American Women’s Club Hamburg: „Mein persönliches Anliegen waren immer Geflüchtete“

Holly Todd ist Hamburgerin des Monats. Sie unterstützt als Mitglied des American Women’s Club Hamburg Hanseatic Help und andere Initiativen in Hamburg. Ein Gespräch über viele Möglichkeiten, zu helfen
„Unser Motto ist ,Connect, Inspire and Empower‘: Holly Todd
„Unser Motto ist ,Connect, Inspire and Empower‘: Holly Todd (©Markus Gölzer)

SZENE HAMBURG: Holly, du bist im American Women’s Club of Hamburg. Was macht ihr da?

Holly Todd: Der AWCH ist ein gemeinnütziges Netzwerk für Expats in Hamburg. Unser Motto ist „Connect, Inspire and Empower“. Wir bieten unseren Mitgliedern gemeinsame Veranstaltungen wie das Begehen von amerikanischen Feiertagen oder kulturelle Aktivitäten wie unseren Opernclub. Unsere „Hamburger Helpers“ helfen Neuankömmlingen beim Einleben in Hamburg. Wir unterstützen lokale Initiativen wie Hanseatic Help, die Hamburger Tafel oder das Straßenmagazin „Hinz & Kunzt“ und machen bei Lauf gegen Gewalt mit. Der AWCH ist Mitglied der FAWCO (Federation of American Women’s Clubs Overseas), einem globalen Netzwerk von Frauenclubs in 28 Ländern, das sich für Bildung, Menschenrechte und Umweltbewusstsein besonders betreffend Frauen und Mädchen einsetzt. Und wir sind Teil des Landesfrauenrats Hamburg e. V.

Muss man für den American Women’s Club of Hamburg Amerikanerin sein?

Nein, die Mitgliedschaft steht für Frauen aller Nationalitäten offen, die Interesse an kulturellem Austausch und sozialem Engagement haben. Der Club wurde 1956 als monatliches Kaffeetreffen gegründet. Heute sind wir ein vielfältiger Verein mit circa 200 Frauen aus über 25 Ländern.

Der American Women’s Club of Hamburg und seine Aufgaben

Was machst du beim AWCH?

Ich bin vor acht Jahren von Hannover nach Hamburg gezogen. Zuerst habe ich drei Jahre lang die Mitgliedsdatenbanken betreut, jetzt koordiniere ich mit zwei anderen das Kunstprogramm. Ab und zu mache ich selbst eine Führung, wenn ich Lust habe. Ich bin Kunsthistorikerin. Zuletzt waren wir im Westwerk im Admiralitätsviertel. Demnächst veranstaltet eine Kollegin eine Führung im Jenischpark. Meine nächste Führung ist bei der Ausstellung „Rendezvous der Sinne. Surrealismus und deutsche Romantik“ in der Hamburger Kunsthalle. Und im Juli sind wir beim Millerntor Gallery Kunstfest im St. Pauli-Stadion. Das ist eine meiner Hauptaufgaben bei AWCH. Das andere ist die Koordination der Zusammenarbeit mit Hanseatic Help.

Wie arbeitet ihr mit Hanseatic Help zusammen? 

Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man bei Hanseatic Help helfen kann. Wir haben Friday Volunteering. Ich bin jede Woche Freitag hier und helfe beim Sortieren und Verpacken von Kleiderspenden. Die Sachen werden dann an andere Hilfsorganisationen verteilt. Das sind um die 300 in Hamburg und Umgebung.  AWCH veranstaltet Geldspende- und Sammelaktionen, zum Beispiel für BHs und Slips. Selbstverständlich neue und saubere. Ob unter Geflüchteten, Obdachlosen, Bewohnerinnen von Frauenhäusern, Rentnerinnen – es gibt viele Frauen, die keinen Zugang zu ausreichend Unterwäsche haben. Unsere Mitglieder helfen auch  begeistert mit bei hier veranstalteten öffentlichen Kleidertauschpartys. Wir beantragen Fördergelder von FAWCO, um Frauen- und Kinderprojekte von Hanseatic Help zu unterstützen. Zum Beispiel für ein neues Learning-Center, das unter anderem das Ziel hatte, geflüchtete Frauen beim Erwerben der Sprach- und Computerkenntnisse zu unterstützen. Dieses Projekt ist leider an Corona gescheitert. Das Geld wurde für Schulbedarf für geflüchtete Kinder neu zugeteilt. Mein persönliches Anliegen waren immer Geflüchtete. Ich habe schon in Hannover in einer Willkommensgruppe für Geflüchtete gearbeitet.

