Schauspielerin Jasmin Shakeri: „Ich habe keine Angst“

Die Berlinerin Jasmin Shakeri ist ab dem 2. Januar 2025 neben Laura Tonke, Ronald Zehrfeld und anderen im Ensemblefilm „Feste & Freunde“ zu sehen. Ein Gespräch über Mut und die schönste Erfindung der Welt
Von der Musikindustrie zur Schauspielerei: Jasmin Shakeri (©Avelina Boateng)

SZENE HAMBURG: Jasmin, wenn man so von außen auf dich und deine Karriere schaut, muss man sagen: Läuft bei dir.

Jasmin Shakeri: Ja, ich bin ganz schön beschenkt.

Vor allem gegen alle Regeln: Du bist eine Frau mittleren Alters, hast persische Wurzeln …

Das stimmt. Ich habe als Jugendliche schon mal geschauspielert, aber dann hat die Musik mein Herz erobert, sodass ich den Fokus darauf gelegt habe. 2017, da war ich 38, habe ich dann Freunden erzählt, dass ich voll Bock auf Schauspiel hätte und das gerne noch mal ausprobieren würde. Meine Freunde waren alle sehr unterstützend, aber wenn ich Leuten aus der Branche davon erzählt habe, hat man denen richtig angesehen, wie die gedacht haben: Sorry, aber als ob die Welt auf eine Frau gewartet hätte, die bald vierzig wird und es jetzt noch mal mit der Schauspielerei versuchen will. Ich fand das aber total unlogisch. Es gibt ja Figuren, die so alt sind und so aussehen wie ich. Und ich muss sagen: Es ist schon fast ein bisschen gruselig, wie gut das funktioniert.

Es ist schon fast ein bisschen gruselig, wie gut das funktioniert.

Jasmin Shakeri

Zumal du dich nie verstellst, stets eine starke eigene Meinung vertrittst und dich stark gesellschaftlich und politisch engagierst.

Ich habe selbst lange gedacht, dass man tunlichst nirgendwo anecken, sich möglichst konformistisch geben und keine politische Meinung äußern sollte. Ich habe aber das Gefühl: Gerade weil ich das tue, läuft es so gut bei mir; weil die Leute wissen, was sie bekommen, wenn sie mich für ein Projekt engagieren. Ich habe ja auch keine Agentur, die für mich spricht. Dadurch kommen die Leute mit einem ähnlichen Mind State auf mich zu, während die anderen wissen, dass sie einen vor den Latz bekämen – und deshalb gar nicht erst anfragen. (grinst)

Jasmin Shakeri: Interpretin ihrer eigenen Texte

In einem alten Interview, das du vor einigen Jahren zur ersten Staffel von „Deadlines“ gegeben hast, hast du noch gesagt, dass du dich selbst nicht als Schauspielerin bezeichnen würdest. Das hat sich seither offensichtlich verändert. Wann ist das passiert?

Was eine Schauspielerin aus meiner Sicht ausmacht, ist die Fähigkeit, zumindest nicht immer nur sich selbst zu spielen. Das konnte ich mir noch nicht wirklich beweisen. Aber ich lebe inzwischen von der Schauspielerei. Das war und ist in der Musik aber nicht anders. Man muss sich ja irgendwie beruflich erkennbar machen. Aber mich als Künstlerin zu bezeichnen, finde ich schwierig.

Warum?

Ich habe mich nie als wahnsinnig virtuose Sängerin wahrgenommen, eher eine gute Interpretin meiner eigenen Texte. Deshalb habe ich mich nie als Sängerin bezeichnet.

Da scheinst du aber fast unerfüllbar hohe Ansprüche an dich selbst zu haben.

Ja, das mag stimmen. (lacht) Irgendwann muss man sich halt als das bezeichnen, was man beruflich macht. Meiner Ansicht nach wird aber sowohl um das Berufsfeld Schauspiel als auch in der Musik immer zu viel Bohei gemacht. Es gibt in unserer Gesellschaft die Tendenz, diese Berufe so hochzustilisieren. Dabei ist das nicht immer automatisch was Besonderes.

Mich als Künstlerin zu bezeichnen, finde ich schwierig

Jasmin Shakeri

Also empfindest du deine Berufe nicht als Berufung?

Es hat sich viel relativiert. Letztens meinte meine Mutter zu mir, sie hätte gelesen, Jennifer Lopez hätte für einen siebenminütigen Auftritt 15 Millionen Dollar bekommen. Jetzt stell dir mal vor, du bist ein Arzt, der in Gaza Kinder zusammenflickt, und würdest für sieben Minuten 15 Millionen bekommen – das wär doch mal was. Das ist ja alles überhaupt nicht mehr verhältnismäßig. Aber insofern kann gar kein krasser Hype um meine Person entstehen, weil ich die ganze Zeit denke: Wenn du an einem Tag eine Gage bekommst, die so hoch ist wie das, was mein Vater in einem Monat als Ingenieur verdient hat, dann hältst du einfach deine Klappe und machst gefälligst drei Kreuze. (lacht)

Da kommt dir aber bestimmt auch zugute, dass du in einem anderen Bereich vorher schon viele Erfahrungen gesammelt hast und eben nicht mehr Anfang zwanzig bist, sodass du mit einer ganz anderen Lässigkeit an die Dinge herangehst.

