Nexus
Den israelischen Historiker und Bestsellerautor Yuval Noah Harari kennt man spätestens seit seinen gefeierten und ausgezeichneten Werken „SAPIENS – Eine kurze Geschichte der Menschheit“ und „Homo Deus – Eine Geschichte von Morgen“, in denen er die Komplexität der Menschheitsgeschichte für alle und jeden gut lesbar zusammengefasst hat. In seinem neuesten Werk „Nexus“ geht es nun um „Eine kurze Geschichte der Informationsnetzwerke von der Steinzeit bis zur künstlichen Intelligenz“ und der Frage, wie Informationsnetzwerke unsere Welt geschaffen haben und sie jetzt zu zerstören drohen.
Und obwohl Yuval Noah Harari wieder ein Sachbuch geschrieben hat, ist es ungemein spannend, wie er uns Leser mitnimmt: angefangen von der Steinzeit bis zum Wiederaufleben des Populismus in der heutigen Zeit. Dabei richtet er seinen scharfen Blick insbesondere auf die komplexe Beziehung zwischen Information und Wahrheit, Bürokratie und Mythologie, Weisheit und Macht – und geht dabei stets der Frage nach: Wenn wir Menschen wirklich so intelligent sind, wie wir immer behaupten, warum zerstören wir uns dann selbst?
Yuval Noah Harari: Nexus, Penguin Verlag, 656 Seiten, 28 Euro
Die Kichererbsen der Señora Dolores
Eine ältere Dame verirrt sich in einen fremden Garten und teilt ihr Geheimnis. So beginnt die dritte Kurzgeschichtensammlung von Stevan Paul. Der gelernte Koch, Journalist und Wahlhamburger veröffentlicht „Die Kichererbsen der Señora Dolores: Geschichten vom Kochen“, in der er wieder einmal zeigt, dass ihm nicht nur der Kochlöffel in der Hand gut steht. Seit 2009 schreibt Paul neben Kochbüchern und Reisereportagen auch literarische Texte, die natürlich immer einen kulinarischen Twist haben.
Auf jedes Kapitel der Kurzgeschichtensammlung folgt ein Rezept aus der jeweiligen Geschichte – ein willkommener Zusatz, da beim Lesen unweigerlich Appetit aufkommt. In seinen Geschichten erzählt Paul mit viel Wortwitz und Charme von lebensverändernden indischen Gewürzen, Fleischersatz aus dem 3-D-Drucker und dem Fluch und Segen einer absoluten Nase. Die Erzählungen führen den Leser von Bodegas in Andalusien über Ramen-Restaurants in Japan zu Kneipen in Kreuzberg. Im Kern geht es bei allen Geschichten um das Gleiche: die Leidenschaft für gutes Essen und die Liebe zu den Menschen, mit denen man es teilt.
Stevan Paul: Die Kichererbsen der Señora Dolores, mairisch Verlag, 208 Seiten, 24 Euro
Das Verschwinden der Welt
Lin Hierse kennt man vor allem als Redakteurin der „taz“, wo sie Liebeserklärungen an Latzhosen verfasst, sich aber auch zum Rechtsruck in Deutschland äußert. Wer es jedoch nicht mitbekommen hat: Lin Hierse schreibt auch Bücher. Nach „Wovon wir träumen“ aus dem letzten Jahr ist mit „Das Verschwinden der Welt“ gerade ihr neuer Roman erschienen. Darin schreibt sie über die Bewohner eines großen alten Hauses, das abgerissen werden soll – und zwar kurz nachdem Marta dort eingezogen ist. Während die anderen Bewohner längst resigniert haben, will Marta das Haus nicht kampflos aufgeben und stemmt sich mit allem, was sie hat, gegen das drohende Verschwinden dieses Hauses mit all seinen Erinnerungen. Gerade in Zeiten wie diesen, die in sämtlichen Belangen von Umbrüchen geprägt sind, ist es schön zu lesen, wie jemand für Beständigkeit kämpft; für ein sicheres Zuhause in einer unsicheren Welt. Ein Roman voller Schönheit, Hoffnung und Finesse.
Lin Hierse: Das Verschwinden der Welt, Piper, 256 Seiten, 22 Euro
Diese Kritiken sind zuerst in SZENE HAMBURG 11/2024 erschienen.