Viel hilft viel – zumindest, wenn es um Soziales geht. An den ersten drei Montagen im November 2022 lassen wir an dieser Stelle immer eine:n von drei Hamburger:innen zu Wort kommen, die sich besonders einsetzen und von ihrer Arbeit erzählen. Heute: Sven Junge von der Mobilen Zahnarztpraxis des DRK
Protokoll: Anarhea Stoffel
Sven Junge
Sven Junge, Zahnarzt bei der Mobilen Zahnarztpraxis des DRK
„Ich bin erst seit Kurzem im Team der Mobilen Zahnarztpraxis. Zum Zahnmobil des DRK Altona&Mitte bin ich im Grunde durch einen Artikel im ,Hamburger Abendblatt‘ gekommen, den meine Frau entdeckte. Das Einsatzteam, also die Besatzung des Fahrzeugs besteht aus dem Fahrer oder der Fahrerin, welche sich neben dem Fahren des Fahrzeugs auch um die Technik kümmert und die Patientenannahme durchführt. Als zweite Person organisiert Melanie Wiegers alles rund ums Fahrzeug, wie zum Beispiel die technischen Wartungen und Reparaturen. Der oder die Dritte im Bunde ist dann die Zahnärztin oder der Zahnarzt, in diesem Fall also ich.
Wir als Team der Mobilen Zahnarztpraxis widmen uns in erster Linie der Behandlung von Obdachlosen. Das sind oft Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben; Menschen, die in der Regel keine Krankenversicherung besitzen. Uns ist wichtig, dass auch sie eine gute medizinische Versorgung erhalten. Für mich als Zahnarzt steht natürlich als erstes die zahnmedizinische Behandlung im Fokus. Allerdings kommen hier oft Patienten her, die eine ganz besondere Art von Betreuung benötigen. Wir versuchen, die Patienten neben der medizinischen Behandlung auch psychologisch zu unterstützen, zuzuhören und Ängste, insbesondere der Behandlung, zu nehmen. Einfach für den Menschen da sein, das ist sehr wichtig.
„Oft denke ich dann, wie gut es mir doch geht“
In dieser Arbeit gibt viele Einzelschicksale, die mich berühren und sehr nachdenklich machen. Sehr oft erfahren wir eine ganz besondere Form der Dankbarkeit nach einer Behandlung. Das gibt einem sehr viel mehr, als man es im gewöhnlichen Alltag in einer Zahnarztpraxis erfährt. Die Arbeit im Zahnmobil ist für mich nicht die Routine. Immer wenn ich nach dem Einsatz im Zug sitze und nach Hause fahre, denke ich über die Menschen, denen ich eben begegnet bin, nach. Das beschäftigt mich sehr. Oft denke ich dann, wie gut es mir doch geht. Und ich frage mich, warum so viele Menschen in so prekären Lebenssituationen leben. Vielleicht können wir mit dem Zahnmobil einen kleinen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität von ein paar Menschen erbringen, einfach die Welt ein bisschen besser machen. Ich hoffe, wir können dem einen oder anderen vielleicht einen schönen Tag bereiten, ihm zuhören und durch die Behandlung Schmerzen nehmen.“