Ein mächtiger Baumstamm ragt hinter der erhöhten Spielfläche empor, abgestorben wie die glückliche Liebe zwischen Martha und George: Devid Striesow als erfolgloser Geschichtsprofessor und Maria Schrader als Tochter des Universitätsdekans versprühen Gift und Galle in Karin Beiers Inszenierung von Edward Albees Eheschlacht „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“. Angetrunken von einer Feier, hat Martha den jungen Biologieprofessor Nick und seine Frau „Süße“ eingeladen – als ahnungsloses Publikum für die bitterböse Komödie, die die seit über 20 Jahren Verheirateten, angeödet von ihrem unerfüllten Leben, vor den beiden Gästen aufführen.
Striesow trumpft als George mit einer doppelbödigen Boshaftigkeit auf, an der der Zuschauer seinen Spaß hat, und verwischt mit ironisch ausladenden Gesten die Grenze zwischen Wahrheit und freier Erfindung ebenso wie Schraders Martha, die vor keiner Lüge zurückschreckt, sofern sie ihrem Gatten damit nur demütigen kann.
Der Bourbon fließt in Strömen, man tanzt beim dialogischen Schlagabtausch zur Jazzmusik waghalsige Figuren und zieht das junge Paar in die eigene Kampfzone hinein. Erst am Ende beginnt Nick (Matti Krause) das Spiel zu durchschauen. Da hat er bereits ein rachebedingtes Schäferstündchen mit Martha hinter sich, von dem die sturzbetrunkene „Süße“ nichts mehr mitbekommen hat. Josefine Israel spielt hier dankenswerterweise nicht das blonde Dummchen, sondern eine Frau, die an der bissigen Posse von Martha und George sogar ihren Spaß hat. Das gilt auch für das Premierenpublikum, das für Beiers stringent inszeniertes Kammerspiel reichlich Applaus spendete.
/ Foto: Sinje Hasheider
Deutsches Schauspielhaus
27.2.19, 20 Uhr
Für mehr Stories aus Hamburg folge uns auf Facebook, Twitter und Instagram.