Ja, zu 100 Prozent. Auch zu wissen: Wenn man mir das wieder nähme, würde es weitergehen. Man muss alles in Relation sehen. Ich bin Mitte vierzig und weiß, das meine Schönheit jetzt eine ANDERE ist. Ich sage das bewusst: ANDERS. Die Schönheit vergeht im Alter nicht. Sie verändert sich.

Jasmin Shakeri über ein glückliches Leben 

Seit dem 2. Januar 2025 im Kino: „Feste & Freunde“ (©Leonine)

Ein zentraler Satz in „Feste & Freunde“ lautet: „Es ist bewiesen, dass Menschen am Ende ihres Lebens glücklicher sind, je mehr Zeit sie mit ihren Freunden verbracht haben.“ Kannst du dazu relaten?

Ja, absolut. Ein glückliches Leben ohne meine Freunde ist für mich nicht vorstellbar. Diese frei gewählte Form der Beziehung ist ja die schönste Erfindung der Welt. Dass es Leute gibt, mit denen man Bock hat, Zeit zu verbringen, die einen herausfordern, die es gut mit einem meinen, die einen kritisieren, an denen man wachsen kann. Besser geht’s nicht.

Welches sind für dich die ausschlaggebenden Kriterien, um ein Filmprojekt spannend zu finden?

Ich habe mich dabei erwischt, wie ich eine Zeit lang meinen eigenen Eitelkeiten unterlegen bin, weil ich das Gefühl hatte: Wenn mich jemand total feiert und unbedingt mit mir arbeiten will, dann wird der mich auch geil inszenieren. Dadurch habe ich manchmal vergessen darauf zu achten, ob mich eine Rolle wirklich interessiert. Es ist ja wahnsinnig eitel, wenn es einem reicht, dass einen jemand abfeiert. Daher versuche ich jetzt immer darauf zu achten, dass ich Bock auf den künstlerischen Ansatz einer Person habe. Gleichzeitig gehe ich so was aber auch pragmatisch an: Ich engagiere mich ja viel, für Tierschutz, Menschenrechte, und wenn ich ein Projekt mache, dass mir Geld bringt, kann ich dadurch wiederum Dinge finanzieren, die mir wichtig sind. Insofern mache ich manche Jobs auch einfach nach dem Robin-Hood-Prinzip.

Als du 2023 den Filmpreis moderiert hast, hast du dabei auch ein paar provokative Statements gedroppt, bei denen ich mich gefragt habe, wie gut das den alten weißen Männern vom ZDF wohl gefallen hat.

So schlimm können die das nicht gefunden haben, denn ich hatte vom ZDF danach wiederholt Anfragen, ob ich das noch mal machen möchte. Aber ja, einige Sprüche hatten es durchaus in sich.

Ich habe mich dabei erwischt, wie ich eine Zeit lang meinen eigenen Eitelkeiten unterlegen bin

Jasmin Shakeri

Spricht für das ZDF, dass sie damit offensichtlich d’accord waren.

Das Geheimnis war, dass ich eher zitiert und nicht interpretiert habe. Als herauskam, dass Döpfner in privaten Nachrichten alle Moslems pauschal als Gesocks und alle Ostdeutschen als Faschos abgestempelt hat und ich dann zu Sandra Hüller und Albrecht Schuch, die beide aus Thüringen kommen, gesagt habe: „Ey, mal unter uns: Von Ossi zu Nah-Ossi, von Fascho zu Gesocks“ – da war das im Grunde ja nur ein Zitat …

… womit dir niemand an den Karren fahren konnte, meinst du?

Ja, nicht so richtig. Denn wenn du das Gesagte nur wiederholst und in einen Kontext setzt, entlarvst du die undifferenzierte Absurdität einer Aussage, ohne das noch groß kommentieren zu müssen. Meine Mutter hat immer gesagt: Wenn du für Menschenrechte sprichst und nicht für eine Partei oder eine Regierung, dann bist du eigentlich nicht angreifbar. Hinzu kommt: Ich habe keine Angst. Und ich glaube, das merkt man.

Feste & Freunde – Ein Hoch auf Uns von David Dietl. Mit Jasmin Shakeri, Laura Tonke, Ronald Zehrfeld. 107 Min. Seit dem 2. Januar 2025 im Kino

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 01/2025 erschienen. 

Abonniere unser
"Heute in Hamburg"
Update per E-Mail, WhatsApp oder Telegram!

Die spannendsten Events in der Stadt und das Neueste aus der Hamburger Gastro- und Kulturszene. Wir halten dich auf dem Laufenden. 😃

👉 Stattdessen via Messenger abonnieren

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.

Abonniere unseren Newsletter!

Erhalte jeden Tag die besten Empfehlungen für deine Freizeit in Hamburg.

Unsere Datenschutzbestimmungen findest du hier.

#wasistlosinhamburg
für mehr Stories aus Hamburg folge uns auf