Theaterkritik: Odyssee oder das Kalypsotief im Ernst Deutsch Theater

Odyssee oder das Kalypsotief im Ernst Deutsch Theater ist ein Irrweg mit Pathos und Klamauk
Frisch vermählt: Menelaos (Julian Kluge) bekommt von Helena (Nina Sarita Balthasar) den Kopf gewaschen (©Oliver Fantitsch)

Für Geologen ist das Kalypsotief der mit 5109 Metern tiefste Punkt des Mittelmeeres. Für den Gott Poseidon ist jener Ort ein Unterwassergefängnis, in das der verhasste Odysseus gehört, so zumindest heißt es in Daniel Schütters Neuschreibung der ersten acht „Odyssee“-Gesänge frei nach Homer. Für den Besucher der Uraufführung des Stückes „Odyssee oder das Kalypsotief“ am Ernst Deutsch Theater (EDT) steht der Begriff ab sofort für einen Tiefpunkt der Antikenrezeption. Denn der Autor, der seiner Mutter Isabella Vértes-Schütter demnächst als EDT-Intendant nachfolgen wird, verwandelte den klassischen Stoff in eine ebenso seichte wie öde Mixtur aus Pathos und Klamauk, wobei die Regie (Johanna Louise Witt) diese unglückliche Paarung noch ausbaut.

Ein gelungenes, nachhaltiges Bühnenbild

Während die Helden ihr Schicksal in dramatischen Monologen beklagen – überzeugen kann dabei allein Ines Nieri als von Freiern bedrängten Penelope – stehen die Götter als Komikertruppe auf der Bühne. Da schleudert Zeus (Julian Kluge, der zudem einen eitlen Odysseus gibt) flache Witze statt sengender Blitze und Demeter (Birgit Welink) wird in einem unlustigen Versuch, Gegenwartsbezug herzustellen, als Mahnerin in Sachen Klimawandel veralbert. Blass bleibt Welink auch in ihrer zweiten Rolle als Telemake, Tochter des Odysseus, die ihren Vater suchen geht. Warum der Spross des Irrfahrers bei Schütter kein Jüngling bleiben durfte, erschließt sich nicht, auch die vorgezogene Vater-Tochter-Begegnung im Land der Phaiaken macht mit Blick auf das Gesamtepos wenig Sinn.

Gelungen ist indes das minimalistische Bühnenbild von Misha Zaikanov, in dessen Zentrum ein Kreis aus Findlingen steht. Die Bühnenelemente werden im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes weiterverwendet: Auch das Ohnsorg-Theater und der Lichthof widmen sich 2025 jeweils einer Etappe der „Odyssee“ und setzen diese in eigener Handschrift um.

Odyssee oder das Kalypsotief im Ernst Deutsch Theater, 2., 4.–6. Oktober 2024

Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 10/2024 erschienen. 

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