Tagein, tagaus wirbeln knapp zwei Millionen Menschen durch Hamburg. Begleitet von hvv switch fischen wir sie für einen Moment aus ihrem Alltag und lauschen ihren Geschichten. Diese Woche sind wir Mike begegnet.
Protokoll: Kevin Goonewardena
„Dieser etwas inflationär gebrauchte DIY-Begriff, zieht sich nicht nur seit zwanzig Jahren durch mein Leben. Der Gedanke dahinter ist mein Motor und die dazugehörigen Werte mein Kompass. Eine Orientierungshilfe für das eigene Leben und das Zusammenleben mit anderen. Ich ziehe aus der DIY-Szene den Antrieb, das zu tun, was ich tun will und möchte meine eigenen Regeln und das Tempo bestimmen.
Ich bin also ein Macher, ohne jetzt Bezos, Musk oder Maschmeyer zu sein. Für mich steht das DIY-Prinzip, also ‚Do it yourself‘, im Kontext von Punk- und Hardcoremusik. In dieser Szene ist das selbst organisieren von Konzerten, Herstellen von Magazinen am Kopierer oder das Herausbringen von Musik ohne Plattenfirma im Rücken immer auch das gewesen, was vieles erst möglich gemacht hat. Entweder man hat selbst was auf die Beine gestellt oder es hat halt niemand gemacht. Das ist eine ganz wichtige Lektion für das Leben.
Auf dem Land groß geworden
Als ich Mitte der Zweitausender Jahre als Teenager im Saarland aufwuchs, da war es normal, immer zehn, fünfzehn Konzerte jedes Wochenende im Umkreis von dreißig, fünfzig Kilometern besuchen zu können. Konzerte gab es in jedem Kaff. Wir sind einfach ins Auto und an einem Abend zu zwei oder drei Konzerten, später sind wir auch weiter gefahren, nach Mainz oder rüber nach Frankreich. Die Bands der Zeit, das, was sie verkörpert haben, das hat mich fasziniert. Ich wollte schnell auch Dinge ‚Selber machen‘, also in erster Linie Konzerte veranstalten. Das habe ich dann auch getan: Fjort zum Beispiel, Toxoplasma – eine legendäre Deutschpunkband der frühen 80er – oder Escapado hier aus dem Norden, und viele andere…
Arbeiter im Hintergrund
Das liegt mir mehr, ich habe mich nie auf der Bühne gesehen. Ich wollte immer im Hintergrund sein als der, der organisiert. Eine Zeit lang liefen die Shows auch ganz gut. Aber gerade im Saarland, wo insgesamt nicht viel los ist, ging die Rechnung auf Dauer nicht auf. Ich bin dann nach Mainz, wo ich studiert habe und feststellen musste, dass dort alles ein wenig anders lief. Einfach so was organisieren, das war nicht mehr möglich. Da hieß es dann: Plenum hier, Sitzung dort. Als der Kassetten-Hype einsetzte, habe ich begonnen, Tapes herauszubringen und heute ist es Vinyl. Ich möchte mit dem DIY eine Botschaft weitergeben: macht einfach, traut euch! Heute arbeite ich im Musikvertrieb, schreibe für ein Fanzine und betreibe mehrere kleine Labels, wo ich die Musik von Künstlern veröffentliche, die ich gut finde. Dass ich das heute von Hamburg aus mache, ist wahrscheinlich so was wie Schicksal, wenn man die Musik-History der Stadt kennt, könnte man das schon meinen.