Die Rote Flora unter Druck. Zwar vermied Olaf Scholz in seiner Regierungsrede das Wort „Schließung“ geflissentlich, übte aber scharfe Kritik. „Die Flora muss weg“, forderte CDU-Chef André Trepoll dagegen ganz deutlich. Klar ist: Das Autonome Zentrum im Herzen der Schanze befindet sich im politischen Kreuzfeuer. Wir sagen: Die Rote Flora muss bleiben. Nur: Dafür muss sie aus den G20-Krawallen lernen und handeln. Stellung beziehen. Verantwortung übernehmen. Und sich nicht in Schuldzuweisungen verlieren. Das steht keinem der teilnehmenden Parteien gut.
Und was sagt ihr?
Andy Grote.Foto: Jacob Börner
Es kann jetzt nicht um reflexhafte Symboldiskussionen gehen. Aber eins ist klar: Wir werden uns auch mit den Hintergründen und den Strukturen der gewaltsamen Krawalle und der kriminellen Ausschreitungen beschäftigen, dazu gehört die Rote Flora.
Innensenator Andy Grote
Foto: Tim Albrecht
‚Flora‘ meint ‚die Gesamtheit aller Pflanzen (eines Gebietes)‘. In diesem Sinne sollte die ‚Rote Flora‘ für Hamburg einen nicht-kapitalisierten Ort für Viele meinen. Denn als ein solcher Raum, wo der friedliche Austausch zwischen Anschauungen, Lebensweisen und Kulturen möglich ist, wird er weiterhin dringend benötigt.“
Martin Köttering, Präsident der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK)
ROTE FLORA BLEIBT. PUNKT. KEINE DISKUSSION.
Lars Lewerenz, Audiolith-Label-Boss
Foto: Achenbach Portraits
Ich verurteile die blinde Zerstörungswut einiger weniger bei den G20-Protesten. Sie lenkt ab vom kreativen, friedlichen und inspirierenden Protest, wie bspw. der Marsch der „1000 Gestalten“, Trommeln für eine vegane Welt oder dem Verteilen von persiflierten Dollarnoten in der Schanze. Nun werden stattdessen leider Zerstörungen und Plünderungen das Bild von den Protesten prägen.
Die Rolle des Kulturzentrums Roten Flora bei den Protesten ist noch gar nicht geklärt. Daher macht es keinen Sinn, in einer Kurzschlussreaktion das Gebäude abzureißen oder zu Räumen. Das wäre etwa so, als würden wir das Rathaus abtragen, nur weil irgendwer dort vielleicht falsche Entscheidungen getroffen hat. Klüger ist es meines Erachtens, die Fehler und Verantwortlichkeiten aufzuklären und kluge Schlüsse für die Zukunft zu ziehen.
Am Ende des Tages wollen alle Milieus in dieser Stadt friedlich zusammenleben.
Mirco Wolf Wiegert, fritz-kola Geschäftsführer
Foto: Heinrich Holtgreve
Ganz klar: Es sind zwingend Maßnahmen erforderlich, wenn sich an einem Ort dutzende Gewalttäter zum Rülpsen und Pläneschmieden treffen. Wenn radikale Musik-Ideen und Essen in moralisch fragwürdigen Strukturen gedeihen können und sich in entfesselter menschenverachtender Politik äußern. Ich bin also dafür, die Elbphilharmonie zu schließen.
Denn immer wieder gehen von hier aus falsche Signale aus: Mal wird mitten im Saal aus einem milden Allegro molto ein ätzend aggressives Allegro ma non troppo, mal riecht ein harmlos aussehender Pinguin am Klodeckel und vergißt abzuziehen, und wieviel Fische sterben mussten, als das Gebäude in die Laichgründe des seltenen Hamburger Schleimfisches gebaut wurde, hat auch keiner mehr auf der Rechnung. Die Gefahr, dass sich die Gewalt von Alkohol und Männern in andere Stadtviertel testosteronisiert, ist zwar groß, aber man kann nicht alles haben.
Gereon Klug, Autor und Kulturmacher
An seinem martialischen Ruf nach Räumung hat sich schon Schill die Finger verbrannt: Gut 15 Jahre später floriert’s in der Schanze noch immer. Die Übernahme durch die Lawaetz-Stiftung hatte den politischen Streit befriedet, von Linken bis Hipstern gefielen sich viele mit Liebeserklärungen. Naiv, absurd.
