Andrea: „Glück ist, sich selbst aushalten zu können“

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Andrea hatte vor 16 Jahren ein einschneidendes Erlebnis. (Foto: Max Nölke)

Tagein, tagaus wirbeln knapp zwei Millionen Menschen durch Hamburg. Wir fischen sie für einen Moment aus ihrem Alltag und lauschen ihren Geschichten. Diese Woche sind wir Andrea begegnet.

Protokoll: Max Nölke

„Als mein Vater 2005 starb, hatte ich ein Gefühl von ‚Jetzt ist es soweit. Jetzt bin ich endgültig für mein Leben zuständig. Jetzt ist niemand mehr da, der mich auffängt‘. Meine Mutter war schon früh gestorben und ohne Eltern auskommen zu müssen, hat mich sehr gebeutelt. Ich war orientierungslos.

Damals hatte ich einen Freund in Indien und das Gefühl, ich muss da jetzt hin. Dann bin ich für vier Wochen nach Indien gereist und dort in ein Achtsamkeitsseminar gestolpert. Dort habe ich erkannt, dass man zwischen einer Situation und sich selbst Raum schaffen kann. Heute weiß ich, dieser Meditationslehrer hat mein Leben nachhaltig verändert.

Als ich damals zurück nach Hamburg gekommen bin, war das sensationell. Ich habe seinerzeit schon in einer Führungsposition in der Werbebranche gearbeitet, das mache ich heute noch. Ich hatte immer gelernt, über Macht und Aggression zu führen. Und auf einmal habe ich angefangen, anders zu denken. Ruhiger, aus anderen Perspektiven. Da dachte ich: Wow, diesen Meditationskram liest man nicht nur in Büchern, das funktioniert wirklich.

„Ich lebe frei“

Ich hadere häufig noch mit mir und bin mir gegenüber härter als anderen. Ich kann über Situationen oder Inkonsequenzen anderer lachen, bei mir bin ich hingegen sehr brutal, abkantend, fast bestrafend. Daher halte ich es für ein großes Glück, sich selbst aushalten zu können.

In kurzen Phasen bin ich schon auch mit mir im Frieden. Jetzt gerade zum Beispiel finde ich es ganz bezaubernd, hier auf der Alsterbank in der Sonne zu sitzen, dieses Buch zu lesen, das ich geschenkt bekommen habe. Es ist so lala, dafür stillt es meine Alpen-Sehnsucht.

Dann und wann vermisse ich nämlich meine oberbayerische Heimat, die Berge, die Biergärten. Aber ich lebe in Hamburg freier, als ich es je dort getan habe. Diese Mia-san-Mia-Mentalität ist mir schon als Kind auf die Nerven gegangen. Jeder hat eine Lebensberechtigung, aber bitte nicht bei uns, oder was? Ich wollte immer in Hamburg leben und arbeiten. Und was soll ich sagen: Hier bin ich.“

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