Die Sternbrücke: Bilder vom Bahnhof Soul
Fast ein Jahrhundert ist sie nun schon alt: die Sternbrücke. Ihren Namen verdankt die diagonal über die Straßenkreuzung Max-Brauer-Allee/Stresemannstraße führende Eisenbahnbrücke der sternförmigen Verkehrsführung, weil sich dort vier Bahngleise und zwei Hauptstraßen kreuzen. Doch nicht nur architektonisch und hinsichtlich der Infrastruktur ist die Sternbrücke wichtig. Das Kulturdenkmal war auch Zentrum eines wichtigen Standorts für die Kreativszene. Denn seit Ende der Neunziger haben sich dort eine ganze Reihe Clubs und Bars angesiedelt, darunter die Astra Stube, der Waagenbau, das Fundbureau, die Beat Boutique, die Bar 227 und das Künstlerhaus Faktor – um nur einige zu nennen. Doch im Zuge des Hamburger Clubsterbens sind einige von ihnen bereits verschwunden, sind der fehlgeleiteten Stadtplanung und dem mangelnden Interesse der Stadt an kulturellen Begegnungsorten zum Opfer gefallen. Der Hamburger Fotograf Stephan Pflug, der direkt an der Sternbrücke wohnt, hat seit 2018 alles fotografisch festgehalten. Kristina Sassenscheidt und Axel Bühler ordnen seine Fotografien textlich ein. „Die Sternbrücke“ schenkt diesem vom Verschwinden bedrohten Ort immerhin 96 Seiten Ewigkeit.
Stephan Pflug, Kristina Sassenscheidt, Axel Bühler: Die Sternbrücke, Junius Verlag, 96 Seiten, 25 Euro
Strudia – Kampfkunst für den Kopf: Seitenhiebe gegen Angst
Googelt man den Namen Wolfgang Müller, fällt auf: Es gibt wirklich eine Vielzahl von Wolfgang Müllers, die es auf ihre Weise zu etwas gebracht haben, darunter Maler, Architekten, Schauspieler, Fußballer – die Liste ist lang. Der Wolfgang Müller, der „Strudia – Kampfkunst für den Kopf“ verfasst hat, ist – ganz offensichtlich – Schriftsteller, eigentlich aber Musiker, der mit seinen Songs auch schon bei „Inas Nacht“ oder „TV Noir“ aufgetreten ist. Und wie so viele Kreative hat auch Wolfgang Müller jahrelang unter Angststörungen gelitten, bis er eine neue Technik dagegen ausprobiert hat: Strukturierte disziplinierte Abgrenzung, kurz: Strudia. Im Kern geht es dabei darum, der Angst durch Visualisierung erfolgreich entgegenzutreten. Und über dessen Einsatz schreibt Wolfgang Müller auf sehr feinfühlige, aber gleichzeitig auch humorvolle Art in seinem autobiografischen Ratgeber, der einen direkt mitnimmt in eine Welt ohne echte Hilfe und die ständig selben Floskeln. Aber ein Ausweg aus der „Hölle Hölle Hölle“ schlummert möglichweise innerhalb dieser 140 Seiten – wer weiß?! Auf jeden Fall ein interessantes Buch, das natürlich vor allem (aber nicht nur!) für Betroffene interessant sein dürfte; in der Hoffnung, das sie sich durch die „Kampfkunst für den Kopf“ gegen aufkommende Ängste selbst verteidigen können.
Wolfgang Müller: Strudia – Kampfkunst für den Kopf, Fressmann Books, 140 Seiten, 14 Euro
Verraten: Ende Gelände
Im Jahr 2008 erschien mit „Erbarmen“ der erste Teil der nunmehr zehnteiligen Thriller-Reihe des dänischen Erfolgsautors Jussi Adler-Olsen. Im Zentrum dieser Serie stehen Carl Mørck, Spezialermittler des Sonderdezernats Q bei der Kopenhagener Polizei, und sein syrischer Assistent Hafez el-Assad. In diesem letzten Teil der Serie müssen die beiden wieder Morde verhindern und geraten dabei in ein tiefes Netz aus Lügen und Geheimnissen. In allen vorherigen Büchern hat Adler-Olsen Spuren und Hinweise gelegt, die nun in diesem großen Finale münden und zusammenlaufen. Dass „Verraten“ direkt auf Platz eins der „Spiegel“-Bestseller-Liste gelandet ist, versteht sich daher wohl von selbst. Und Fans der Reihe dürfen beruhigt sein: Jussi Adler-Olsen enttäuscht auch mit dem letzten Teil der beliebten Reihe nicht. Man darf jetzt schon gespannt sein, mit was für einem literarischen Paukenschlag Adler-Olson nach Ende dieser Reihe zurückkehrt.
Jussi Adler-Olsen: Verraten, dtv, 608 Seiten, 26 Euro
Diese Kritiken sind zuerst in SZENE HAMBURG 06/2024 erschienen.