Und doch sollte unsere Demokratie, sollte Hamburg die Flora weiter aushalten können. Dafür sollten Vereinbarungen gelten: Die Rotfloristen unterlassen verbales Brandschatzen wie vor dem Gipfel. Sie stoßen Hools von ihrem Trittbrett. Beuth fliegt als Vertreter der Flora raus.
Matthias Onken, Coach und Kommunikationsberater
Die G20-Randale der Flora anzulasten wird nach der ohnehin anstehenden Aufklärung der Ereignisse nicht gelingen. Die Flora jedes Mal räumen zu wollen, wenn’s in Hamburg knallt, egal was die Flora damit zu tun hat, wird langsam langweilig. Hysterie und Populismus helfen nicht weiter.
Bei allen politischen Unterschieden und unterschiedlichen Auffassungen zu Militanz als politisches Mittel, habe ich die Floristen, sowohl in der Vorbereitung, als auch auf der gemeinsamen Großdemonstration am 08.07. als zuverlässige Partner erlebt. Unser gemeinsames Vorhaben eine friedliche Demonstration für alle, Alte, Junge, Kinder und Familien, für Menschen mit und ohne Handycap, mit oder ohne Pass zu organisieren, ist sehr erfolgreich gelungen. Die Flora gehört zu Hamburg und zur Schanze und bleibt.
Andreas Gerhold, Abgeordneter im Bezirk Hamburg-Mitte, innenpolitischer Sprecher der Hamburger Piratenpartei und Vorsitzender des Cannabis Social Club Hamburg e.V, Mitinitiator der Kampagne „Hamburg ist unsere Stadt – Grundrechte verteidigen“ (www.grundrechte-verteidigen.de)
Barbara Wetzer, Konzert-Bookerin und Anwohnerin
Die Forderung der Räumung kommt viel zu früh. Die Anwohner müssen sich erst einmal erholen. Die Vorkommnisse müssen genau ausgewertet werden, um wirklich Konsequenzen zu ziehen.Die Konsequenz sollte sein, Gewalttäter zu verurteilen – egal welche Seite und egal woher sie kommen.
Durch die Räumung der Flora werden die Gewalttäter nicht aus der Welt geschafft, die Flora selber hat mit den Ausmaßen nicht gerechnet und wollte sie auch nicht, so die Aussage vom Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt.
Die Flora ist ein wichtiger Bestandteil des Viertels, es muss Plätze zum Austausch geben, es werden dort wichtige Aktivitäten und Kultur angeboten.
Ja, die Flora ist politisch, was autonome Zentren so an sich haben. Es ist völlig okay, seine Meinung zu sagen und auch in der Öffentlichkeit kundzutun, so lange es friedlich – ist, egal in welchem Stadtteil, egal in welcher Stadt.
Jegliche gesellschaftliche Umwandlung wird über die Gewalt und sinnlose Zerstörung öffentlichen und privaten Eigentums, wie in Hamburg am Rande des G20 Gipfels geschehen, nicht befördert, sondern im Gegenteil, sie beraubt sich jeglicher Solidarität aus anderen gesellschaftlichen Gruppen.
Das erleben wir jetzt mit der Roten Flora. Immer wieder sollte dieser Schmelztiegel der linken autonomen Szene und eine der letzten Bastionen gegen die Gentrifizierung dieses Viertels, geschlossen werden. Die Rote Flora ist heute längst ein touristischer Hotspot für diese Stadt wie die Elbphilharmonie, ein Symbol für kritische Öffentlichkeit, die heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
Es wäre ein fatales politisches Signal, würde man die Rote Flora jetzt schließen – das Klima wäre auf Jahre vergiftet und der Boden für neue Krawalle bereitet. Viele Kreative und viele Künstler identifizieren sich mit dem Gebäude, das einen wichtigen Kontrapunkt zum alteingesessenen konservativen Hamburg bildet. Man sieht aber auch, was die Gewalt bewirkt. Nicht die Verhältnisse ändern sich. Sie rücken berechtigten Protest nur in ein schlechtes Licht. Sie treffen mit ihrer Zerstörungswut auch nicht die Unersättlichen des Wirtschaftsgefüges, sondern u.a. die Anwohner und Nachbarn im Schanzenviertel. Es wäre wichtig auch hier in der Nachbarschaft die Debatte um die Zukunft der Roten Flora zu beginnen.
