Filmkritik: „Red Rooms – Zeugin des Bösen“

Mit stilistischer Kälte zeichnet der Thriller „Red Rooms“ die kryptische Charakterstudie eines mutmaßlichen Serienkillers – und zweier regelrecht von ihm besessenen Groupies im Gerichtssaal
Schuldig oder nicht schuldig? Der unter Anklage stehende Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos) (©Nemesis Films inc)

Eine junge Frau übernachtet auf einem Bürgersteig in der kanadischen Metropole Montreal. Kelly-Anne (Juliette Gariépy) ist aber keineswegs obdachlos, sondern ein gefragtes Model und nebenbei ein Ass im Online-Poker. Der Grund für ihr unbehagliches Nachtlager: Als „früher Vogel“ will sie einen der wenigen öffentlichen Plätze in einem Gerichtsprozess ergattern, der die Stadt erschüttert: Der Serienkiller Ludovic Chevalier (Maxwell McCabe-Lokos) soll drei Teenager-Mädchen entführt und in seiner Garage zu Tode gefoltert haben. Seine Untaten stellte er als Livestream ins Darknet.

Kelly-Anne ist magnetisch angezogen von dem unscheinbaren Mann, der in einer gläsernen Zelle im Gerichtssaal hockt und seinen Prozess scheinbar ungerührt verfolgt. Extra aus der Provinz angereist, verpasst auch die verhuschte Clementine (Laurie Babin) keinen Prozesstag. Den gebeutelten Angehörigen der Opfer sind Chevaliers „Fangirls“ ein Dorn im Auge. Von allen verachtet, solidarisieren sich die beiden gestörten Seelen. Kelly-Anne lässt Clementine, die in der Stadt keine Bleibe hat, bei sich übernachten. Doch langsam befallen Clementine Zweifel über die wahren Motive ihrer Gönnerin: Besucht Kelly-Anne den Gerichtssaal wirklich nur als Zaungast, oder verbindet sie in Wahrheit mehr mit dem Monster auf der Anklagebank?

„Red Rooms“ erzeugt schlimmes Kopfkino

(©Nemesis Films inc)

Der kanadische Regisseur Pascal Plante inszeniert seine eindrucksvolle, bis zum Ende kryptische Charakterstudie mit äußerster stilistischer Kälte. Das Grauen lauert hier stets unter polierten Oberflächen, ob im nüchternen Gerichtssaal oder im seltsam sterilen Luxus-Apartment der Protagonistin. Den unvorstellbaren Horror der ominösen Snuff-Movies kann der Kinozuschauer nur den grausigen Beschreibungen der Staatsanwältin entnehmen, oder ihn im rot angestrahlten Gesicht Kelly-Annes erahnen, wenn die das abartige Treiben des Killers in seinem „Red Room“ gebannt vor dem heimischen Bildschirm verfolgt. Dass wir nur mithören, aber nicht mitgucken dürfen, erzeugt umso schlimmeres Kopfkino. Bitte Vorsicht: Dies ist ein Film, der einen noch lange verfolgt – ob man nun will oder nicht.

Red Rooms – Zeugin des Bösen“, Regie: Pascal Plante. Mit Juliette Gariépy, Laurie Babin, Maxwell McCabe-Lokos, Elisabeth Locas. 118 Min. Ab dem 7. November 2024 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 11/2024 erschienen.

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