(8.10.) Theater, „Tartare Noir“, Schauspielhaus, 19 Uhr

Heute wird's blutig im Schauspielhaus: „Tartare Noir“ ist eine rabenschwarze Endezeit-Groteske und die Kritik an einer verlorenen Gesellschaft.

Es ist Nacht, unheimliche Geräusche und Musik lassen keinen Zweifel daran, dass Schreckliches passieren wird. Ein ganzes dreistöckiges Mietshaus (Ausstattung: Johannes Schütz) hat Karin Beier für ihre Uraufführung auf die Bühne gebracht. „Tartare Noir“ ist nach Gruselgeschichten aus dem 19. Jahrhunderts des Engländers Thomas Peckett Prest entstanden.

Lauter seltsame Bewohner leben in dem halb verfallenen Gebäude: die selbstverliebte Besitzerin, die sich zur Diva stilisiert, eine schwangere Familienmutter, die meist im Bademantel und mit entblößter Brust herumläuft, während Putz von der Decke rieselt, oder Nachbar Horst, den keiner versteht. Auch andere nuscheln Unverständliches in so mancher Slapstick-Situation.

Foto: Thomas Aurin

Diese absurd-schrille Szenerie erinnert an den französischen Spiel lm „Delicatessen“ (1991), und auch in Beiers Groteske kommt ein neuer Hausmeister in die marode Bruchbude und soll noch einen ganz anderen Zweck erfüllen. Inzwischen verteilt der Schlachter (brutal und splattermäßig: Ernst Stötzner) unten in seiner Metzgerei das Fleisch. Die Hausbesitzerin bekommt das Filet, andere müssen sich ihren Teil mühsam erbitten.

Eine blutige Gesellschaftskritik

Deutlich gesellschaftskritische Akzente werden im zweiten Teil der zunehmend düsteren Handlung gesetzt, nachdem sich der Schlachter als skrupelloser Serienkiller geoutet hat. Die scheue Edith (Angelika Richter) und Hausmeister Edgar (Lars Rudolph), die sich als Einzige zivilisiert verhalten, werden gefesselt und eingesperrt. Alle anderen frönen nun umso gieriger ihrer Fleischeslust.

Ihr Kannibalismus ist Metapher für eine entfesselte und unmoralische Gesellschaft, die nicht mehr zu retten ist. Das spielfreudige und gut aufeinander abgestimmte Schauspielhaus-Ensemble präsentiert eine blutig-unappetitliche Endzeitstimmung.

/ Angela Kalenbach / Foto: Sinje Hasheider (O), Thomas Aurin (U)

Deutsches Schauspielhaus
8.10.17, 19 Uhr

Details
08. Oktober 2017
03:47
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