Auf Kampnagel zeigen Künstler:innen rund zwei Wochen lang in der Krise entstandene Perspektiven für die Zukunft. Dafür verwandelt sich das ehemalige Industriegelände des international renommierten Kulturzentrums in Winterhude in die gewohnte all-sommerliche avantgardistische Festival-Location
Text: Kevin Goonewardena
Bereits seit Mitte der 1980er Jahre ist das internationale Kulturzentrum auf dem Gelände der ehemaligen und namensgebenden Maschinenfabrik „Nagel & Kaemp, Zivilingenieure“ Austragungsort verschiedener Festivals aus den Bereichen Tanz, Theater, Performance, Musik, Bildende Kunst und Film.
Vom verregneten Auftakt des diesjährigen „Internationalen Sommerfestival“ im 15. Jahr des Bestehens der Reihe am Dienstagabend, 4. August, ließen sich weder Besucher:innen, noch Künstler:innen die Vorfreude auf die kommenden zwei Wochen verderben – und das trotz der bereits zweiten Pandemie-gerechten Ausgabe hintereinander.
Sich und seinen organisch, melodischen und mediativen Stilmix aus Jazz, Klassik, Pop und Balkan-Elementen stellte unter anderem der mazedonische Gitarrist und Komponist Filipp Dinev mit seiner Band dem Publikum vor. Dinev, der in Hamburg Jazz studiert, gab genau wie das nachfolgende Duo Clara Lucas und Hauke Renken im Rahmen der von seiner Hochschule (HfMT – Hochschule für Musik und Theater) kuratierten Bühne eine Kostprobe seines Könnens. Bei Clara Lucas und Hauke Renken umfasste selbiges die ganze Bandbreite von Jazz-Stücken bis hin zu Songs des Pop-Superstars und Stilikone Billie Eilish.
Wald- und Kanalbühne vom NDR und der ZEIT-Stiftung
Den Höhepunkt des ersten Abends stellte die Zusammenarbeit des jiddischen Künstlers Josh „Socalled“ Dolgin und die durch den kanadischen Klavier-Virtuosen mit kölschem Wohnsitz Chilly Gonzales bekannt gewordenen Streicher Kaiser Quartett dar, die unter dem Namen „One Night in Odessa“ sowohl gemeinsame Stücke, jiddische Lieder ihres jeweiligen Repertoires und Erstaufführungen in der Pandemie entstandener Songs und Arrangements, vortrugen.
Noch bis zum 15. August sind auf verschiedenen von dem NDR und der ZEIT-Stiftung präsentierten Bühnen und im eigentlichen Herzstück des „Internationalen Sommerfestival“ – dem Avant-Garten – lokale, nationale und internationale Künstlerinnen, junge Talente, etablierte Größen und deren Werke zu sehen, hören und zu bestaunen. Zum Beispiel der afghanische und in Neuwiedenthal im Hamburger Süden aufgewachsene afghanische Produzent Farhad Samadzada, der unter seinem Alias Farhot nicht nur für Die Fantastischen Vier und Haftbefehl produzierte. Sein letztjähriges Produzentenalbum „Kabul Fire Vol. II“ wurde nicht nur vom deutschen Feuilleton begeistert aufgenommen, auch schaffte er es unter anderem in die renommierte britische Zeitung „The Guardian“ – die seine in Rillen gepresstes musikalisches Erbe Kabuls gar zum „Global Album of The Month“ ernannte. Farhot ist am 12. August in einem Talk-Format auf der Waldbühne zu hören.
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Auch die Hamburger Popmusikerin Sophia Kennedy, die kürzlich ihr Zweitwerk „Monsters“ herausgebracht hat, Fritzi Ernst (ehemals Teil des Duos Schnipo Schranke), Ashraf Sharif Khan & Pudel-Mitbetreiber Victor Marek und viele weitere musikalische Gäste sind in den kommenden Tagen auf Kampnagel zu erleben. Neben dem Musikprogramm erwarten die Besucher:innen Performance, Filmvorführungen, DJ-Sets, die schon angesprochenen Talks oder auch Live-Podcasts.
Bunte Abkühlung
Für eine Abkühlung bei den ab Mittwoch, 11. August wieder höheren Temperaturen, sorgt Eis: Im Rahmen des Kultursommers fährt ein Eiswagen mit buntem „Play out loud“-Logo-Eis am Stil zu verschiedenen Venues und macht natürlich auch halt auf Kampnagel: Am 12. August gibt es dort dann ab 20:30 Uhr bunte Vielfalt auch für auf die Zunge!
Kampnagel Sommerfestival: 4. – 22. August 2021