Dirk Luckow, Intendant der Deichtorhallen
Amelie Deuflhard.
Foto: Marcelo Hernandez
Ich finde es problematisch, wenn die Akteure der roten Flora alleine für die gewalttätigen Ausschreitungen rund um den Gipfel verantwortlich gemacht werden.
Die momentanen Debatten sind mehr als aufgeheizt. Die rote Flora überstürzt zu schließen, wäre eine einseitige Schuldzuweisung und völlig undifferenzierte Reaktion, aber keine Lösung.
Allerdings müssen sich die Akteure von Gewalt distanzieren und andere Formen der Kritik anwenden. Die rote Flora ist seit langem ein wichtiger Akteur der Subkulturen und steht für die politische und kulturelle Diversität in dieser Stadt.
Ich bin gegen eine Schließung, gegen jegliche Hexenjagd, aber – für umsichtiges Agieren, Aufarbeitung und gesellschaftlichen Dialog.
Amelie Deuflhard, Intendantin Kampnagel
Foto: Sissi Kucher
Die Rote Flora gehört zu Hamburg! Widerstand und anders denken ist wichtig für die Demokratie und deren Bestand! Für mich ist aber auch ganz klar und unumstritten, dass dies gewaltfrei und mit fundierter Argumentation stattfinden muss!
Constantin von Twickel – Booker, Consultant und PR-Manager des Nochtspeichers und der Nochtwache
Die Rote Flora muss bleiben?! Euer Statement
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Das sagt die Schanze.
Sophia Herzog war für uns im Schanzenviertel unterwegs und befragte Anwohner, Ladeninhaber und deren Mitarbeiter.
/Fotos: Sophia Herzog
Ich bin für den Erhalt der Flora. Aber vielleicht sollte man darüber diskutieren, ob der Anwalt der Flora bleiben soll oder nicht. Der hat meiner Meinung nach ein merkwürdiges Statement zu den Krawallen abgegeben.
Eda und Caio arbeiten bei Codos.
Caio: Ja, die Rote Flora soll bleiben! Die Schanze wird immer als alternatives Viertel angepriesen, dabei ist das inzwischen gar nicht mehr wirklich der Fall. Wenn man der Schanze jetzt noch den einzigen politischen Kern nimmt, dann wäre hier jede alternative Kultur verloren gegangen.
Eda: Ich sehe das genauso. Außerdem kann man gar nicht nachweisen, dass von der Roten Flora überhaupt ein linker Extremismus ausgeht. Und sie gehört zur Schanze! Die Flora steht hier schon ewig – Wäre sie nicht mehr da, dann würde das Viertel einen großen Teil von dem verlieren, was es noch ausmacht.
David Salcedo hat Freunde in der Schanze und ist oft hier unterwegs.
„Die Flora ist ein Zentrum der Linken. Die Krawallmacher hatten meiner Meinung nach aber überhaupt nichts mit der linken Szene zu tun. Das hatte doch alles gar keinen politischen Hintergrund mehr, es ging nur darum ein bisschen Dampf abzulassen. Nicht jeder Linke ist gewalttätig, das ist eine einfache Lösung.
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Die Flora steht für eine lebendige, linke Streitkultur und hat nichts mit den Geschehnissen vom Gipfel zu tun. Also: Ja, sie soll auf jeden Fall bleiben!
Lars arbeitet ebenfalls in der Schanze
Nein, die Flora sollte auf keinen Fall bleiben. Ich finde, wer so etwas wie die G20-Krawalle unterstützt, der hat sein Recht verspielt. Das Gebäude gehört der Stadt Hamburg, und die sollte auch was unternehmen. Abreißen muss man die Flora aber nicht gleich. Eine kulturelle Einrichtung fände ich sinnvoll.
Jutta Franck, Ladenbesitzerin in der Schanze.
Die Leute von der Roten Flora sagen, sie hätten mit den Krawallen am G20-Wochenende nichts zu tun gehabt, aber eingeschritten sind sie auch nicht. Das werfe ich ihnen vor! Aus der ganzen Wut heraus sagt man da also erst mal: ‚Weg!’. Die Rote Flora sollte meiner Meinung nach politisch gemäßigter werden. Ein schönes Stadtteilzentrum, für alle, ohne politische Kampagnen – das fände ich gut.
