Spätestens seit dem großen Erfolg des Buches und der Serie „Unorthodox“ ist das Scheinwerferlicht ein wenig auf die Parallelgesellschaft der jüdischen Gemeinde in New York City gerichtet; eine Gemeinde, die ein Leben führt, das für die meisten von uns so weit weg ist wie der Pluto. Ein vergleichbares Leben führt auch Raizl, die mit ihrer jüdischen Großfamilie in Brooklyn wohnt. Zu Hause lebt sie an und für sich ein durch und durch jüdisches Leben, außerhalb lebt sie das Leben einer New Yorkerin – mit Studienplatz, Nebenjob und Therapeutin. Eine Sache zu Hause ist jedoch ganz und gar nicht jüdisch: Denn Raizl liebt und konsumiert Pornos, entwickelt eine regelrechte Sucht danach. Logisch, dass diese Zerrissenheit zwischen den unbegrenzten Möglichen und Anforderungen der modernen Welt und dem traditionellen jüdischen Leben Raizl in die Verzweiflung treiben. Ein tolles, anrüchiges, grenzüberschreitendes und -erweiterndes Buch – und irre komisch!
Felicia Berliner: Shmutz, Atlantik, 368 Seiten, 24 Euro
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 09/2023 erschienen.