Tiertafel: Unterstützung für Tier und Mensch  

Die Tiertafel Hamburg e. V. unterstützt seit 18 Jahren bedürftige Haustierhalter bei der Grundversorgung ihrer Tiere. Im Gespräch erzählt Kara Schott, erste Vorsitzende der Tiertafel, warum die Organisation immer wichtiger wird und wie man sie unterstützen kann
Alle zwei Wochen versorgt die Tiertafel Hamburg bedürftige Tiere (©Tiertafel Hamburg e. V.)
Alle zwei Wochen versorgt die Tiertafel Hamburg bedürftige Tiere (©Tiertafel Hamburg e. V.)

SZENE HAMBURG: Frau Schott, wer kann zur Tiertafel kommen?

Kara Schott: Zu unserer Ausgabe können Tierbesitzer kommen, die unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten sind. Wichtig ist, dass die Tiere angeschafft wurden, bevor die Halterinnen und Halter arbeitslos geworden sind. Bei der ersten Ausgabe sollten sie auf jeden Fall alle vorhandenen Unterlagen, wie eine Sozialhilfe- beziehungsweise eine Arbeitslosenbescheinigung mitbringen. Die Unterlagen des Tieres wie einen Züchter- oder Impfpass sind wichtig, damit wir feststellen können, seit wann die Tiere bei ihnen leben. Menschen, die ihr eigenes Leben kaum oder gar nicht finanzieren können und sich trotzdem ein Tier anschaffen, unterstützen wir nicht. Oder anders gesagt: Wir unterstützen nicht, wenn Tiere unüberlegt angeschafft wurden. Denn eine artgerechte Haltung kostet Geld. Daher sollte man sich im Vorfeld gut überlegen, ob man die finanziellen Mittel hat, um ein Tier halten zu können.

Futter, medizinische Hilfe und Nachhaltigkeit

Eine Leben ohne Tiere kann sich  Kara Schott, erste Vorsitzende der Tiertafel Hamburg e. V. , nicht vorstellen (©Tiertafel Hamburg e. V.)
Eine Leben ohne Tiere kann sich  Kara Schott, erste Vorsitzende der Tiertafel Hamburg e. V. , nicht vorstellen (©Tiertafel Hamburg e. V.)

Wie wird die Tiertafel unterstützt und wie kann man die Tiertafel unterstützen?

Man kann uns auf ganz viele unterschiedliche Arten und Weisen unterstützen. Was ich aber noch einmal unterstreichen möchte: Tierschutz kostet Geld. Die Tiertafel wird immer mit Futter verbunden. Das ist auch großartig und das ist auch unsere Kernkompetenz. Wir wollen aber auch medizinisch helfen oder Spezialfutter anbieten. Das müssen wir allerdings alles zusätzlich finanzieren. Deswegen sind wir auf Geldspenden angewiesen. Medizinische Versorgung kann man etwa mit einer Tierarztpatenschaft finanziell unterstützen. Außerdem ist Nachhaltigkeit für uns ein großes Thema. Wenn beispielsweise ein Tier im Freundes- oder Bekanntenkreis verstorben ist und es noch Futter und Zubehör gibt, kann man das alles zu uns bringen. Denn an uns kann auch angebrochenes Futter und gebrauchte Leinen, Spielzeuge oder Ähnliches gespendet werden.

Das ganze Team arbeitet ehrenamtlich, wie koordinieren Sie das alles?

Wir gestalten unsere freie Zeit so, dass wir alles rund um die Tiertafel organisieren können. Vor Ort bei der Ausgabe sind immer mindestens 15 Leute und helfen. Das ist auch wichtig, etwa für den Aufbau oder beim Schleppen der schweren Futterkisten. Wir haben aber auch Helfer und Helferinnen hinter den Kulissen. Ein Teammitglied holt zum Beispiel Futterspenden von den Leuten zu Hause ab, die es nicht zur Ausgabe schaffen. Meine Stellvertreterin sitzt im Backoffice und ist für die E-Mails, Telefonate und Finanzen zuständig. Uns bei der Ausgabe zu unterstützen, kann mental sehr fordernd sein. Regelmäßig werden wir direkt mit tragischen Schicksalen der Tierhalter und deren Tieren konfrontiert. Das kann nicht jeder so gut ertragen. Momentan unterstützen uns zum Glück regelmäßig genug Helferinnen und Helfer, die mit diesen Situationen gut umgehen können.

500 Tiere mehr als vor der Pandemie

Welches ist Ihr schönstes Tiertafel-Erlebnis? 

Wir sind nicht nur für die Tiere da, sondern auch für die Menschen. Das liest man nicht unbedingt aus unserem Namen heraus, aber in der Praxis ist es einfach so. Mit der Tiertafel schaffen wir es ganz oft, Leute aus ihrer prekären Lebenssituation rauszuholen. Wir entlasten sie durch unsere Unterstützung, weil sie sich dann keine Sorgen mehr darum machen müssen, dass es ihren Tieren gut geht. So können die Tierbesitzer sich um ihre Probleme kümmern. Das ist eigentlich das, was ich am allerschönsten finde.

So ist etwa Ende letzten Jahres ein Mann mit seinem Hund zu uns gekommen. Er war Berufskraftfahrer, ist dann in den Alkoholismus reingerutscht, hat seinen Job verloren und dann ging das ganz steil nach unten. Bis er schließlich mit seinem Hund obdachlos geworden ist. Sein Hund hatte ein großes Geschwür im Nacken. Der Mann hatte kein Geld für eine Operation. Als er dann zur Tiertafel kam, haben wir ihm die Operation durch Spenden ermöglichen können. Jetzt ist der Hund wieder kerngesund. Und der Mann hat mittlerweile wieder einen Job und eine Wohnung. Der Grund, warum ich diese Geschichte erzähle: Sie zeigt, wie fundamental für viele Menschen ihre Tiere sind. Wenn wir es schaffen, dass es den Tieren gut geht, dann besteht die Chance, dass es auch ihren Besitzerinnen und Besitzern besser geht.

Wir sind nicht nur für die Tiere da, sondern auch für die Menschen

Kara Schott, Tiertafel Hamburg e. V. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Tiertafel?

Ganz konkret wünsche ich mir, dass wir so weitermachen können wie bisher. Aktuell versorgen wir 1200 Tiere. Das sind 500 mehr als vor der Pandemie. Und wir gehen stark davon aus, dass unser Kundenstamm weiterhin wachsen wird. Davon müssen wir angesichts der Inflation und deren Auswirkungen ausgehen. Ich hoffe vor allem, dass wir die Tierarztkosten zukünftig tragen können. Diese sind nämlich seit Ende letzten Jahres durch eine Gesetzesänderung stark erhöht worden. Die Arbeit der Tiertafel ist so wichtig, weil wir uns um die Tiere kümmern, für die die Tierschutzvereine und Tierheime nicht zuständig sind. Denn diese Organisationen sorgen ausschließlich für Tiere, die keinen Besitzer mehr haben. Deswegen ist auch ein großer Wunsch, dass wir in Zukunft eine zweite und eine mobile Ausgabestelle eröffnen können. Am Ende des Tages brauchen wir für unsere Arbeit sowie für diese Zukunftspläne aber finanzielle Unterstützung. Wir sind daher für jede Spende dankbar.

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 07/2023 erschienen.

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