Nachts unterwegs im hvv – das Heimwegtelefon begleitet

Gegen das mulmige Gefühl: Wer sich nachts unsicher fühlt, kann das Heimwegtelefon anrufen. Der Hamburger Verkehrsverbund (hvv) kooperiert dafür mit dem gleichnamigen Verein und seinen ehrenamtlichen Mitarbeitenden
Für ein sichereres Gefühl im hvv: Das Heimwegtelefon hilft nachts dabei(©HOCHBAHN)

Ein dunkler Park oder eine einsame Unterführung können der Auslöser sein, aber auch eine Person, die nachts auf dem Heimweg zu dicht aufschließt. Und dann ist es plötzlich da: das Gefühl der Angst oder Unsicherheit.  Für solche oder ähnliche Situationen ist der hvv als erster Verkehrsverbund Deutschlands eine Kooperation mit Heimwegtelefon e. V. eingegangen. Unter der Nummer 0800 46484648 erreichen Fahrgäste nachts geschulte, ehrenamtliche Telefonistinnen und Telefonisten, die sie am Smartphone nach Hause begleiten, wenn sie sich unbehaglich fühlen. Das Angebot gilt sonntags bis donnerstags von 21 bis 24 Uhr, freitags und samstags wird die Anrufzeit bis 3 Uhr ausgeweitet. 

So funktioniert das Heimwegtelefon

Durch die Zusammenarbeit mit dem hvv hat das Heimwegtelefon in Hamburg deutlich an Bekanntheit gewonnen. Dabei gibt es den Verein mit Sitz in Dresden schon seit fast sechs Jahren. Der Grundstein für die Idee wurde sogar bereits 2011 gelegt. Von einem lokalen Projekt fürs Berliner Nachtleben mit zwei Telefonistinnen hat sich Heimwegtelefon e. V. mittlerweile zum bundesweiten Service mit rund 60 aktiven Ehrenamtlichen aus ganz Deutschland entwickelt. Sie alle haben eine umfangreiche Ausbildung mit theoretischem und praktischem Teil durchlaufen. „Zwischen Bewerbung und Einsatzbereitschaft vergeht etwa ein halbes Jahr“, sagt Daniel, der 2020 zum Heimwegtelefon gekommen ist und neben Telefondiensten auch die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins koordiniert. „Nur wenn ich mich in dieser Tätigkeit sicher fühle, kann ich auch eine Sicherheit an mein Gegenüber ausstrahlen.“  

Heimwegtelefon ist rein digital organisiert. Die Erstellung und Besetzung des Dienstplans richtet sich nach dem Anrufaufkommen des Vorjahres. „Das Ziel ist, dass wir möglichst jeden Anruf so schnell wie möglich annehmen können“, erklärt Daniel. „Wir haben ein Angebot, das akut in dem Moment gebraucht wird, in dem die Person anruft. Minuten können darüber entscheiden, ob es überhaupt noch sinnvoll ist.“ In die Analyse, wie viele Ehrenamtliche gleichzeitig in einer Schicht telefonieren, fließen unter anderem Jahres- und Tageszeiten ein. Die Freiwilligen tragen sich anschließend selbstständig in den Online-Dienstplan ein. In ihrer Schicht loggen sie sich von zu Hause aus über eine Callcenter-Software ein und können so Anrufe annehmen. Computer, stabile Internetverbindung und Headset – mehr braucht es dafür nicht an technischem Equipment. Das eigene Smartphone wird nur genutzt, falls parallel zum Telefonat die Polizei oder der Notruf verständigt werden muss.

Interessierte können sich über die Website bewerben und sollten für das Ehrenamt circa zwölf Stunden im Monat (davon acht Stunden Telefondienst) einkalkulieren. 

Bei Anruf (virtuelle) Begleitung

Die Ehrenamtlichen von Heimwegtelefon e. V. gehen virtuell auf der Karte mit den Anrufenden mit (©hvv / Christoph Siegert)

