Karneval in Rio und Berliner Hipstertum treffen auf Fusion-Ambiente mit Queer-Faktor: Im zehnten Jahr des Bestehens stieg am 31. Juli die Pandemie-Edition des Vogelball Festivals
Text: Kevin Goonewardena
Fotos: Andreas Hornoff
Nach einem Jahr Pause hieß es auch dieses Jahr wieder „Ihr Vöglein kommet“ und auch wenn Corona-bedingt die Zuschauer:innenanzahl stark limitiert war, die Anwesenden genossen den Tanz zu elektronischen Klängen auf dem MS Dockville-Gelände in Wilhelmsburg sichtlich.
Schon von Anbeginn zeichnete die Veranstaltung im Hamburger Süden nicht nur der Umstand aus, dass der Begriff „Nachteule“ hier wortwörtlich genommen wurde: Bunte, ausgefallene, gekaufte, geliehene, selbstgemachte, wild kombinierte Kostüme und Schmuck garniert mit viel Schminke, Glitzer und Federn im Haupt, verwandelten die immer Farbenfrohen, genau wie graue Alltagsmäuschen aller Geschlechter in ravende Pfauen, Papageien oder quietschende Flamingos.
Auch das Programm war nie, trotz deutlich elektronischem Einschlag, in eine stilistische Schublade, respektive ein Vogelnest gepresst. So bot sich auch bei der 2021er Edition ein wilder Genre-Mix der eingebettet in die Eckpfeiler Rap, Pop und elektronischer Musik die gegenwärtigen, progressiven Spielarten nicht nur im Line-Up als Gesamtes, sondern in der Musik einzelner Künstler:innen vereinte.
So brachten das Hamburger Kollektiv female treasure um Mariybu, die zu den vielversprechendsten Talenten am Rap-Kosmos überhaupt gehört und unlängst bei dem all-female Rap-Label 365XX ihren ersten Plattenvertrag unterschrieben hat, die Rapper:innen Ostberlin Androgyn, Possy-Gangmember Best Boy Electric, oder die Performance-Gruppe Cointreau On Ice mit ihrer Drag-Show nicht nur die Beine der Gäste zum Tanzen.
Schon immer war auch die von der Bühne in Texten, Kostümen, Performance aber auch in den zahlreichen Workshops, Panels und anderen Angeboten verbreitete queer-freundliche, Grenzen aufhebende, Individualismus lebende oder Probleme enttabuisierende Message beim Vogelball wichtiger Bestandteil des Konzeptes. Eine wichtige Veranstaltung, die 2022 hoffentlich wieder in voller Pracht erstrahlen kann.