Mural in Rothenburgsort: Eine neue Perspektive

In Rothenburgsort wagt sich das Erzbistum Hamburg aus seiner Komfortzone und hat zusammen mit dem Urban Art Institute ein Mural zum Thema Inklusion initiiert
 Eine neue Perspektive auf Menschen im Rollstuhl: das Mural „Streetview“ (©Urban Art Institute)

Rothenburgsort, die meisten kennen den Stadtteil nur von ihrem Weg nach Bergedorf und fahren durch, statt auszusteigen und sich umzuschauen. Seit 13. Juni 2024 gibt es einen Grund mehr, sich doch einmal in Rothenburgsort umzusehen. Denn ab sofort gibt es auch hier eines der großen Wandgemälde, ein sogenanntes Mural. Neun Tage lang hat der Frankfurter Künstler Case Maclaim das fotorealistische Bild mit dem Titel „Streetview“ an die Hauswand des Billhorner Röhrendamm 151 gemalt. Die Arbeit an dem Gebäude des Erzbistum Hamburg ist in Zusammenarbeit mit dem Urban Art Institute entstanden.

„Streetview“ zeigt dabei einen Rollstuhlfahrer aus der Vogelperspektive. Auf seinem Schoß liegt ein Spiegel, über den er die Betrachtenden direkt in den Blick nimmt und sie so dazu zwingt, zu ihm hinaufzuschauen. Das kommst sonst selten vor. Normalerweise müssen Menschen im Rollstuhl nach oben schauen, wenn sie mit anderen in Kontakt treten wollen. Perspektivwechsel ist das Stichwort. Diesen liefert „Streetview“ mit einem Blick auf selten betrachtete Lebensrealität – inklusiv und repräsentativ.

Von der Idee zum Projekt

Die Menschen hinter dem Mural in Rothenburgsort
Von links: Rudolf Klöckner vom Urban Arts Institute, Case Maclaim alias Andreas von Chrzanowski, Lukas Grellmann vom Urban Arts Institute und Raphael Doan vom Erzbistum Hamburg (©Franziska Vetter)

100 Sprühdosen und 80 Liter Fassadenfarbe brauchte es, um die Idee von „Streetview“ an der fensterlosen Wand des Wohnhauses Realität werden zu lassen. Das Mural soll laut dem Erzbistum einen Mehrwert für die Bewohner des Viertels bieten. Für die Umsetzung hat sich das Erzbistum mit dem Urban Art Institute zusammengetan. Der Verein steht in Hamburg hinter „Walls Can Dance“, der größten zusammenhängenden Freiraumgalerie der Stadt in Harburg.

Außerdem hat sich „Walls Can Dance“ das Ziel gesetzt, möglichst viele Fassaden im Hamburger Stadtgebiet mit Street-Art zu versehen. Vor allem im Hamburger Süden hat sich dazu schon einiges getan. Vorstöße Richtung Stadtzentrum gab es zuletzt auch mit einem Hinz&Kunzt-Mural in der HafenCity und nun der Arbeit des Künstlers Case Maclaim in Rothenburgsort. Das Urban Art Institute hatte den Frankfurter Künstler, der mit bürgerlichem Namen Andreas von Chrzanowski heißt, vorgeschlagen. „Ausgehend von seinen Referenzen“ konnte sich auch das Erzbistum für ihn begeistern. Dabei ist Chrzanowski kein Unbekannter. Er war Mitbegründer der bekannten Maclaim Crew und hat Kunstwerke in über 20 Ländern gestaltet.

Mehr Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung

Schon einmal war Chrzanowski kurz davor ein Mural zum Thema Rollstuhl an einer Hamburger Hauswand zu verwirklichen. Dazu kam es schlussendlich in Madrid. Das Kunstwerk in der spanischen Hauptstadt zeigt ein stolzes schwarzes Kind mit Meerjungfraukostüm im Rollstuhl. Im Gespräch mit einem Rollstuhlfahrer wurde Chrzanowski dann später die „perfekte Betrachtungsweise geliefert“. Die nun in Rothenburgsort thematisierte Perspektivumkehr sei es, worauf es laut Chrzanowski ankommt. Denn nicht die Person im Rollstuhl muss nach oben schauen, sondern die Betrachtenden. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf traf er für das Mural in Hamburg auf Finn Zielsdorf.

Zielsdorf selbst sitzt im Rollstuhl und ist ebenfalls Künstler. Schon für Chrzanowskis Werk in Madrid wollten die beiden zusammenarbeiten. Für das Mural in der Hansestadt wurde Zielsdorf jetzt vom Artist zum Motiv. Zusammen wollen er und Andreas von Chrzanowski zur Normalisierung von Behinderung beitragen. Und „wo geht das besser als groß an der Hauswand mitten in der Stadt“, sagt Zielsdorf. Chrzanwoski wird „das Thema weiter begleiten. Denn dort wo es eine Geschichte zu erzählen gibt, können Murals dies tun.“ Konkrete Pläne zu neuen Wandbildern gibt es zwar noch nicht, allerdings wird das Erzbistum weiterhin Bauprojekte realisieren und kann sich jederzeit wieder ein gemeinsames Projekt vorstellen. 

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