Hamburger Helden: Die Taubenretter

Sie helfen, kämpfen und fördern. Hamburg hat viele verborgene Heldinnen und Helden. Noch bis Ende Februar 2023 präsentieren wir immer montags und freitags Menschen, die mit ihrem Einsatz und Engagement Hamburg besser machen. Heute: Die Taubenretter
Besitzt ein großes Herz für Tauben: Dirk Schattner (©Johanna Zobel)
Besitzt ein großes Herz für Tauben: Dirk Schattner (©Johanna Zobel)

„Hallo, ich müsste mal in den Taubenschlag“, sagt Dirk Schattner, hält einen DIN-A4-Zettel hoch und zeigt ihn einer Angestellten der Deutschen Bahn. Sie nickt, steht auf, verlässt ihren Schalter inmitten des Hamburger Hauptbahnhofes und öffnet eine Tür neben sich. Es geht einen langen Flur entlang und mehrere Etagen hinauf, dann ist Dirk in einem der drei Taubenschläge des Vereins „Hamburger Stadttauben“ angekommen. „Der Aufbau des Taubenschlags wurde von der Deutschen Bahn unterstützt“, erzählt Dirk und ist dankbar, „dass wir außerdem einen monatlichen Geldbetrag für den Unterhalt bekommen.“ Hier leben rund 400 Tauben, einige davon sind verletzt oder erkrankt und werden in Käfigen aufgepeppelt. Pro Monat transportieren Helferinnen und Helfer 800 Kilo Futter in den Taubenschlag – das Futter wird teilweise von Spendengeldern und Mitgliedsbeiträgen finanziert.

„Die Lebensbedingungen sind scheiße“

Der Verein, der 2013 gegründet wurde, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Lebensbedingungen der Tauben zu verbessern. „Tauben können 20 Jahre alt werden, auf der Straße werden sie durchschnittlich zwei Jahre alt. Die Lebensbedingungen sind so scheiße, dass ihnen 18 Jahre geklaut werden“, erzählt Dirk, der seit November im Vorstand des Vereins tätig ist. Durch Taubenvergrämungsmaßnahmen würden sich die Tiere verletzen. „Meistens sind sie irgendwo gegen geflogen und haben dadurch ein Trauma. Sie verfangen sich auch in Netzen zur Taubenabwehr, dann wickelt sich das Netz um die Füße, diese schwellen an und verkrüppeln oder fallen ab. An den Spikes – kleine, horizontal aufgestellte Metallstäbe zum Schutz von Gemäuer – können sie sich sogar erdolchen. „Das ist unglaublich brutal“, sagt Dirk. Oft erreichen den Verein Anrufe von Passanten, die eine verletzte Taube finden, nicht selten rückt dann einer der rund 30 aktiven, ehrenamtlichen Mitglieder zur Rettung aus – anschließend folgt häufig der Besuch beim vogelkundigen Tierarzt.

Regulation ist die Lösung

Dirk, dessen Tauben-Liebe schon an seinem schwarzen Shirt mit weißem Tauben-Aufdruck zu erkennen ist, verbringt mehrere Stunden am Tag mit der Verwaltungs- und Pressearbeit des Vereins und führt Gespräche mit der Politik. Hauptberuflich ist der 46-Jährige am Theater tätig und unterrichtet an einer Schule. Durch einen Zeitungsartikel ist er vor einiger Zeit auf die Lage der Tauben aufmerksam geworden. Darin wurde über eine Frau berichtet, die durch das Füttern von Tauben in einen Rechtsstreit verwickelt war. „Das Füttern ist in Hamburg verboten und kann bis zu 5.000 Euro kosten. Du zahlst mehr, wenn du die Taube fütterst, als wenn du sie zu Tode trittst“, erzählt Dirk bedrückt.

Die Tauben nicht zu füttern, sei jedoch nicht die Lösung des Problems, vielmehr müsste die Population der Tauben weiter beobachtet und reguliert werden. Dafür bräuchte es mehr Taubenschläge – am Hauptbahnhof mindestens zwei weitere. Dort werden die Eier der Tauben gegen Attrappen ausgetauscht. Dirk kümmert sich mit viel Fürsorge um seine Schützlinge und umsorgt sogar bei sich zu Hause in Rothenburgsort zwei verletzte Tauben. „Der eine heißt Kilian, der ist noch ganz jung und jetzt im Stimmbruch. Statt ‚gurr, gurr‘ klingt es dann eher wie ‚möp, möp‘“, berichtet Dirk mit einem Schmunzeln.

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 02/2023 erschienen.

Im Taubenschlag am Hamburger Hauptbahnhof werden kranke und verletzte Tauben versorgt (©Johanna Zobel)
Im Taubenschlag am Hamburger Hauptbahnhof werden kranke und verletzte Tauben versorgt (©Johanna Zobel)

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