Merlin Sandmeyer: Wunschrollen und die Superberühmtheit

So richtig bekannt wurde Merlin Sandmeyer durch seine Rolle in „Die Discounter“. Die Figur Jonas war völlig ungeplant sein Karrieresprungbrett. Im Interview erzählt er, welche Sorgen mit der Superberühmtheit einhergehen und welche Rolle er gerne mal spielen würde 
Merlin Sandmeyer: „Berühmtheit war niemals der Anreiz an der Schauspielerei“ (©Sasha Ilushina) 

SZENE HAMBURG: Merlin, heute schon über ein „Discounter“-Reel gelacht?  

Merlin Sandmeyer: Nein, ich habe heut’ noch keins gesehen. 

Verschickst du selbst gerne mal welche an Freundinnen und Freunde?

Tatsächlich nicht. Ich muss zugeben, dass es mich anfangs sehr verwundert hat, plötzlich als Meme auf Social Media zu existieren. Besonders überraschend finde ich, wie Szenen meiner Figur aus „Die Discounter“ aus dem ursprünglichen Kontext genommen und völlig neu interpretiert werden. Natürlich freut es mich, dass Menschen Spaß daran haben – aber ich selbst schaue mir das eher nicht an.

Bleiben wir doch mal bei der Serie und springen in der Zeit. Erinnerst du dich noch daran, was dir durch den Kopf ging, als du das Skript zu „Die Discounter” zum ersten Mal gelesen hast?

Ich habe mich total über die Anfrage und das Drehbuch gefreut – wobei es eigentlich gar kein klassisches Drehbuch war. Damals hieß die Serie noch anders, und da sie stark auf Improvisation basiert, hat das sofort mein Interesse geweckt.

Hattest du beim Lesen auch irgendwelche Bedenken, also Zweifel, ob Jonas wirklich die richtige Rolle für dich ist?

Eigentlich nicht, denn die Figur Jonas existierte zu Beginn so noch gar nicht. Vor dem Casting wurde mir zur Vorbereitung die Penny-Dokumentation geschickt, die auf der Reeperbahn gedreht wurde – die kannte ich damals noch gar nicht. Ich wusste nur, dass meine Rolle ein spleeniger Security-Mitarbeiter sein sollte. Die Idee, eine Figur komplett gegensätzlich zu den typischen Erwartungen eines Security-Mannes zu besetzen, fand ich sofort spannend.

Und das Spielen: Fiel dir das von Anfang an leicht? 

Tatsächlich schon. Ich hatte eine gute Vorstellung von dem, wer Jonas sein soll, als wir anfingen zu spielen.

Merlin Sandmeyer über seine Rolle Jonas Schulze 

(©Sasha Ilushina) 

Großen Erfolg gab es auf jeden Fall, und zwar ziemlich fix. Die erste Staffel startete, und auf einmal sprach jeder über Jonas Schulze. Das Internet war voll mit ihm. Wie hat sich das für dich angefühlt, diese Omnipräsenz, dieses plötzliche super berühmt sein?  

Als wir anfingen zu drehen – sogar schon beim Test-Dreh – fühlte es sich eher so an, als würden wir privat Quatsch machen. Der Supermarkt war so heruntergekommen, dass ich mir das Gesamtbild erst gar nicht vorstellen konnte. Dass die Serie für Amazon produziert wurde, habe ich damals noch nicht richtig realisiert. Aber dann merkte man: Das schnurrt. Dass sich so viele Menschen mit diesem speziellen Humor identifizieren konnten, hat uns alle überrascht – aber auch sehr gefreut. Dass eine Serie parallel in den sozialen Medien weiterlebt, war für mich eine neue Erfahrung und anfangs irritierend. Besonders verrückt finde ich, wenn mich Leute auf der Straße mit „Oh hi, bist du nicht dieses Meme?“ ansprechen (lacht). Viele von ihnen haben die Serie vermutlich gar nicht gesehen. Dass Jonas so oft in völlig neue Kontexte gesetzt wird, war für mich eine echte Überraschung.

Dass Jonas so oft in völlig neue Kontexte gesetzt wird, war für mich eine echte Überraschung

Merlin Sandmeyer 

War Berühmtheit eigentlich ein Anreiz, oder gar Beweggrund, überhaupt Schauspieler zu werden? 

Überhaupt nicht. Ich komme ja eigentlich aus dem Theater und liebe es dort. „Die Discounter“ war die zweite große Filmproduktion und für mich auch das Sprungbrett, aber Berühmtheit war niemals der Anreiz an der Schauspielerei. 

Bleiben wir beim Theater. Nach der Schule ging es die Karriereleiter in schnellen Schritten nach oben: Regieassistenz, Schauspielstudium, Ensemblemitglied, zuerst in Wien, seit 2019 am Hamburger Thalia Theater. Was machte und macht den Theaterbühnenreiz für dich aus?  

