Hamburgerin des Monats: Kassiererin Karima Quattaybi

Ohne Frauen wie Karima Quattaybi, 40, würde in Hamburg nichts laufen. Sie saß an der Kasse im Rewe Center Altona, als dort im Frühjahr 2020 Menschenmengen einkauften, als würde es dort morgen nichts mehr geben, und hatte ein mulmiges Gefühl, sich mit dem Coronavirus anzustecken.
„Unser Sonnenschein“: Seit 2002 arbeitet Karima Quattaybi als Kassiererin im Rewe Center Altona (Foto: Matthias Greulich)

Ohne Frauen wie Karima Quattaybi, 40, würde in Hamburg nichts laufen. Sie saß an der Kasse im Rewe Center Altona, als dort im Frühjahr 2020 Menschenmengen einkauften, als würde es dort morgen nichts mehr geben, und hatte ein mulmiges Gefühl, sich mit dem Coronavirus anzustecken. Anfangs wurde auf den Balkonen auch für die Kassiererinnen und Kassierer geklatscht, doch im zweiten Lockdown gibt es nur noch wenig Aufmunterung der Kunden, bei denen viele mit eigenen Problemen zu kämpfen haben

Interview: Matthias Greulich

SZENE HAMBURG: Karima Quattaybi, erinnert Sie die aktuelle Situation an den Lockdown im März?

Karima Quattaybi: Wir nehmen im Januar schon wahr, dass die Kunden weiterhin verstärkt einkaufen. Das ist zum Jahresanfang ungewöhnlich. Die Kunden sind aber ruhiger und respektieren die getroffenen Vorkehrungen.

Was ist anders als im Frühjahr 2020?

Durch die Auflagen und Landesverordnungen ist die Kundenanzahl im Markt limitiert, dadurch ist es insgesamt ruhiger als im Frühjahr. Damals habe ich einer Zeitung gesagt: ,Da hatten wir jeden Tag Silvester.‘ Dazu muss man wissen, dass dies normalerweise der stärkste Einkaufstag für uns im Jahr ist.

Wie läuft es mit dem Verkaufsverbot für Alkohol, das in diesem Gebiet in Altona seit vergangenem Sommer gilt?

Wir haben am Eingang und im Markt in der Abteilung entsprechende Aushänge, die darauf hinweisen. Am Anfang haben die Kunden mit Unverständnis reagiert, mittlerweile ist dies aber ebenfalls Gewohnheit und sorgt für wenig Trubel.

Was wird jetzt gehamstert?

Wir haben im Frühjahr viel gelernt, und ich denke die Kunden auch. Aufgrund des Lockdowns merken wir aber eine erhöhte Nachfrage bei Non-Food-Artikeln, beispielsweise den Haushaltsartikeln. Bei uns gilt, unabhängig von der Warengruppe: Wir verkaufen alles in haushaltsüblichen Mengen.

Verstehen Sie, warum so viel gekauft wird?

Eher nicht, wenn man alleine auf das Thema Öffnungszeiten etc. schaut. Wir hatten nicht einen Tag in den letzten Monaten, außer der gesetzlichen Feiertage, zu. Wobei man auch nicht vergessen darf, dass viele Familien zu Hause sind und da natürlich auch ein größerer Bedarf an Lebensmitteln vorhanden ist. Es wird jeden Tag für Groß und Klein gekocht, da braucht man natürlich schon mehr Lebensmittel.

Was beschäftigt die Menschen?

Viele sind in Kurzarbeit. Wir kennen einige Kunden in Altona schon lange und das ist dann traurig zu hören. Gerade von den Menschen in der Gastro, für die es gerade nicht einfach ist. Sie müssen jeden Cent umdrehen und wissen nicht, wie es weitergeht. Und viele haben zurzeit nichts anderes als einzukaufen. Die Kunden sind nicht mehr so gesprächig, muss ich sagen. Das finde ich schade. Wir wollen alle einkaufen gehen und wir machen das hier gerne.

Wie lange arbeiten Sie schon hier?

Seit 2002. Im nächsten Jahr also schon 20 Jahre.

Sie haben eben kurz gelacht, als Ihre Kollegin sagte, Sie seien hier der Sonnenschein.

Nach der Spätschicht von letzter Woche brauche ich noch etwas, um zu strahlen.

„Wir bekommen das hin – auf jeden Fall“

Wie geht Ihre Familie mit der Situation um?

Ich habe eine Tochter. Die ist 16, geht aufs Gymnasium und sitzt gerade im Online-Schooling. Ist auch alles ein bisschen schwierig. Läuft alles nicht rund gerade. Das Internet bricht dauernd zusammen, hat sie mir berichtet. Ich verlasse mich darauf, dass sie es alleine hinkriegt. Aber sie macht es gut und macht keinen Blödsinn.

Reden Sie mit Ihren Kollegen über die Gefahr, sich anzustecken?

Wir alle haben diese Gedanken. Wir haben Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen. Das gibt ein mulmiges Gefühl. Das Risiko, sich anzustecken, ist da. Dazu kommt: Jetzt ist Erkältungszeit und es kommt vor, dass Leute husten. Im Markt weisen wir nach wie vor auf die Abstandsregeln, Maskenpflicht und das regelmäßige Händewaschen hin – denn das sind die wichtigsten Regeln, um gesund zu bleiben.

Fühlen Sie sich sicher hinter der Plexiglasscheibe?

Ich bin froh, dass wir diese Plexiglasscheiben gekriegt haben.

Wie erinnern Sie sich an die Zeit, als abends auf den Balkonen geklatscht wurde?

Das waren zwei Wochen. Wir haben viele Stammkunden, die sagten: ,Toll, dass ihr noch da seid.‘ Es war ja schon beeindruckend, weil man auf einmal wichtig war. Sonst war es selbstverständlich, dass wir da waren. Jetzt gehörten wir zur besonderen Kategorie, die für die Versorgung wichtig ist.

Ist noch etwas aus dieser Zeit bei den Kunden da?

Nein, wirklich nicht viel. Das war ganz schnell vorbei. Der Einzelhandel ist ein bisschen untergegangen, was die Wertschätzung betrifft.

Haben Sie zum Jahresende eine Prämie bekommen?

Ja, die gab es. Vom Arbeitgeber auf freiwilliger Basis. Hat mich gefreut. Und noch etwas ist ganz gut: Wir dürfen uns Obst, einen Snack und Getränke nehmen und müssen die Artikel nicht an den anderen Kassen bezahlen, wenn es voll ist.

Wie sind die Aussichten für die nächsten Wochen und Monate?

Wir haben 120 Mitarbeiter in Altona, unter denen auch viele jünger sind. Ich denke, wir bekommen das hin. Auf jeden Fall. Weil wir uns auch mit den Kollegen austauschen. Dadurch, dass wir zusammenhalten, ist das Team gut. Ansonsten würden wir das nicht so einfach durchstehen. Denn wir sind auch angespannt, muss ich zugeben.


 SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Februar 2021. Das Magazin ist seit dem 28. Januar 2021 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich!

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