Aktuelle Projekte von Holly Todd und dem American Women’s Club of Hamburg

Betreibt ihr noch weitere Schulungsprojekte?

Obwohl wir hier nur gute Kleidung annehmen, die wir weitergeben können, sind immer Sachen dabei, die wir aussortieren müssen. Löcher, abgenutzt, Reißverschluss geht nicht, irgendwas ist komisch dran. Hanseatic Help fördert  Nachhaltigkeit und diese unbrauchbaren Textilien werden größtenteils zur Weiterverarbeitung weitergeben. Sie werden zum Beispiel von Näherinnen in Behindertenwerkstätten repariert oder durch Downcycling zu Malervlies oder Isolierung verarbeitet. Leider landet trotzdem viel auf dem Müll. AWCH unterstützt von Hanseatic Help gestartete Workshops, um das Problem der „Fast Fashion“ zu bekämpfen. Es werden Schülerinnen und Schüler eingeladen, in unseren Räumlichkeiten die Riesenmenge Altkleider zu sehen – und zu begreifen, welche Müllberge „Fast Fashion“ produziert. Und welche Umweltverschmutzung, Wasserverschmutzung, Kinderarbeit in armen Ländern und so weiter dahintersteckt. Die Kinder kommen in die Halle, lernen und helfen manchmal mit.

Was ist euer aktuelles Projekt?

Blaue Ikea-Bags mit Windeln, Salbe, Stillpads, alles, was eine junge Familie braucht. Und wie wir in Amerika sagen: Babyquilts – Patchwork-Babydecken, die meine Mitstreiterinnen nähen. Patchwork ist so was Amerikanisches. Und jetzt treffen wir uns mehrmals im Monat und nähen Patchwork wie die amerikanischen Pioniere (lacht). Die Stoffe sind aus einem von Hanseatic Help eingerichteten Material-Pool aus Stoffen eben der Sachen, die wir aussortieren mussten. Die „Hello Baby Bags“ werden dann an Organisationen verteilt, die jungen Familien helfen. Zum Beispiel Sozialberatungsstellen, Frauenkliniken, Frauenhäuser und ähnliches. Also Schwerpunkt Frauen. Aber natürlich können Väter das auch gebrauchen für ihre Neugeborenen.

Ich liebe das, dass Menschen mit verschiedensten Geschichten hier zusammenkommen

Holly Todd

Hanseatic Help schätzt deine Unterstützung so sehr, dass sie dich als Hamburgerin des Monats empfohlen hat. Warum würdest du empfehlen, Hanseatic Help zu unterstützen?

Es ist eine tolle Atmosphäre hier. Es gibt keine Hierarchie. Du kannst sagen, ich helfe und kommst einfach nur eine Stunde her ohne große Ankündigung. Ich liebe das, dass Menschen mit verschiedensten Geschichten hier zusammenkommen. Wir haben einen Koch aus dem Irak, der seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Der kocht manchmal für uns, und das ist richtig lecker. Es gibt wenige Orte wie hier. Gerade heute, wo die Menschen nur noch zu Hause vor dem Rechner sitzen oder vor dem Handy. Mir macht es Spaß, zum Beispiel mit Geflüchteten zu sprechen. Ich komme selbst aus einem anderen fernen Land und weiß wie wichtig es ist, dass man sie einfach als Person erkennt. Es gibt so viele Möglichkeiten, wie man bei Hanseatic Help helfen kann. Es ist total schön hier. Alle freuen sich, wenn du kommst.

Was würdest du an Hamburg vermissen, wenn du wegziehen würdest?

Hier ist alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar. Oder ich kann mit meinem Deutschlandticket mit dem Bus fahren, wenn es gießt wie heute. Das würde ich vermissen, besonders jetzt, wo ich älter werde. Insgesamt würde ich die Hamburger vermissen. Die sind irgendwie locker. Hier herrscht Verständnis, man kommt miteinander zurecht. Das habe ich schon von anderen Amerikanern über Hamburg gehört. Und das ist wahr. Wenn es zum Beispiel Platz gibt und ich mal mit dem Fahrrad auf dem Bürgersteig fahre, gehen die Leute einfach zur Seite.

Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 07/25 erschienen. 

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