15.08. | Theater | Nichts. Was im Leben wichtig ist | Heckentheater

„Nichts. Was im Leben wichtig ist“ offenbart metaphorisch, was Jugendliche umtreibt, wie zerbrechlich die Bedeutung sein kann
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Ungewöhnlich ist an diesem Abend der Spielort. Das Junge Schauspielhaus führt das Repertoirestück „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ im Heckentheater vom Stadtpark unter freiem Himmel auf. Eine Möglichkeit, überhaupt wieder spielen zu können, schließlich waren während der ersten Open-Air-Vorführung im Juni die Häuser Corona-bedingt noch geschlossen.

Und eigentlich geben die Bäume und die Hecken, die den Platz kreisförmig eingrenzen, dem Stück den richtigen Rahmen. Denn in der Geschichte verlässt der 13-jährige Pierre Anthon mitten im Unterricht den Klassenraum und nistet sich in einem Pflaumenbaum ein. Der Grund: Nichts in der Welt hat für ihn eine Bedeutung. Seine Klassenkameraden wollen ihn vom Gegenteil überzeugen und fangen an, das, was ihnen am wichtigsten scheint, zu „opfern“. Jeder der Schüler ist dran und ernennt nicht nur den nächsten, sondern bestimmt auch, was derjenige hergeben muss. Es fängt mit Kleinigkeiten wie einer Angelrute an und steigert sich bis ins Absurde – zum Beispiel die Jungfräulichkeit eines Mädchens.

Der „Berg von Bedeutung“

Das Stück basiert auf dem preisgekrönten Jugendroman von Janne Teller, der zeitweise in Dänemark verboten war – aus Angst, die nihilistische Sichtweise könnte sich verbreiten. Doch die Geschichte ist vielmehr ein Diskurs über die Komplexität des Begriffs „Bedeutung“, über das, was wirklich wichtig ist und wie weit man dafür gehen würde.

Teller hinterfragt Haltungen und Verhalten, wobei jeder auf sich zurückgeworfen und gleichzeitig vom Gruppenzwang getrieben wird. Unter dem Deckmantel, den „Berg von Bedeutung“ aufzuschichten, um Pierre Anthon vom Baum herunterzuholen, nutzen die Teenager die Situation, um sich an ihren Mitschülern zu rächen: für Missgunst, verletzte Gefühle durch zerbrochene Freundschaften und Verrat. Nach dem Motto: Wenn ich meine Lieblingssandalen hergeben muss, muss der Nächste seine Finger opfern, damit er nicht mehr Gitarre spielen kann.

Die Inszenierung von Klaus Schumacher, Leiter des Kinder- und Jugendtheaters am Schauspielhaus, ist reduziert, die Schauspieler überzeugend und auch zwischen den emotionalen Peaks gelingt es dem Stück, über rund 70 Minuten die Spannung zu halten. Am Ende bleibt ein mulmiges Gefühl. „Nichts. Was im Leben wichtig ist“ offenbart metaphorisch, was Jugendliche umtreibt, wie zerbrechlich die Bedeutung sein kann – und die Untiefen in den Menschen, die Grenzen vergessen lassen und nach einem Ventil suchen.

/ HB

Heckentheater
15.8.2020, 18 Uhr


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15. August 2020
17:51
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