Ich bin nach der Schauspielschule hierhergekommen, das war Anfang der Nullerjahre. Sofort habe ich mich in den Laden und das, was hier auf den Bühnen stattgefunden hat, verliebt. Für mich war schnell klar: Hier würde ich länger bleiben. Mit Jahrzehnten habe ich nicht gerechnet, auch, weil ich darauf gehofft hatte, irgendwie noch als Schauspieler Fuß zu fassen. Aber die Bindungskraft war von Anfang an gegeben. Die Kleinkunst, die Comedy, die hier passierte, das war eine Welt, die ich bis dahin gar nicht kannte, die aber sehr reizvoll für mich war. Auch, dass man hier nie in einen Arbeitsalltag verfiel. Es lag und liegt in der Natur und des Humors des Hauses, dass man jeden Abend wieder neu auf das Publikum reagiert. Ungemein spannend. Meine Kolleginnen, Kollegen und ich haben auch immer wieder versucht, uns neu zu erfinden, tun das bis heute. Selbst in Corona-Zeiten, als die Live-Kulturbranche brach lag, haben wir Streamings aus dem Schmidtchen heraus auf die Beine gestellt.
Henning Mehrtens arbeitet, wo das Vergnügen ist

Jahrelang habe ich die Karaoke-Show in der Hausbar moderiert. Das war meine persönliche Ochsentour. Die beste Schule für mich. Man hat sich den Wolf moderiert, und keiner hat zugehört. Das nicht persönlich zu nehmen, hat dazu geführt, dass wenn ich heute auf die Bühne gehe, ich sicherlich einen gewissen Respekt vor der Show habe, vielleicht auch etwas Lampenfieber. Man hat schließlich Verantwortung vor dem Publikum. Aber Angst, bevor ich auf die Bühne gehe, habe ich nicht. Es legt sich ein Schalter um, und dann: Vollgas. Was den Kiez angeht, also das Leben drum herum, finde ich, dass das anrüchige Image in den Hintergrund geraten ist. Der Kiez ist offener geworden, vielleicht auch touristischer, aber eben abwechslungsreicher und familienfreundlicher. Das hätte ich mir vor 20 Jahren nicht träumen lassen.
Es legt sich ein Schalter um, und dann: Vollgas
Henning Mehrtens
Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 07/25 erschienen.