international erfolgreich!

Sozusagen. Die Mannschaft aus Bahrenfeld wurde Turniersieger beim „Refugees Welcome“-Turnier am Millerntor. Die Männer haben sich am Boden gewälzt vor Freude.

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Sind Männer die ausschließliche Zielgruppe?

Einmal haben sich die Frauen und jungen Mädchen in Harburg zum Fußball getraut. Sie haben unter sich gespielt. Leider wollten sie nächste Woche nicht mehr mitmachen. Wir hoffen, sie wieder motivieren zu können.

Habt ihr traurige Geschichten erlebt?

Leider ja. Ein außerordentlich guter Spieler wurde zum Mitorganisator, fuhr mit zu anderen Erstaufnahmelagern. Er war auf dem besten Weg, ein Teil von „Kick it – United“ zu werden. Wir mochten ihn sehr und förderten sein Engagement. Zwei Tage vor dem „Refugees Welcome“-Turnier wurde er abgeschoben. Das tat uns allen wahnsinnig weh.

Was sind eure Ziele und Wünsche für die Zukunft?

Wir möchten zwei weitere Plätze kaufen. Mit Kunstrasen als Untergrund. Der Beton ist für die Spieler verletzungsanfällig. Dafür brauchen wir etwas über 50.000 Euro. Die drei Plätze wollen wir mittelfristig fest in den Erstaufnahmelagern installieren. Ehrenamtlich engagierte Menschen können wir natürlich immer gebrauchen. Generell würden wir uns freuen, wenn Entscheidungswege auf der bürokratischen Ebene nicht so lang wären.

Interview: Mirko Schneider

Infos zu „Kick it – United“

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