SZENE HAMBURG: Frau Gausmann, das Kinderbuchhaus ist vor wenigen Monaten innerhalb des Altonaer Museums umgezogen. Wann und warum kam die Idee auf und wie ist der Umzug gelaufen?
Dagmar Gausmann: Da muss ich ein bisschen ausholen. Begonnen hatte alles vor über zwanzig Jahren mit der Idee, einen Ort zu schaffen, der lokalen Illustrationskünstlerinnen und -künstlern ein Forum bietet und ihnen jene Aufmerksamkeit schenkt, die sie verdienen. Hamburg ist durchaus eine Hochburg für Illustrationskunst. Ende 2005 bot sich dann die Gelegenheit, dieses Projekt im zweiten Obergeschoss des Altonaer Museums zu realisieren – mit wenig Geld, aber vielen Ideen und noch mehr Willenskraft, auf 55 Quadratmetern.
Unser Programm kam gut an und es wurde früh klar, dass wir mehr Platz brauchen: für Werkstattangebote, Bücher und das Team. Doch erst 2015, im Rahmen der zehnjährigen Jubiläumsfeier, wurden die Erweiterungspläne durch den damaligen Direktor Hans-Jörg Czech und Werner Frömming aus der Kulturbehörde angeschoben. Allerdings gab es nur zwei Jahre später Veränderungen in der Leitung des Altonaer Museums – und damit auch in der Umzugsplanung des Kinderbuchhauses.
Inwiefern?
Der neue Plan sah vor, dass wir vom zweiten Obergeschoss dorthin ziehen, wo wir jetzt sind: ins Erdgeschoss. Die Vergrößerung auf 220 Quadratmeter war aussichtsreich, doch auch mit einigen architektonischen Herausforderungen im Umbau und bürokratischen Hürden in den Antragstellungen verbunden – hinzu kamen noch die pandemiebedingten Schwierigkeiten, mit denen viele Kultureinrichtungen zu kämpfen hatten. Zwischenzeitlich gab es sogar einen Planungsstopp – doch letztlich haben wir es jetzt nach insgesamt neun Jahren endlich geschafft.
Neues Kinderbuchhaus: So verlief die Einweihung
Und wie gefällt Ihnen Ihr neues Zuhause?
Wir sind sehr zufrieden – und nach dieser komplizierten Entwicklung auch ein bisschen positiv überrascht, wie schön am Ende alles geworden ist. Großer Dank geht da an das Büro SKA Sybille Kramer Architekten BDA. Wir haben jetzt deutlich mehr Platz als früher und die Räume sind günstig geschnitten. So haben wir nicht nur einen Ausstellungsbereich, sondern auch eine Leselandschaft, eine kleine Theaterbühne, eine eigene Werkstatt, ausreichend Bürofläche und eine aktuell über 5000 Titel umfassende Bilderbuchbibliothek.
Anfang September haben Sie die neuen Räume eingeweiht und konnten auch die erste Schau eröffnen. Wie war es?
Es war ein schönes Fest über mehr als drei Tage. Schon die Pressekonferenz zum Auftakt mit Kultursenator Carsten Brosda, der noch mal deutlich gemacht hat, wie wichtig dieser Ort für die Kinder- und Jugendkultur in Hamburg ist, war gut besucht – ebenso wie die offizielle Einweihungsfeier mit Ausstellungseröffnung mit schätzungsweise um die 180 Besucher, darunter auch viele Künstlerinnen und Künstler aus der Szene, was mich sehr gefreut hat. Ein emotionales Highlight war dabei der Auftritt von Drittklässlern einer Stadtteilschule, die einen Büchertanz aufgeführt haben, den sie gemeinsam mit der Illustrationskünstlerin Franziska Biermann zu ihrem Klassiker „Herr Fuchs mag Bücher“ einstudiert hatten. Den Text des Buches hatten die Schülerinnen und Schüler – Fuchsmasken tragend – in einer Rap-Performance umgesetzt, inklusive ausgefeilter Choreografie. Im Anschluss hatten wir ein offenes Familienwochenende mit freiem Eintritt und einer bunten Mischung an Mitmachangeboten – in kreativer, freundlicher Atmosphäre.
Blick in die Zukunft des Kinderbuchhauses
Mit der ersten Ausstellung „Zuhause. Ansichten eines phantastischen Ortes“ nimmt das Kinderbuchhaus zum einen die eigene Umzugssituation auf. Zum anderen ist das „Zuhause“ auch ein subjektiver Begriff, der im Zeichen von Krieg und Krisen derzeit häufig im Zentrum gesellschaftspolitischer Diskussionen steht. Wie geht die Ausstellung mit dem Thema um?
Zunächst haben wir ganz bewusst nicht den Begriff „Heimat“ gewählt und fassen das „Zuhause“ als einen Ort auf, den man sich auch selbst erschafft oder teils leider selbst neu zu erschaffen hat. Ein „Zuhause“ kann unter Umständen ein Ort sein, von dem man weggehen muss oder möchte – etwa bedingt durch Konflikte, Armut oder Krankheit –, doch an den man potenziell auch wieder zurückkommen kann. Denn oft ist das „Zuhause“ wiederum auch eine starke Basis im Alltagsleben oder ein wichtiger Spielort in der Fantasie, um sich selbst neu zu entdecken. Diese und weitere Aspekte haben wir anhand ganz unterschiedlicher Werke von insgesamt 24 Künstlerinnen und Künstlern zusammengetragen, die das Kinderbuchhaus mit ihrer Arbeit schon lange begleiten.
Jetzt wurde also ein neues Kapitel in der Geschichte des Hauses aufgeschlagen. Wohin wird die Reise gehen?
Unser Ziel ist es natürlich, weiterhin unser Werkstattangebot auszubauen und die lokale Kunstszene zu stützen. Schön wäre aber auch, den Radius über die Stadtgrenzen hinaus zu vergrößern – es gibt so viel gute Illustrationskunst zu entdecken.
Nach dem Feiern ist vor dem Feiern – nächstes Jahr hat das Kinderbuch seinen zweiten runden Geburtstag. Was ist geplant?
Erst mal sind wir alle noch glücklich darüber, dass wir den Umzug erfolgreich hinter uns bringen konnten und die Eröffnung so viel positive Resonanz erzeugt hat. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir auch nächstes Jahr wieder eine Art kreatives Wochenende planen. Was darüber hinaus passiert, steht noch in den Sternen.
Kinderbuchhaus im Altonaer Museum
Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 12/2024 erschienen.