Filmkritik: „Here“

Chronik eines Jahrhunderts als Meditation über den Tod: Das Filmdrama „Here“ von Robert Zemeckis ist ein Kaleidoskop der wechselnden Gefühle zwischen Hoffnung und Scheitern 
Überwinden in „Here“ die Grenzen von Zeit und Raum: Tom Hanks und Robin Wright (©DCM)

Drei Jahrzehnte nach „Forrest Gump“ überrascht US-Regisseur Robert Zemeckis mit einer cineastischen Exkursion besonderer Art, sein neuer Film „Here“ bricht mit der Einheit von Zeit, Raum und Handlung. Zur Schnittstelle der Schicksale im Verlauf von hundert Jahren entwickelt sich das geräumige Wohnzimmer einer typisch amerikanischen Vorstadtvilla. Die Bewohner wechseln, werden älter, sind ständig in Bewegung, die Kamera dagegen rührt sich nicht. Die Zeitreise über Generationen hinweg funktioniert dank digitalem De-Aging, und so spielt der 68-jährige Tom Hanks anfangs einen 17-jährigen Babyboomer namens Richard, der von einer Karriere als Künstler träumt. Er taugt nicht zum Rebell der Sechziger, was am Ende seine Ehe mit Margret (Robin Wright) zerstört.

Das Wohnzimmer bleibt emotionales Zentrum des Films, ob in den Roaring Twenties oder der Gegenwart, ein Kaleidoskop ständig wechselnder Gefühle, Hoffnungen, Scheitern, die erste große Liebe, Kriegstraumata. Die Verbundenheit zu Raum und Zeit ist fast körperlich spürbar, das prosaisch Alltägliche aus dieser Perspektive berührend in seiner Unzulänglichkeit. Manches erinnert an Thornton Wilders Theaterstück „Unsere kleine Stadt“ aus dem Jahr 1938.

„Here“ zeigt kurze, aber intensive Begegnungen

In Deutschland startet „Here“ am 12. Dezember 2024 in den Kinos

„Here“ basiert auf der gleichnamigen Graphic Novel von Richard McGuire. Und Robert Zemeckis und seinem Co-Autor Eric Roth („Forrest Gump“) gelingt es, jene ästhetische Virtuosität der Graphic Novel auf die Leinwand zu übertragen. Trotz ihrer Kürze sind die zwischenmenschlichen Begegnungen intensiv, überzeugen als erzählerische Miniaturen gerade durch die scheinbar realistische Zufälligkeit. Verblüffend die Übergänge zwischen den Zeitebenen, wenn sich Veränderungen ankündigen: Da wird ein Fernseher aus den Sechzigern zum Fenster in die Vergangenheit, verwandelt sich zum Rundfunkempfänger der Dreißigerjahre, dann erst folgt der gesamte Raum in die nächste Epoche. „Here“ funktioniert wie unsere Erinnerung ohne Chronologie, eher willkürlich, ein Auslöser genügt. Zemeckis wie vor ihm McGuire durchstreift auf der Jagd nach dem Absurden die Jahrzehnte, manchmal auch Jahrhunderte oder gar Jahrtausende, erzählt von historischen Umwälzungen und zeigt die Wälder vor der Kolonialisierung.

Here“, Regie: Robert Zemeckis. Mit Tom Hanks, Robin Wright, Paul Bettany, Kelly Reilly. 104 Min. Ab dem 12. Dezember 2024 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Diese Filmkritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 12/2024 erschienen. 

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