Kleiderei oder: Der unendliche Kleiderschrank

Vor einigen Jahren begann alles in Hamburg. Jetzt hat Leoni Lojenburg das Mode-Leihkonzept Kleiderei nach längerer Abstinenz als Franchise zurück in die Stadt gebracht
Leoni Lojenburg hat die Kleiderei zurück nach Hamburg geholt (©Lisa Knauer)

Vor zwölf Jahren hatten Thekla Wilkening und Pola Fendel eine zu diesem Zeitpunkt einzigartige Idee. Sie übertrugen das Bibliotheksprinzip auf Mode und eröffneten in Hamburg-Altona die Kleiderei. Gegen einen monatlichen Mitgliedsbeitrag konnte sich die Kundschaft eine bestimmte Anzahl an Kleidungsstücken ausleihen, zurückbringen, neue Teile aussuchen und so munter den Kleiderschrank durchwechseln. Unter den Fans der ersten Stunde: Leoni Lojenburg. „Ich habe das Konzept als Kundin geliebt“, sagt sie. Mit Anfang 20 konnte sie sich so modisch ausprobieren, ihren eigenen Stil finden.

Wir setzen voll auf den stationären Handel

Leoni Lojenburg

Heute ist die 33-Jährige selbst Inhaberin der Kleiderei Hamburg. Denn nachdem sich die beiden ursprünglichen Gründerinnen zuerst aus dem stationären Handel und dann aus dem Onlinegeschäft zurückgezogen haben, gaben sie die Leitung an Lena Schröder in Köln ab, die dort bereits 2016 eine Kleiderei eröffnet hatte. Sie entwickelte das Konzept weiter: Mittlerweile ist die Kleiderei ein Franchise-Konzept mit weiteren Geschäften in Berlin, Stuttgart und Freiburg.

Wertevolle Kleiderei-Community

Das Sortiment der Kleiderei setzt sich aus Spenden, Flohmarktkäufen und Fair-Fashion-Leihgaben zusammen (©Sirany Schümann)

Am 10. Mai 2024 hat Leoni, die vorher Unternehmen freiberuflich in Sachen Nachhaltigkeit beriet, ihren Laden in Eimsbüttel eröffnet und die Kleiderei so nach vielen Jahren zurück nach Hamburg gebracht. Die Idee entstand im Sommer 2023 bei der Hochzeit ihrer Freundin und Mitbegründerin Thekla Wilkening im Gespäch mit Lena Schröder. Danach ließ Leoni der Gedanke nicht mehr los. Sie startete Anfang des Jahres eine Crowdfunding-Kampagne, bei der rund 19.200 Euro zusammenkamen und machte sich auf die Suche nach einer geeigneten Ladenfläche Dabei konnte sich die studierte Modedesignerin auf die Unterstützung durch ihr Netzwerk verlassen, zu dem auch Thekla und Lena gehören. „Diese ganze Kleiderei-Community würde ich überhaupt nicht missen wollen. Man ist nicht alleine, das ist total wertvoll“, sagt Leoni. 

So funktioniert das Konzept der Kleiderei

Party-Outfit oder Smart Casual? Beides kann man in der Kleiderei leihen (©Lisa Knauer)

„Stil hast du, Kleider leihst du“, prangt außen in großer Schrift über den Schaufenstern des Ladens. Das Motto ist Teil des Franchise-Konzepts, genauso wie die optische Gestaltung der Ladenfläche. Eine weitere wichtige Regel: Der Einkauf von (Fast-Fashion-)Neuware gilt als Vertragsbruch. Das Sortiment der Kleiderei setzt sich fast ausschließlich aus Spenden zusammen. Wer etwas abgibt, erhält einen 20-Prozent-Gutschein für den Laden.

Einkäufe auf Flohmärkten, bei Labelauflösungen oder Fundusverkleinerungen ergänzen das Angebot. Die Vintage- und Secondhand-Mode wird durch eine Kooperation mit Fair-Fashion-Brands vervollständigt. Jeden Monat schickt ein anderes Label Samples, Retouren oder auch Stücke der neuen Kollektion an die Kleiderei-Stores. Diese Teile dürfen maximal vier Wochen ausgeliehen werden. Für alle anderen Kleidungs-, Schmuckstücke und Accessoires gibt es keine Obergrenze: Wer 29 Euro beziehungsweise 39 Euro Mitgliedsbeitrag pro Monat (drei Monate Mindestlaufzeit, danach monatlich kündbar) bezahlt, darf sich vier respektive sechs Teile aussuchen und sie so lange behalten wie gewünscht. Dabei müssen nicht alle Gegenstände gleichzeitig zurückgebracht werden, vorheriges Waschen oder Reinigen ist dagegen Pflicht.

Erklärtes Ziel: Maximale Nutzung

„Uns ist einfach wichtig, dass die Kleidung weiter im Kreislauf bleibt“, sagt Leoni Lojenburg (©Sirany Schümann)

Abgesehen von der Fair Fashion kann die Kundschaft die Mode sogar kaufen – etwa nachdem ein Kleidungsstück beim Ausleihen so gut gefallen hat, dass man es doch besitzen möchte. So wird auch voreiligen Fehlkäufen entgegengewirkt, die online schneller passieren. „Wir als Kleiderei setzen voll auf den stationären Handel“ sagt Leoni. Für die Mitglieder sei es eine Art Erfolgserlebnis, wenn sie sich ihre vier Kleidungsstücke im Laden ganz bewusst aussuchen. 

In den ersten drei Monaten wurde das Konzept gut angenommen, die Kleiderei Hamburg zählt aktuell fast 100 Mitglieder. „Viele Leute in Hamburg kennen das Konzept noch aus den Anfangstagen, wir haben den Status, dass wir Pioniersarbeit leisten“, erklärt Leoni. Ein männliches Mitglied ist allerdings noch nicht dabei. Schließlich seien 90 Prozent der Kundschaft weiblich, schätzt sie. „Männlich gelesene Menschen, also die Masse, konsumiert anders. Die tragen ihre Jeans, bis sie auseinanderfällt und dann wird das gleiche Modell noch mal neu gekauft.“ Das ist auch Leonis erklärtes Ziel: ein Kleidungsstück maximal zu nutzen, bis es am Ende ausgedient hat. Dabei macht sie keinen Unterschied zwischen Fast Fashion oder unter fairen Bedingungen produzierter Mode. „Das Teil gibt es jetzt, das ist jetzt da und uns ist einfach wichtig, dass die Kleidung weiter im Kreislauf bleibt.“ 

Kleiderei, Eppendorfer Weg 68

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