Erinnerungen an ferne Berge von Orhan Pamuk
Der Schriftsteller Orhan Pamuk ist einer der international bekanntesten aus der Türkei, der im Jahr 2006 zudem als erster türkischer Schriftsteller mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Mit Erinnerungen an ferne Berge veröffentlicht er nun ein Tagebuch, in dem man als Leser erfährt, dass der Ausnahmeautor eigentlich Maler werden wollte, und viele seiner Zeichnungen sind auch im Buch enthalten. Pamuk setzt sich zudem einmal mehr mit der heiklen politischen Lage seines Landes auseinander, und das auf eine derart persönliche Art und Weise, die einen Pamuk noch einmal von einer ganz anderen Seite kennenlernen lässt.
Orhan Pamuk: Erinnerungen an ferne Berge, Carl Hanser Verlag, 400 Seiten, 46 Euro
Die gestundete Zeit von Ingeborg Bachmann
Die Österreicherin Ingeborg Bachmann ist eine Ikone und gilt als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen und Prosaschriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Wer tatsächlich noch nie etwas von ihr gelesen hat, kennt sie vielleicht durch den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis, der seit 1977 jährlich von der Stadt Klagenfurt verliehen. Und wer auch da passen muss, hat nun die Gelegenheit, Ingeborg Bachmann endlich literarisch kennenzulernen. Denn im Suhrkamp Verlag wird nun ihre Gedichtsammlung „Die gestundete Zeit“ (erstmals vor siebzig Jahren erschienen) neu aufgelegt. Darin setzt sie sich intensiv mit den enttäuschten Erwartungen an ein besseres Leben nach dem Zweiten Weltkrieg auseinander; mit einer Zeit, die von schnellem Verdrängen und Vergessen geprägt war. Es geht um Aufbruch und Abschied, um Schuld und Gedächtnis – und das in einer unglaublich kraftvollen und bildreichen Sprache, die auch siebzig Jahre später nichts von ihrer Stärke eingebüßt hat – und erschreckend aktuell anmuten. Diese Version der Salzburger Bachmann Edition ist die erste kommentierte Edition von „Die gestundete Zeit“ und wird durch neue Materialien aus Bachmanns Nachlass ergänzt und vertieft.
Ingeborg Bachmann: Die gestundete Zeit, Suhrkamp Verlag, 270 Seiten, 34 Euro
Frau Leben Freiheit von Marjane Satrapi
Die iranisch-französische Comiczeichnerin, Illustratorin und Filmemacherin Marjane Satrapi kennt man vor allem durch ihre herausragend gute Graphic Novel „Persepolis“, in der sie über ihre eigene Kindheit im Iran erzählt, die geprägt war von patriarchaler Unterdrückung und einem Leben voller Unfreiheit. Nun, wo die Unterdrückung von Frauen im Iran insbesondere durch den Mord von Polizisten an der Studentin Mahsa Amini, die wegen des „falschen Tragen ihres Kopftuches“ verhaftet wurde, wieder einmal die Welt schockiert, bringt Satrapi ihre neue Graphic Novel „Frau, Leben, Freiheit“ heraus. Darin lässt sie verschiedene Zeichner aus verschiedenen Ländern ihre Geschichten um das Thema herum erzählen lässt, die aufgrund des an der Macht stehenden Unterdrückerregimes im Iran nicht veröffentlicht werden dürfen. Bewegend und erschütternd, wichtig und unglaublich gut.
Marjane Satrapi: Frau Leben Freiheit, Rowohlt, 272 Seiten, 34 Euro
Neben diesen Kritiken gibt es noch mehr in der SZENE HAMBURG 01/2024.