Tagein, tagaus wirbeln knapp zwei Millionen Menschen durch Hamburg. Wir fischen sie für einen Moment aus ihrem Alltag und lauschen ihren Geschichten. Diese Woche sind wir Gündogan begegnet.
Protokoll: Max Nölke
„Meine Frau ist zuckerkrank, ich bin alt, unsere Kinder sind aus dem Haus. So spielt die Zeit, es ist normal. Vor 30 Jahren sind wir aus der Türkei gekommen, der Rest meiner Familie lebt noch in unserem Dorf – 600 Kilometer von Istanbul entfernt.
Meine beiden Söhne arbeiten hier in Hamburg bei der Hochbahn, fahren U- und S-Bahnen. Als ich nach Hamburg kam, habe ich angefangen für eine Eisfirma zu arbeiten, später dann 15 Jahre Tofu und Soja für ein chinesisches Unternehmen produziert, heute bin ich bei der Stadtreinigung.
Ich habe außerdem eine Tochter und sieben Enkelkinder. Einer von ihnen ist vor kurzem 18 geworden. Er spielt sehr gut Geige. Manchmal gibt er Konzerte, dann mache ich eine Flasche Raki auf, dazu gibt es Salat und guten Fisch. Es fühlt sich an wie zu Hause in der Türkei.
Zurück nach Hause
Wenn Recep Tayyip Erdoğan weg ist, werde ich zurückgehen. Aber so lange er an der Macht ist, kann ich nicht. Dieser Mann ist schrecklich, ein Idiot, der mit dem Kopf im Osmanischen Reich ist. Die Türkei muss wieder demokratisch werden. Es braucht jemanden wie Mustafa Kemal Atatürk, er war ein Demokrat und hat unser Land vorwärts gebracht. Erdoğan reißt es runter.
Aber ich bleibe zuversichtlich: Irgendwann geht es zurück nach Hause, dann sehe ich meine Schwestern und Brüder wieder, baue endlich unser Haus fertig, mache eine Flasche Raki auf und schaue aufs Wasser.“