Das Arbeiten ist im Vergleich zum Film ganz anders dort. Sich für ein paar Wochen intensiv mit einem Stück zu befassen, in einer Gruppe an einem Haus zu sein und dann einen Abend lang auf der Bühne mit Kollegen zu rocken, finde ich toll. Ich könnte mir nicht vorstellen, etwas alleine zu machen, ich brauche die Gruppe am Theater und fühle mich dort aufgehoben. Mehr mit dem Körper zu arbeiten und eine Rolle größer zu spielen finde ich faszinierend. Das Theater produziert für mich mehr Energie und ist eine Art Heimatort. 

Rampenlicht und Jubel. Fluch oder Segen? 

(©Sasha Ilushina) 

2024 wurdest du mit dem Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares für deine Rolle in „Der Prozess“ ausgezeichnet. Sprich: Riesenerfolg vor der Kamera, Riesenerfolg auf der Bühne und das gleichzeitig. Wie fühlt sich dieser Doppelerfolg an? Und: Fühlt sich der eine Erfolg womöglich besser an als der andere?  

Theater mache ich schon länger und bin sehr dankbar dafür, dass der Start in Hamburg so gut war, nach meinem Umzug von Wien. Es ist alles andere als selbstverständlich ein Theaterengagement zu haben und gesehen zu werden. Das Theater verknüpfe ich jedoch irgendwie nicht so sehr mit dem Begriff Erfolg. Nun auch einen Fuß in der Tür beim Film zu haben, ist wertvoll und auch ein Glücksfall. 

Ist die wachsende Aufmerksamkeit, das Rampenlicht und der Jubel grundsätzlich immer toll für dich, oder auch mal einengend?  

Es ist total toll, grundsätzlich. Aber es hat mich anfänglich irritiert, mit so einer Aufmerksamkeit auf meine Person konfrontiert zu sein. Manchmal, das gebe ich auch ehrlich zu, finde ich es auch zu viel. Das hat mit dem Privaten zu tun. Ich will überhaupt nicht eitel klingen, aber ich werde sehr, sehr viel erkannt und kann nicht mehr einfach so Bahn fahren, einkaufen, oder ins Restaurant gehen, ohne beobachtet zu werden. Es wird getuschelt und man befindet sich unter einer permanenten Beobachtung. Als ich in Südostasien war, dachte ich, ich wäre ganz alleine, ohne Beobachtung, aber man ist nirgendwo sicher (lacht). Ich habe in letzter Zeit  gelernt, auch mal „Nein“ zu sagen. 

Das Theater verknüpfe ich irgendwie nicht mit dem Begriff Erfolg

Merlin Sandmeyer

Hast du Bedenken, dass die Jonas-Rolle deine Karriere nun vorbestimmt hat? 

Ich habe schon ein bisschen Schiss davor, für alle Ewigkeiten als Jonas gebrandet zu sein, so wie es bei vielen anderen Schauspieler:innen auch der Fall war und ist. Für mich geht es momentan darum zu zeigen, was ich spielen kann und nicht auf eine Rolle, den Jonas, festgeschrieben zu sein. Christoph Maria Herbst und Bjarne Mädel waren lange Zeit einfach nur „Stromberg“, obwohl beide Schauspieler ja ganz vielseitige Charaktere sind und mittlerweile auch andere tolle Rollen spielen. Ich glaube, man muss sich Schritt für Schritt da rausarbeiten und das steht bei mir gerade auf der Agenda.

Mörder, Thriller und ein Komissar: Merlin Sandmeyers Wunschrollen 

(©Sasha Ilushina) 

Welche Anfrage war bei den vielen, die du momentan für Film und Theater sicherlich bekommst, noch nicht dabei, würdest du aber liebend gerne mal bekommen?  

Das kann ich gar nicht so genau sagen, ich habe keine ausgedachte Figur, auf deren Anfrage ich warte … Ich hätte Lust mal in einen ganz anderen Kontext gehen, etwas anderes als bisher zu spielen. Vielleicht etwas Historisches. Oder wie wäre es mit einem Thriller, einem dunklen Charakter, vielleicht einem Mörder oder einem Kommissar? 

Und welche Anfrage muss nun wirklich nicht sein?  

Eine Rolle, die dem, was ich bisher gemacht habe, der Jonas-Figur, zu ähnlich ist. Ich habe in der Vergangenheit auch schon zwei große Sachen deswegen abgesagt. Die Rollen waren für mich wie ein Abziehbild von Jonas. Das habe ich schon gezeigt und das muss jetzt nicht noch mal sein. 

Es ist alles andere als selbstverständlich, ein Theaterengagement zu haben und gesehen zu werden

Merlin Sandmeyer 

Noch einmal zurück in 2021. Stell dir vor, alles würde noch mal anfangen: Du hast das „Discounter“-Skript zum ersten Mal auf dem Schoß, die Dreharbeiten sind kurz davor zu starten. Mit dem Wissen von heute: Was würdest du deinem 2021er-Ich mit auf den Weg geben? 

Das ist eine gute Frage (überlegt lange). Ich bin ziemlich zufrieden mit dem, wie alles gekommen ist und auch damit, wie ich mit den letzten Jahren umgegangen bin. Ich würde mir deswegen wahrscheinlich sagen: „Mach alles genau so, wie es kommt, du kannst dir vertrauen.“  

(©Sasha Ilushina) 
(©Sasha Ilushina) 

Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 04/2025 erschienen. 

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