Ja, die Rote Flora soll bleiben. Sie gehört einfach schon ins Stadtbild der Schanze rein und ist als kultureller und politischer Treffpunkt wichtig. Warum sollte man das unterbinden, nur weil es manchen gerade nicht in den Kram passt?
Franke und Martin, Anwohner.
Selbstverständlich sollte die Flora bleiben. Wenn jemand geht, dann Scholz und Dudde, und der Grote gleich dazu.
Ja. Die Rote Flora gehört einfach dazu, egal wer Schuld für die Krawalle war und wer nicht.
Lena arbeitet in der Schanze.
Nein, sie sollte nicht bleiben. Man sollte linksextremistischen Sammelpunkten wie der Flora keinen Raum geben. Ich denke, in einer anderen Stadt wären die G20-Proteste nicht so eskaliert. Die Idee mit dem Kindergarten finde ich aber nicht schlecht.
Die Flora soll auf jeden Fall bleiben. Ich finde es problematisch, dass die gewalttätigen Randalierer pauschal als links bezeichnet werden. Sicherlich waren da welche dabei, die links wählen, aber die kamen auch aus ganz Europa hier her. Die Leute, die hier in der Schanze randaliert haben, waren größtenteils die Verlierer unserer Gesellschaft, die man nicht mit der Schanze assoziieren, sondern eher auf einem Bushido-Konzert treffen würde. Das ganze jetzt der Roten Flora zuzuschieben halte ich für sehr kurz gedacht und eine große Pauschalisierung.
Warum sollte sie denn nicht bleiben? Erst einmal muss geklärt werden, ob die Leute, die hier so Krawall gemacht haben, überhaupt aus dem Umkreis der Roten Flora kamen oder nicht. Bis jetzt ist das einfach nur eine pauschale Verurteilung der Leute dort.
Was denkt ihr? Statements unserer Leser
Wir schließen ja auch nicht das Kanzleramt, wenn mal wieder ein Milliarden Eurowert von Rüstungsexporten ins außereuropäische Ausland geliefert werden. Dort vor allen Dingen vermehrt in so genannte Drittstaaten, also die weder EU noch NATO Mitglied sind. Im Jahr 2015 waren es nach statista.de über zwei Milliarden Euro an Gesamtexporten. Nun erteilt die Bundesregierung diese Aufträge und besitzt dort auch eine Verantwortung, wenn so und so viele Handfeuerwaffen in den Besitz von potentiellen Gewalttätern gelangt.
Am 10. Juli 2017 betont jedoch Angela Merkel in Rostock getrost die Bedeutung des Freihandels für Deutschland. Also für meinen Teil erlebe ich die Flora als eine kulturelle Institution zur Konfliktvermeidung und ein politisches Sprachrohr gegen die alles vereinahmende Wirtschaftspolitik, im Zeichen des Wohlstands. Und zur obersten Priorität der Polizei gehörte nunmal der Schutz der Delegationen, welche dieses materielle Wohlstandsziel weiterhin verfolgen wollen, auch vor dem Schutz des Bürgers in der Schanze und Altona, besonders am Freitag, den 7.Juli. Opportunismus und Karrieregeilheit sollten nicht belohnt werden.
Flora muss bleiben.
Jonas, Karoviertel
Erst wenn der letzte Molli-Werfer seine Calvin-Klein-Unterhose auszieht,
erst wenn die letzte Antifa-Frau ihr McDonalds-Menü wegwirft,
erst wenn der letzte Hamburger Polizeidirektor die Entgegensetzung von böser Antifa und bravem Schanzen-Bewohner einmottet,
wird man bemerken, dass mit der Schließung der Roten Flora die inneren Widersprüche zwischen westlichen Werten und menschenverachtender Globalisierung nicht aufgelöst sind.
Hans-Jörg Kapp, Regisseur
Es hat schon etwas Schizophrenes, wenn in den Debatten Mitgefühl mit den Anwohnern wegen der Zerstörungswut geäußert wird. Man im gleichen Atemzug die Räumung der Flora, die nächste Apokalypse für die Anwohner fordert.