Bei einem Anruf fragen die Telefonistinnen und Telefonisten von Heimwegtelefon zuerst nach dem Vornamen, Alter und Geschlecht. Die Anrufenden – rund 86 Prozent sind weiblich – müssen keine Antwort darauf geben, diese Basisinformationen helfen im Notfall jedoch, um Polizei oder Rettungsdienst besser instruieren zu können. Als Nächstes folgen Fragen nach dem Standort und Ziel. Start- und Endpunkt geben die Ehrenamtlichen auf einer digitalen Karte ein und laufen so virtuell mit. Während des Weges versuchen sie immer wieder, die Aufmerksamkeit der Anrufenden auf ihr Umfeld zu lenken. „Bist du schon beim Kreisverkehr angekommen?“ „Siehst du die Apotheke?“ Solche und ähnliche Fragen können dabei helfen. Denn Ziel ist es nicht, die verunsicherte Person durch das Telefonat einfach abzulenken. Stattdessen soll die eigene Einschätzungs- und Handlungsfähigkeit vor Ort wiederhergestellt und gestärkt werden. „Menschen sollen selbstbestimmt und frei unterwegs sein und nicht permanent auf externe Hilfe angewiesen sein müssen“, resümiert Daniel.  

Zu einem sicherheitsbewussten Verhalten gehört auch, möglicherweise in Sekundenschnelle entscheiden zu müssen, ob man die 110 oder die Nummer des Heimwegtelefons anruft. Doch wie lässt sich hier am besten differenzieren? „Wenn ich einen konkreten Gefahrenverdacht habe, lieber einmal mehr den Notruf wählen als zu wenig“, erklärt Daniel. Notfälle seien beim Heimwegtelefon ohnehin sehr selten, in der Regel gehe es bei der Gesprächsführung um die Vermittlung eines guten Gefühls von Sicherheit. Der Telefonist betont auch, dass sich der Erfolg der Maßnahme nicht allein an der Anzahl der Anrufe messen lasse. „Die Bereitstellung und das Wissen, dass es das Angebot gibt, hilft Menschen und hat einen Impact.“

Heimwegtelefon ist Teil einer hvv-Sicherheitsoffensive

Der hvv informiert derzeit mit einer Initiative zu den verschiedenen Sicherheitsmaßnahmen im ÖPNV (©HOCHBAHN)

Bereits im Herbst 2024 startete der Hamburger Verkehrsverbund die umfassende Initiative „Sicher unterwegs im hvv“. „Ziel der Themenplattform ist es, Fahrgäste über bestehende Sicherheitsmaßnahmen im öffentlichen Personennahverkehr zu informieren, Transparenz mit Blick auf das richtige Verhalten in herausfordernden Situationen zu schaffen und so das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste weiter zu stärken“, erklärt hvv-Pressesprecherin Silke Seibel. Gleichzeitig wurden neue Sicherheitsmaßnahmen in den Blick genommen – wie die Kooperation mit Heimwegtelefon e. V.. Dafür unterstützt der hvv die ehrenamtliche Arbeit des Vereins mit einer Lizenzgebühr. Denn „durch die umfassende Veröffentlichung der Arbeit des Heimwegtelefons e. V. und der Telefonnummer auf vielen Ebenen muss der Verein mit einem höheren Aufkommen an Anfragen rechnen“, so Seibel. 

Daneben gibt es auf der hvv-Website unter anderem Verhaltenstipps für potenzielle Gefahrensituationen, die in Zusammenarbeit mit der Polizei Hamburg entstanden sind. Ferner weist der Verbund ausdrücklich auf die On-Demand-Verkehre wie hvv hop, elbMOBIL und MOIA hin, die Fahrgäste auf den letzten Metern von der Haltestelle nach Hause oder umgekehrt befördern. Neben bekannteren Maßnahmen wie Sicherheitspersonal, Videoüberwachung, Rufsäulen und Sprechstellen sowie Nothalt-Griffen an U-Bahnstationen liefert die Plattform auch Informationen zu weniger geläufigen Angeboten. Dazu gehören etwa die Haltestellenbegehungen der Veranstaltungsreihe „open hvv unterwegs“. Dabei können die Teilnehmenden Sicherheitsfunktionen ausprobieren und Expertinnen und Experten dazu befragen. Auch hier ist das erklärte Ziel: das Sicherheitsgefühl im ÖPNV zu verbessern. 

Abonniere unser
"Heute in Hamburg"
Update per E-Mail oder WhatsApp!

Die spannendsten Events in der Stadt und das Neueste aus der Hamburger Gastro- und Kulturszene. Wir halten dich auf dem Laufenden. 😃

👉 Stattdessen via Messenger abonnieren

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Abonniere unseren Newsletter!

Erhalte jeden Tag die besten Empfehlungen für deine Freizeit in Hamburg.

Unsere Datenschutzbestimmungen findest du hier.

#wasistlosinhamburg
für mehr Stories aus Hamburg folge uns auf