Zwölf Stapelstühle spielen in der Komödie „Mindset“ am Altonaer Theater multiple Rollen: Die weißen Plastiksessel werden auf der schlicht-funktionalen Bühne zu Büro- und Autositzen, zu Computerattrappen, zum Versteck, zum Thron (Ausstattung: Johannes Fischer, Requisite: Kinga Abigél Csiki). Zum Sinnbild für Hochstapelei eignen sich die zweckmäßigen Möbel ebenfalls. So wird schnell klar, dass der Selbstdarsteller Maximilian Krach (stark bevor und nachdem die Fassade bröckelt: Mats Kampen) eine windige Figur ist.
Mindset: Die Kunst des männlichen Egos
In Seminaren, die er vor männlichen Bewunderern hält, lehrt Krach die Kunst der Ego-Vervollkommnung. Der Schlüssel zum Erfolg liege im eigenen Kopf, dort müsse die Verwandlung vom Schaf zum Wolf stattfinden. Das Stück (Regie und Bühnenfassung für vier Schauspieler: Kai Hufnagel) basiert auf dem Debütroman des Satirikers und Podcasters Sebastian Hotz („El Hotzo“), den es vorteilhaft verdichtet. Antiheld der Handlung ist der von seinem Job angeödete IT-Mann Mirko (überzeugend linkisch: Johan Richter), der dem selbst ernannten Wolf im Glitzersakko nun als euphorisierter Jünger nachfolgt. Kracht selbst kann indes nicht einmal die Hotelrechnung bezahlen und hat außerdem mit seinem Gehabe die Rezeptionistin Yasmin (burschikos: Chantal Hallfeldt) verprellt, die das Geld nun auf die harte Tour eintreiben will. Über eine Dating-App lernt sie Mirko kennen, der sie zu Krach führen soll.
Selfmademan und Butterspender-Vertreter
Der Möchtegern-Selfmademan wurde derweil schwer desillusioniert: Er hat einen Handlungsreisenden kennengelernt, dessen geniale Erfindung (ein Butterspender) sich als Reinfall entpuppte. Ist Erfolg also doch keine Frage von „Mindset“? Sondern bloßer Zufall? Der Moment dieser bitteren Erkenntnis zählt durch Katrin Gerkens urkomische Darstellung des abgeklärten, zynischen Butterspender-Vertreters zu den Höhepunkten des gelungenen Abends.
Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 06/2025 erschienen.