Stephan Schmidt
Während Hamburg unter der Beton-Regierung von Scholz und Grün dahindämmert und Deutschland sich der Einlullung via Merkel ergibt, sind Orte wie die Flora heute wichtiger denn je.
Die Flora als Krawallzentrum abzutun, greift viel zu kurz: Hier wird vor allem politisch abseits der von SchwarzRotGelbGrün vorgegebenen Pfade diskutiert (etwas, das auch im politischen Mainstream mal wieder eine gute Idee wäre). Aber das ist längst nicht alles: Es gibt dort Angebote auch und gerade für Menschen, die am „Uns geht es gut“-Wohlstand nicht teilhaben, von Fahrradselbsthilfewerkstatt bis Volxküche. Auch als Kulturzentrum leistet die Flora einen wichtigen Beitrag für ein vielfälitges Hamburg abseits von Elphi-Götterfunken, eher schlichten Musicals und Urinale, pardon, Schlagermove für die Pinkelprinzen.
Die, die jetzt eine Schließung fordern, bevor die Hintergründe der Schanzenkrawalle aufgeklärt wurden (darunter irriterenderweise die bayrische CSU), agieren populistisch und versuchen, eine Klientel zu befriedigen, die man politisch lieber weiträumig umfahren sollte, um Bumerang-Effekte zu vermeiden: die Wutbürger.
Natürlich muss die Flora ihre Position zu den G20-Ereignissen in der Schanze klären, aber damit sind sie bei weitem nicht die einzigen. Anders als bei “Ich verbitte mir jegliche Diskussion”-Scholz und “Alles super”-Polizeiführung dürfte dies bereits stattfinden – gewohnt engagiert und kontrovers.
Fazit: Natürlich bleibt die Flora – als lebendiges Zentrum gegen die allgemeine Volksbetäubung.
Anne Alter, früher Anwohnerin in der Schanze, heute im betulichen Eimsbüttel lebend.
Unbedingt soll die Rote Flora bestehen bleiben und die autonome Szene ist ein wichtiger Bestandteil unserer Stadt.
Ich verstehe sie als notwendigen Gegenpol zu der jetzigen Politik, die auf Wirtschaft und Wachstum setzt und Themen wie Entwicklungshilfe und Klimaschutz nur am Rande streift.
Außerdem bietet die rote Flora Raum für Kultur, Austausch, Selbsthilfe und politische Aufklärung.
Dass Menschen, insbesondere junge Menschen an den Folgen der Globalisierung verzweifeln, wozu Armut und Kriege in Drittländern gehören, finde ich nur zu verständlich.
Die gewalttätigen Ausschreitungen um den G20 Gipfel herum sind viel zu früh und übereilt bewertet und der linken Szene zugeschrieben worden.
Andrea Krause, 54 Jahre aus Stellingen
Es heißt, die Oper ist erst zu Ende, wenn die dicke Frau aufhört zu singen. Ich persönlich glaube, sie singt gerade mal die Ouvertüre.
Meint:
Von einer umfassenden und ehrlichen Aufarbeitung sind wir alle meilenweit entfernt. Ich bin auch nicht sicher wie eine solche Aufarbeitung überhaupt gelingen soll, wenn es lediglich einen Sonderausschuss, ein zahn- und im Prinzip gefahrloses Gremium, aber keinen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben wird. So ja jedenfalls Stand heute.
Es sind nicht nur die Krawalle, die naturgemäß die Medien dominieren, aufzuklären, sondern die Gesamtheit der Geschehnisse vor und während des Gipfels zu betrachten. Wer jetzt in einem Beißreflex die Schließung der Flora fordert oder jenen, die sich mit ihr solidarisieren, Konsequenzen androht, denkt zu kurz.
Tatsächlich muss auch über die Rolle der Flora gesprochen werden, zweifellos. Eine Schließung aber halte ich für den grundfalschen Ansatz, insbesondere weil die Ereignisse eben noch nicht mal im Ansatz aufgeklärt sind.
Im Übrigen muss und sollte eine Demokratie Anders-Denken und alternative Lebensentwürfe aushalten.
Besonders in einer Zeit, in der es offenbar en vouge ist, die einfachste Lösung für komplexe Fragestellungen zu finden.
Insofern: Flora bleibt.
Sarah McHardy