Hamburg: Lohnt sich das Deutschlandticket?

49 Euro kostet es und seit dem 1. Mai 2023 ist es da: das Deutschlandticket. Gibt es einen Unterschied zum 9-Euro-Ticket? Für wen in Hamburg lohnt es sich? Und was könnte es verändern?
Lohnt sich das Deutschlandticket für Hamburg? (©mediaserver.hamburg.de/Andreas Vallbracht)
Lohnt sich das Deutschlandticket für Hamburg? (©mediaserver.hamburg.de/Andreas Vallbracht)

Für 49 Euro deutschlandweit unterwegs im Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV), das geht seit dem 1. Mai 2023 mit dem Deutschlandticket. Das Abo wird bundesweit angeboten und ist über die Bahn-App oder die App des Hamburger Verkehrsverbundes (hvv) erhältlich. Doch lohnt sich das Deutschlandticket? „In Hamburg lohnt es sich definitiv für einen Großteil der Bevölkerung“, sagt Christoph Aberle. Der Doktorand am Institut für Verkehrsplanung und Logistik an der TU Hamburg forscht zu Mobilität und Sozialer Gerechtigkeit sowie Strategiethemen des ÖPNV. Er hat Tarifdaten der Beratungsfirma civity für etwa 100 Verbünde verglichen und aufgearbeitet, für wen sich das Ticket lohnt. Für Hamburg gilt: Das Deutschlandticket kostet knapp die Hälfe von dem bisherigen Abo für die Ringe A und B.

„Für Einkommensarme in Hamburg ist das Deutschlandticket ein krasser Fortschritt“

Christoph Aberle von der TU Hamburg

49 Euro kostet das Deutschlandticket regulär. In Hamburg kann man durch Zuschüsse des Arbeitgebers – das neue Ticket löst die ProfiCard ab – über zehn Euro sparen und zahlt als Arbeitnehmer maximal 34,30 Euro. Studierende mit Semesterticket können dieses in Hamburg für einen Aufpreis von rund 18 Euro in ein Deutschlandticket umwandeln, Azubis zahlen 29 Euro pro Monat, Schülerinnen und Schüler 19 Euro und für Menschen mit geringem Einkommen wird ein Sozialticket für ebenfalls 19 Euro angeboten.

Für wen sich das Deutschlandticket lohnt

„Für Einkommensarme in Hamburg ist das Deutschlandticket ein krasser Fortschritt“, sagt Aberle. Hamburg ist eine von fünf Regionen und Städten in Deutschland die bisher ein sogenanntes Sozialticket planen oder wie im Fall der Hansestadt bereits eingeführt haben. Darüber hinaus lohnt sich das Ticket besonders für Menschen, die „aus der Peripherie Hamburgs wie dem Raum Buchholz oder aus Seevetal in die Stadt pendeln“, sagt Aberle. Für diese Menschen bedeute das Deutschlandticket eine Art „Pendel-Flatrate“, wo sie „bisher sehr viel Geld für den hvv ausgegeben haben“. Hinzu kommt laut Aberle „eine Wechselwirkung mit der Pendlerpauschale. Wer als Angestellter in Vollzeit arbeitet, braucht nur 40 Kilometer von der Arbeit entfernt zu leben und bekommt das Deutschlandticket über die Pendlerpauschale komplett erstattet.“

Für wen sich das Deutschlandticket nicht lohnt

Christoph Aberle von der TU Hamburg hat untersucht, für wen sich das Deutschlandticket lohnt (©Carolin Büttner) 
Christoph Aberle von der TU Hamburg hat untersucht, für wen sich das Deutschlandticket lohnt (©Carolin Büttner) 

Weniger lohnend ist das Ticket laut Aberle für Gelegenheitsnutzer des ÖPNV: „Nehmen wir als Beispiel eine Rentnerin, die zentral in Hamburg wohnt und mit dem hvv fünf bis sechs Fahrten im Monat unternimmt. Da lohnte sich schon bisher kein Abo und das wird sich auch mit dem Deutschlandticket nicht ändern.“ Deswegen ersetze das Ticket auch langfristig, so Aberle, nicht alle Einzel- oder Tagesfahrtkarten.

Was der Doktorand der TU Hamburg jedoch problematisch sieht, ist das Abo-Modell des Deutschlandtickets: „Der Wunsch nach dem Abo kommt von den Verkehrsverbünden, die Fahrgäste möglichst langfristig binden wollen. Das kann ich nachvollziehen – aber aus Fahrgastsicht ist es eigentlich nicht akzeptabel, dass ich am 10. eines Monats entscheiden soll, ob ich im Folgemonat noch ein Abo brauche“, meint Aberle.

Hinzu kommt, dass der Zahlungsdienstleister LogPay, der, wie der RBB berichtet, bei mehr als 250 Ticket-Shops des ÖPNV und auch beim hvv eingesetzt wird, mit der SCHUFA zusammenarbeitet. „Und wer das Pech hat, eine negative SCHUFA zu haben, profitiert möglicherweise nicht“, sagt Aberle. Auf Nachfrage erklärt der hvv gegenüber SZENE HAMBURG, dass beim Kauf „per Onlineshop (SEPA-Lastschrift) und in den Servicestellen keine SCHUFA-Abfrage durchgeführt“ wird. Der hvv habe sich zudem bei LogPay „dafür eingesetzt, die SCHUFA-Schwellen zum Start des Deutschlandtickets nochmals deutlich zu reduzieren; bisher wurde keine Person aufgrund von SCHUFA-Einträgen abgelehnt“. Für den Kauf des Deutschlandtickets ist jedoch ein wiederkehrend belastbares Zahlungsmedium wie ein Bankkonto oder eine Kreditkarte notwendig. Für Menschen ohne Konto bietet der hvv „neue, vergünstigte Wochenkarten (29 Euro) und Monatskarten (69 Euro) an“.

Der hvv hat bis zum 1. Mai nach eigenen Angeben schon rund 791.000 Abos verkauft und damit ein Allzeithoch erreicht. Laut dem Verkehrsverbund werden pro Stunde etwa 1000 Deutschlandtickets verkauft.

Das Deutschlandticket: Eine Idee mit Perspektive

Mit dem Deutschlandticker für 49 Euro durchs Land (©Deutsche Bahn AG/Dominic Dupont)
Mit dem Deutschlandticker für 49 Euro durchs Land (©Deutsche Bahn AG/Dominic Dupont)

Jetzt ist es also da, das Ticket, mit dem man für 49 Euro den gesamten ÖPNV nutzen kann. Doch wie lange bleibt es bei dem günstigen Preis? „Von Bund und Ländern gibt es eine Finanzierungszusage für zwei Jahre. Ich gehe davon aus, dass der Preis in diesem Zeitraum stabil bleibt“, sagt Aberle. Was danach passiert, ist heute nicht abzusehen.

Aberle sieht beim Deutschlandticket durchaus das Potenzial, mehr Menschen für den ÖPNV zu gewinnen. „Überfüllte Züge wie beim 9-Euro-Ticket erwarte ich jedoch nicht“, sagt Aberle. Was er jedoch sieht, ist ein Schritt in die richtige Richtung: „Hätten man vor zwei Jahren darüber diskutiert, ein bundesweites Angebot für den ÖPNV anzubieten, wäre man ausgelacht worden.“

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