„Ich arbeite als Filialleitung in der Gastronomie in St. Georg. Ich liebe diesen Stadtteil mit seiner Mischung aus Toleranz und Vielfalt, in der sich die verschiedensten Menschen und Geschäfte zu etwas Tollem verbinden – ein Ort, an dem nicht nur entweder das eine oder das andere geht. Das passt zu mir, denn wenn ich mich Leuten vorstelle, kann ich eigentlich nie sagen: ‚Ich bin Beke und mache diese eine Sache.‘ Ich bin Künstlerin und Musikerin, male Ölgemälde und spiele Synthesizer in einer Band. Außerdem bastle ich an Fahrrädern und mache viel Sport. Mein Vollzeitjob finanziert mir das Ganze.
Kreativer Scheiß und Struktur
Manchmal denke ich: ‚Kann ich überhaupt diese eine Sache so richtig gut?‘ Vielleicht nicht, aber ich bin mittlerweile von dem Gedanken weg, dass ich das müsste. Ich glaube, viele Menschen arbeiten auf diesen einen Job, dieses eine Haus, diese eine Familie und dieses eine Auto hin. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich mag es, an dem einen Abend mit verrückten Künstler*innen Bier zu trinken, kreativen Scheiß zu bereden und ein ungesundes Leben zu führen. Aber ich mag es auch, einen strukturierten Job zu haben, regelmäßig ins Gym zu gehen und nicht jede Nacht bis drei Uhr zu malen und mich der Ekstase hinzugeben. Ich brauche den Perspektivwechsel.
„Es kann fluent sein“
Früher habe ich sehr darunter gelitten, dass sich nicht dieser eine Weg für mich abzeichnete. Ich fand das furchtbar. Alle hatten irgendwann mit 15 ihre ersten Boyfriends, während ich merkte: ‚Ich mag Jungs richtig gerne, aber ich steh vielleicht auf Frauen.‘ Ich dachte immer, ich müsse mich für den einen Studiengang, den einen Beruf entscheiden. Auch wenn ich heute selbstsicher wirke, fällt es mir schwer, mich davon zu lösen. Ich habe gelernt, zu akzeptieren, dass dieses Sich-Festlegen nicht sein muss. Es kann fluent sein. Jeden Tag zu nehmen, wie er kommt und all seinen Interessen nachzugehen ist zwar komplizierter, aber auf lange Sicht hat man so zumindest das Gefühl, sich nie eingeschränkt zu haben.“