Filmkritik: „Maria“

Der chilenische Regisseur Pablo Larraín zeichnet ein virtuoses Psychogramm der begnadeten Star-Sopranistin Maria Callas zwischen Bühne, Traum und Abgrund
Angelina Jolie als Maria Callas, die wohl größte Sopranistin aller Zeiten (©Studiocanal Pablo Larraín)
„Maria“ – ab dem 6. Februar 2025 im Kino (©Studiocanal / Pablo Larraín)

Paris, September 1977. „La Divina“, die Göttliche, nannten ihre Bewunderer sie, dann schlug die Publikumsgunst in Hass um: Maria Callas (toll: Angelina Jolie) ist 53 und deswegen seit vier Jahren nicht mehr öffentlich aufgetreten. Ihr Apartment in der Avenue Georges Mandel ähnelt pompösen Opernkulissen, ein goldener Käfig als sicherer Rückzugsort vor Realität und Außenwelt. Der Kontakt zu Menschen beschränkt sich auf zwei ältere Hausangestellte, die sich rührend um die reizbare Operndiva und ihre beiden Pudel kümmern. Maria Callas kennt keine Rücksicht, weder gegen sich noch andere, zerstörte früh die eigene Gesundheit. Nun zwingt sie gnadenlos den von Rückschmerzen geplagten Diener Ferruccio, ihren Konzertflügel ständig von einer Ecke des Salons zur anderen zu schieben.

Es sind die letzten Tage im Leben der legendären griechischen Sopranistin, sie schluckt unentwegt Tabletten, vorzugsweise Mandrax, und kreiert sich ihre eigene Welt zwischen Halluzination und Erinnerung. Jede Nacht erscheint der inzwischen verstorbene Ex-Lover Onassis an ihrem Bett. Draußen formieren sich die Passanten zu einem Opern-Chor. Vorsichtig fragt der Diener, ob die angekündigt TV-Crew tatsächlich real sei. Ungehalten erklärt ihm seine Chefin, sie entscheide, was real sei und was nicht. Und so steht sie dem jungen Dokumentarfilmer namens Mandrax (Kodi Smit-McPhee) auf gemeinsamen Spaziergängen Rede und Antwort: „Es gibt kein Leben abseits der Bühne.“ Taugt ihre Stimme für ein Comeback? Die einstige Star-Sopranistin vertraut nur noch dem Urteil ihrer Köchin.

„Maria“ – Psychogramm einer Frau am Abgrund

In „Spencer“ und „Jackie“ befreite der chilenische Regisseur Pablo Larraín seine Protagonistinnen vom Ballast ihres Mythos, dem Druck von Öffentlichkeit und Konvention. Sie durften sich verlieren, neu definieren. „Maria“ ist fatalistischer, düsterer. Der betörende Bilderbogen zwischen Realität und Traum mutiert zum Psychogramm einer Frau am Abgrund, verdammt zur Perfektion. Ihre kühle Distanziertheit schmerzt mehr als jeder Gefühlsausbruch. Jeder Bühnenauftritt, jedes Vibrato ist ein Blick in das Innerste der Künstlerin. Genial, wie Larraín verschiedene Zeitebenen und Schlüsselerlebnisse miteinander verschmelzen lässt.

Maria“, Regie: Pablo Larraín. Mit Angelina Jolie, Pierfrancesco Favino, Alba Rohrwacher, Kodi Smit-McPhee, Haluk Bilginer. 123 Min. Ab dem 6. Februar 2025 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 02/2025 erschienen. 

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