„State of Affairs“: Das Theaterstück der Stunde

„State of Affairs“ am Thalia Theater stellt in großartiger Manier die Frage: Kann Theater Katastrophen verhindern?
Im quietschbunten Zwirn die Welt retten: „State of Affairs“ (©Krafft Angerer)

„Dann müssen wir jetzt also die Welt retten …“, sagt eine Zuschauerin beim Verlassen des Theaters, im amüsierten Tonfall, aber mit ernster Miene. Damit resümiert sie den soeben erlebten 90-minütigen Abend perfekt: „State of Affairs“ fordert tatsächlich dazu auf, Gewalt und Kriege zu verhindern! Das klingt platt  – aber die jüngste Uraufführung im Thalia Theater ist alles andere als das. Die in Berlin lebende Israelin Yael Ronen hat (gemeinsam mit Roy Chen) ein aberwitziges und kluges Stück geschrieben, das sie auch selbst inszenierte. Darin lässt sie einen Zeitreisenden aus der Zukunft im Hier und Jetzt landen, im Thalia Theater des Jahres 2024. In das gerade zu probende Stück greift der ungebetene Gast ein, er will es dahingehend verändern, dass es nicht jenen (aus seiner futuristischen Weitsicht) katastrophalen Einfluss auf die nächsten Generationen, gar die gesamte Menschheit haben wird. Alternative Vorschläge zum Umschreiben des Dramas kommen unmittelbar aus der fernen und dadurch schlaueren Zukunft, doch leider ist die überarbeitete Fassung weder komplett noch in der richtigen Reihenfolge.

Großartige Situationskomik

Das hindert die Schauspieltruppe nicht an einer unmittelbaren Umsetzung der korrigierten Version – mit den entsprechenden Handicaps und Unschlüssigkeiten, die großartige Situationskomik provozieren. Somit spielen die vier Ensemble-Mitglieder einerseits sich selbst – also Maja Beckmann, Nils Kahnwald, Tim Porath, André Szymanski – , andererseits übernehmen sie Rollen des Spiels im Spiel: eine Verlegerin, die sich mit ihrem Autor überwirft, der wiederum vom Zeitreisenden zum Umschreiben genötigt wurde. Und dann gibt es noch den Erzähler, dessen Name Siegfried Sassoon auf jenen Schriftsteller verweist, der im Ersten Weltkrieg vom begeisterten Soldaten zum Kriegsgegner wurde. Er hat es damals begriffen. Das müsste doch heute auch möglich sein. Begeisterter Beifall für das Stück der Stunde. 

„State of Affairs“ ist noch bis zum 9. Juli 2024 am Hamburger Thalia Theater zu sehen

Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 06/2024 erschienen.

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