Versteckte Orte, beste Bars, nervige Klischees: Autoren der SZENE HAMBURG zeigen in unserer neuen Serie ihre Hood. Diesmal: St. Georg
Es gibt unzählige Stadtführer für Touristen, aber viel zu wenig gute Hamburgtipps für uns Menschen, die hier leben. 14 Autor*innen der SZENE HAMBURG wollen das ändern und plaudern aus dem Nähkästchen. Sie porträtieren jeweils den Stadtteil, in dem sie leben in einem Steckbrief – von Blankenese über St. Pauli bis nach Wilhelmsburg. Dabei räumen sie mit alten Klischees auf und stricken neue. Sie verraten welche Ecken nerven und welche Orte sie lieben, wo es schmackhaftes Junkfood gibt oder was der beste Soundtrack für ihren Stadtteil wäre, wo der ideale Platz für ein romantisches Date ist und welchen Termin man sich im August für ihre Hood vormerken sollte
Foto: Philipp Jung
Kunstredakteurin Sabine Danek lebt abwechselnd in Hamburg und Berlin. St. Georg ist ihrer Meinung nach der exotischste Ort der Stadt
Da gehen alle hin: Lange Reihe. Am Wochenende kommt man sich dort mittlerweile vor, als sei man auf der Friedrichstraße in Sylt gelandet. Zu schade, alles Subversive futsch
Da gehe ich hin: Steindamm. Buffet-Ausflüge ins afghanische Restaurant Kabul, Filme im Original im Savoy Kino, ein Metropolen-Feeling wie man es selten in Hamburg hat: Eine Moschee mit Fußballtürmen, indische Sari-Boutiquen und gigantisch große Gemüsestände (siehe Foto) – nicht bio aber kosmopolitan
Bestes Junkfood: Kein Junkfood, aber beste antiquierte 80er-Jahre Küche in Riesenportionen bei Frau Möller
Auf welches kalte Getränk wohin: Bar St. Georg, jeden Abend hoffnungslos voll und total verqualmt. Wenn alle anderen schon dicht sind, kann man hier auf dem Bürgersteig noch flüstern
Total überschätzt: Mutterland mit tollen Öko-Backwaren aber überteurtem Zeug. Unverwüstlich hält sich der zugegeben miese Spruch, dass ein Blowjob in St. Georg billiger sei als ein belegtes Sandwich im Edelfood-Store
Total unterschätzt: Lohmühlenpark. Spitzen Klettergeräte, hohe Rutschen, Beach-Volleyball und Basketball-Feld mit schönstem Flutlicht und Blickauf die kunterbunt beklebten Ex-Polizei-Hochhäuser
Kulturell wertvoll: Big Time! Alles da! Schauspielhaus, Kunsthalle, Elektrohaus, Hansa Varietétheater
Diesen Termin für August vormerken: Den gesamten Monat Alster, Alster, Alster: zu Fuß umrunden, heimlich Schlauchboot zu Wasser lassen oder die Wasser-Volleyballer bestaunen, die umgeben von Seerosen an der vierspurigen Kreuzung Sechslingspforte/Barcastraße ihre Bälle im Wasser schlagen
Worauf wir verzichten könn(t)en: Seelenlose Gastronomie wie Neumanns Weinbistro oder Peter Pane. Und die gestriegelten Uhlenhorster, die in St. Georg einfallen. Aber: Make Love Not War!
Lieblingnachbar: Udo Lindenberg, seit mehr als zwanzig Jahren Bewohner des Atlantic Hotels
Für gesunde Momente: Oh My Juice – kaltgepresste Säfte, Cappucino und Eiskaffee mit der besten Mandelmilch der Stadt am hübschen Marmortresen. Mehr L.A.-Lifestyle geht.
Prunkbau: Atlantic Hotel, strahlend weißer Hochseedampfer, der an der Alster ankert. Eines der Vorbilder für Wes Andersons Film „Grand Budapest Hotel“ und mit dem besten Concierge der Stadt, der darin sogar eine Rolle spielte
Bester Platz am Wasser: Kapitän Prüsse. Unaufgeregte Atmosphäre und statt Musik hört man Segel flattern und Taue klappern
Wenn mein Stadtteil ein Tier wäre: Zierfisch, Süßwasser