Literaturkritiken: Von Wolken, Glück und dem großen Krieg

Markus Berges erkennt man als Sänger der Band Erdmöbel, mit „Irre Wolken“ legt er nun sein drittes Buch vor. Jonathan Lee ist unterdessen bereits ein Literatur-Star und legt mit Joy erneut einen grandiosen Roman vor. Wer sich hingegen mehr für Geschichte interessiert, für den ist das Meisterwerk von Historiker Richard Overy das Richtige
„Irre Wolken“ von Markus Berges, „Joy“ von Jonathan Lee und „Weltenbrand“ von Richard Overy (©Rowohlt/Diogenes)

„Irre Wolken“ von Markus Berges: Verlieren und verloren werden

Markus Berges: Irre Wolken ist bei Rowohlt erschienen (©Rowohlt)

Markus Berges kennt man, wenn überhaupt, wohl vor allem als Sänger und Songschreiber der Band Erdmöbel. Die hat im Laufe ihrer 30-jährigen Band-Geschichte immerhin schon stolze 13 Alben veröffentlicht. Aber: Berges ist eben auch Buchautor und legt nach „Ein langer Brief an September Nowak“ aus dem Jahr 2010 und „Die Köchin von Bob Dylan“ von 2016 mit „Irre Wolken“ nun bereits sein drittes Buch vor. Darin geht es um einen 19-Jährigen, der seinen Zivildienst Mitte der Achtzigerjahre in der Psychiatrie ableistet, in die eines Tages Anne eingeliefert wird – eine Frau wie ein Orkan, die ihn aber sofort in ihren Bann zieht. Die beiden verlieben sich ineinander, doch ihre „Beziehung“, wenn man sie denn so nennen will, ist so fragil wie Annes Gemütszustand. Sie geraten in einen Sog aus sämtlichen Emotionen, die man nur fühlen kann, und verlieren sich komplett in ihnen – ohne eine Ahnung, wohin sie das alles führen wird. Ein verrückter, alles verschlingender, alles freisetzender Coming-of-Age-Roman zwischen unendlichem Glück und alles zerfressender Verzweiflung.

Markus Berges: Irre Wolken, Rowohlt, 256 Seiten, 24 Euro

„Joy“ von Jonathan Lee: Freud und Leid

Jonathan Lee: Joy ist bei Diogenes erschienen (©Diogenes)

Der britische, aber mittlerweile in New York City lebende Autor Jonathan Lee ist gerade erst 42 Jahre alt, wird vom „Guardian“ aber bereits als „bedeutende Stimme der englischen Literatur“ gehandelt – und das nicht zuletzt aufgrund seines aktuellen Romans „Joy“. Der ehemalige Anwalt schreibt darin über Joy Stephens, die kurz vor der Ernennung zur Partnerin in ihrer Londoner Anwaltskanzlei steht – es geht also um einen Bereich, in dem Jonathan Lee sich blendend auskennt. Joy ist gerade mal Mitte dreißig und der Inbegriff einer erfolgreichen, attraktiven Karrierefrau, die zudem eine modern-offene, aber verlässliche Ehe führt. Doch allem Erfolg zum Trotz bereitet Joy alles für ihre Kündigung bei Hanger, Slyde & Stein vor – bis sie bei ihrer Dankesrede vor aller Augen zehn Meter in die Tiefe stürzt. Nun fragt sie sich: Hat ihr Anwaltskollege und Ex-Lover Peter etwas mit diesem „Unfall“ zu tun? Nach „Der große Fehler“ erneut ein grandioser Roman von Jonathan Lee.

Jonathan Lee: Joy, Diogenes, 384 Seiten, 25 Euro

„Weltenbrand“ von Richard Overy, ein Kriegsgeschichtsbuch

Richard Overy: Weltenbrand: Der große imperiale Krieg, 1931 – 1945 ist bei Rowohlt erschienen (©Rowohlt)

Über „Weltenbrand: Der große imperiale Krieg, 1931 – 1945“ von Historiker Richard Overy schrieb die „New York Times“ erst kürzlich: „Ein Meisterwerk. Dieses Buch stellt sämtliche früheren Werke über den Zweiten Weltkrieg in den Schatten.“ Und was soll man sagen: Die Kollegen der Times haben recht. Denn ausführlicher und umfassender wie in diesem 1520 Seiten dicken Wälzer ist bisher kaum über den Zweiten Weltkrieg geschrieben worden – zumal der Krieg im Pazifik darin stärker als bisher üblich betrachtet wird, was eine etwas andere Sichtweise ermöglicht und ein durchaus divergentes Bild vom Zweiten Weltkrieg zeichnet. Overy, seines Zeichens einer der bedeutendsten Historiker dieser Epoche, beginnt in seinem Buch deshalb auch bereits im Jahr 1931, mit dem Einfall des Japanischen Kaiserreichs in die Mandschurei, was die Richtung für das exzessive Expansionsstreben Italiens und Nazideutschlands vorgab – und dann in der Folge in die weltumspannende Katastrophe führte. Ein Buch, das uns auch die Gegenwart mit neuen Augen sehen lässt.

Richard Overy: Weltenbrand: Der große imperiale Krieg, 1931 – 1945, Rowohlt, 1520 Seiten, 48 Euro

Neben diesen Kritiken gibt es noch mehr in der SZENE HAMBURG 01/2024.

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