Im Sommer hatten wir gemeinsam mit der Hamburg Kreativ Gesellschaft (HKG) zum Crowdfunding Contest aufgerufen. Am Ende buhlten 14 kreative und innovative Projekte um die Gunst der Crowd. Mehr als 50.000 Euro kamen zusammen, 1.125 Unterstützer wurden mobilisiert. Gewonnen hatte das Modelabel Kluntje. Wir wollten jetzt wissen: Was hat sich seitdem getan?
So, wie der Ostfriese liebevoll und behutsam seinen Kluntje, den Würfelkandis, in den Tee gibt, geht’s auch beim gleichnamigen Hamburger Start-up-Fashionlabel weiter: Julia Radewald (25), Kati Gellert (26) und Lena Pudritz (28) konnten nach dem im August gewonnenen Nordstarter Crowdfunding Contest ihre ersten Kollektionsteile produzieren. Und jetzt?
Es wurde fleißig geackert! Das stoffdeck in Wilhelmsburg bietet den drei JAK-Absolventinnen ein kleines Atelier. Ein Freiraum, der neben jeder Menge Gemütlichkeit das alltägliche Durcheinander eines arbeitenden Modedesigners abbildet: Stoff, Stoff, Stoff, Scheren, Stecknadeln, Kleiderbügel, Nähmaschinen, verstreute Garnrollen, Skizzen und Entwürfe. Läuft bei euch, oder Kluntje?
„Wir arbeiten mittlerweile mit der Nähwerkstatt Tinka Bell in Berlin zusammen und lassen dort unsere Teile anfertigen. Gerade haben wir eine neue Kollektion entwickelt. Am 17. November launchen wir unseren Onlinestore und sind gleichzeitig eine Woche in der Pop-up-Location B-Lage zu finden“, sagt Julia. Es läuft definitiv.
Ein T-Shirt kannst du heute günstiger als einen Kaffee kaufen. Kleidung ist nichts mehr wert.
Der Crowdfunding Contest war ihr Sprungbrett ins weite Haifischbecken der Modeindustrie, von dem sich die Modedesignerinnen aber absetzen wollen. Ihnen geht es um einen bewussten und möglichst nachhaltigen Klamottenkonsum: „Ein T-Shirt kannst du heute günstiger als einen Kaffee kaufen. Kleidung ist nichts mehr wert. Natürlich werden wir nicht die breite Masse erreichen, aber einen kleinen Part, der sich vielleicht jetzt schon für Bioprodukte interessiert“, sagt Julia.Warum nicht nur beim Apfel, sondern auch beim T-Shirt auf Chemie und Gift verzichten, fragen sich die Kluntjes. Allerdings gibt es ein Problem. Nachhaltige Biostoffe haben eine sehr hohe Qualität. Und die kostet. „Aber es wollen nur wenige Menschen Geld dafür ausgeben, obwohl sich alle mit Bio schmücken und gesund leben wollen“, ergänzt Kati. Ein anderes Problem: Biostoffe sind nicht so sehr gefragt und darum häufig gar nicht zu kriegen.
Uns ist Transparenz wichtig
Kluntjes neue Kollektion besteht aus ebendiesen Biostoffen. Um den richtigen zu finden, mussten sich die Designerinnen erst einmal mit dem professionellen Stoffhandel auseinandersetzen. Ist der Stoff zertifiziert? Kann man dem Lieferanten vertrauen? Eine genaue Absprache ist wichtig, damit die eingekauften Materialien weiter zu der Berliner Näherei kommen. Doch warum Berlin? Für die Auswahl ihrer Produktionsstätte gibt es einen einfachen Grund: In Hamburg gibt es keine Lohnnäherei. In Berlin ist Tinka Bell die einzige Werkstatt, die ihre Aufträge nicht weiter ins Ausland abgibt. Made in Germany – ein schwieriges Thema. „Uns ist Transparenz wichtig“, erzählt Kluntje. „Wir können jederzeit da hinfahren und mit den Frauen quatschen. Die Kommunikation ist klarer und wir wissen genau, wo die Sachen herkommen.“
Mindestens genauso interessant: Wohin verkaufen sie ihre Teile? München, Innsbruck, Erlangen und Stuttgart. „Und Dörfer irgendwo im Nirgendwo. Das freut uns natürlich voll.“
Damit die Fangemeinde noch mehr wächst und das Label überall erreichbar sein kann, haben sich die Macherinnen hinter ihre Laptops geklemmt und einen Onlineshop entworfen. Am 17. November feiert dieser unter www.kluntje-fashion.com seinen Geburtstag – inklusive Launch-Party und knallenden Korken in der B-Lage. Die volle Ladung Bio und Nachhaltigkeit im Real Life gibt’s dort bereits ab 13. November. Dann öffnet für eine Woche ihr Pop-up-Store, in dem Kluntje in norddeutscher Manier sein unaufgeregtes, unbeschwertes Design mit Basic-Schnitten und Siebdruck-Schriftzügen präsentieren und verkaufen wird.
„Wir machen gerade eine Rundum-Überholung und putzen das Label für den Markt heraus. Webshop, neue Kollektion, neue Shootingbilder – eine professionellere Ebene halt. Das Crowdfunding hat uns eine andere Ausgangslage gegeben. Wir konnten Basics produzieren, können nun verkaufen und einen Onlinestore bedienen“, berichtet Julia. Dieses Selbstbewusstsein soll sich in Kluntjes Image weiter manifestieren. Löppt!
Text und Fotos: Christiane Mehlig
13.-18.11.2017 (Mo 12–19, Mi-Fr 12–19, Sa 11–18 Uhr), Pop Up Store, B-Lage
17.11.2017, 17 Uhr, Launchparty, B-Lage