Schulen sind Einrichtungen des Lehren und Lernens, sie können unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte haben ebenso wie verschiedene pädagogische Konzepte und finanzielle Träger. Doch ob mit Sport-, Kunst- oder Sprachprofil, ob staatlich, kirchlich oder privat: Sie sind prägende Orte des sozialen Miteinanders heranwachsender Individuen und können für eine gewisse Zeit Fixpunkt und Richtungsweiser zugleich in deren Leben sein. Zudem sind Schulen immer auch gesellschaftliche Institutionen im Kontext ihrer Zeit und in diesem Sinn historisch wandelbar – so kann die Geschichte einer Schule oft auch im Hinblick auf regionale oder sogar bundesweite sozial-, bildungs- und politikhistorische Entwicklungen aufschlussreich sein.
Auf spielerisch-eindrückliche Art und Weise zu zeigen, wie stark sich der Schulbetrieb – gerade im Verlauf der letzten 150 Jahre – verändert hat, und wie unterschiedlich Unterricht aussehen kann, hat sich das Hamburger Schulmuseum zum Auftrag gemacht. Gelegen mitten im Herzen St. Paulis gehört die Einrichtung zur Hamburger Behörde für Schule und Bildung (BSB), dient als Außenstelle des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulvermittlung (LI) und versteht sich als eine demokratiepädagogische Institution, die Geschichtsvermittlung eng an die aktive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler koppelt, die das Museum besuchen. Aktuell werden dort Ausstellungen und Veranstaltungen zu zwei Schwerpunktthemen angeboten: Hamburgs Schulen in der NS-Zeit (1933–1945) und in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs (1871–1918). Die Idee dahinter ist es, Einblicke in Erziehungsziele, Unterrichtsmethoden, Lehrmittel und Schulstrukturen dieser historischen Zeitabschnitte zu bieten.

Ausstellungen zeigen den Schulunterricht im Wandel
In der Ausstellung „Schule im Nationalsozialismus und Neuanfang nach 1945“ etwa wird mittels zahlreicher historischer Dokumente, Fotografien, Lehrbücher, Schülerhefte und -arbeiten zur Schau gebracht, wie die NS-Ideologie systematisch präsent war. Hierzu hat das Museum für Schulklassen ab Klasse 9 ein dreistündiges Programm konzipiert. Ebenfalls drei Stunden nehmen die Veranstaltungen zum Thema „Unterricht im Kaiserreich“ in Anspruch, doch richten diese sich auch an Schülerinnen und Schüler ab Klasse 4. Neben altersgemäßen Gesprächen über damalige Lebens- und Wohnverhältnisse, hierarchische Strukturen in Schuleinrichtungen und Gesellschaft, Erziehungsideale und Strafmaßnahmen, Geschlechterrollen sowie Militarismus, Patriotismus und Kolonialismus gehört zum Veranstaltungskonzept auch ein Rollenspiel. So können die Schülerinnen und Schüler bei ihrem Besuch in einem historisch eingerichteten Klassenzimmer an einer Schulstunde teilnehmen, wie sie zur Kaiserzeit abgehalten wurde.

Hamburger Schulmuseum: Von der Neustadt nach St. Pauli
Über die Funktion eines außerschulischen Lernortes hinaus ist das Museum auch ein Institut für Schulgeschichtsforschung, denn im Gebäude gibt es eine gut bestückte Sammlung aus Archivalien (Fotos, Glasdias, Schriftdokumente, Karten, Objekte und Gerätschaften) und eine Präsenzbibliothek mit historischen Lehrmitteln verschiedener Fächer. Der Grundstein dieser Sammlung wurde bereits Ende der 1980er-Jahre gelegt. Reiner Lehberger hatte damals in der Funktion als Leiter der Arbeitsstelle für Hamburger Schulgeschichte am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg im Rahmen eines Forschungsprojekts zu „Hamburg in der NS-Zeit“ entdeckt, dass viele historische Objekte und Dokumente aus Hamburger Schulen entfernt wurden – doch daran sollte sich etwas ändern.
Gemeinsam mit dem damaligen Landesschulrat Wolfgang Neckel und Hans-Peter de Lorent, dem Vorsitzenden der GEW, fand er in der Rudolf-Roß-Schule in Hamburgs Neustadt einen Kooperationspartner. In einem Nebentrakt der Schule wurde Platz für das Schulmuseum eingerichtet, sodass es am 21.10.1991 seine Eröffnung feiern konnte – bis es im Jahr 2000 an den heutigen Standort, die ehemalige Realschule St. Pauli, umzog. Das Hamburger Schulmuseum ist so ein Ort der Geschichtsvermittlung und Schulgeschichtsforschung, der selbst ein Stück Stadtgeschichte in sich trägt. Und jedes Mal, wenn sich dort Klassen zum Besuch einfinden, verbinden sich das Damals und das Heute – mit Zukunftsperspektive: Denn die Sammlung soll weiterhin wachsen. Und mit ihr die Geschichte des Museums.
Hamburger Schulmuseum, Seilerstraße 42 (St. Pauli)

Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG SCHULE 2025 erschienen.