Filmkritik: „We Live in Time“

Das Drama „We Live in Time“ ist eine unsentimentale, aber doch zutiefst berührende Lovestory. Während Regisseur John Crowley Fallstricke rührender Romanzen vermeidet, kommt Momentaufnahmen große Bedeutung zu
Die Chemie stimmt offenbar zwischen Florence Pugh und Andrew Garfield (©StudioCanal Deutschland)

Auf der Suche nach einem Kugelschreiber, um seine Scheidungspapiere zu unterschreiben, irrt Tobias (überragend: Andrew Garfield) im Bademantel durch die nächtliche Stadt. Ein Moment der Unaufmerksamkeit und schon landet er auf der Motorhaube eines Wagens. Die Fahrerin heißt Almut (hinreißend: Florence Pugh). Es ist der zaghafte Beginn einer großen Liebe. Nur könnten die Lebensentwürfe der beiden nicht konträrer sein: Er arbeitet als Vertreter für Frühstücks-Cerealien, sie, ehemals Eiskunstläuferin, strebt eine Spitzenkarriere als Köchin an. Die in ihrer zärtlichen Unverbindlichkeit wundervoll funktionierende Beziehung endet abrupt, als Tobias plötzlich von Heirat und Kindern spricht. Almut weist ihn brüsk zurück, doch irgendwann gelingt der Kompromiss zwischen Nähe, Freiheit und Ambitionen – und beide träumen von Nachwuchs. Die Diagnose Eierstockkrebs stellt jedoch alles in Frage. 

„We Live in Time“: Poetisches Porträt eines Paares

„We Live in Time“ kommt am 9. Januar 2025 in die deutschen Kinos (©StudioCanal Deutschland)

Liebe genau wie die Nähe zum Tod verändern unser Gefühl für Zeit. Kleinste Momente erhalten fundamentale Bedeutung. Der irische Film- und Theaterregisseur John Crowley („Brooklyn“, 2015) meidet die Fallstricke rührseliger Romanzen, erzählt seine Liebesgeschichte nicht chronologisch linear, sondern in scheinbar zufällig gewählten Momentaufnahmen, die Erinnerungen gleichen: manchmal ausführlicher, dann wieder nur flüchtig, kurz wie der Beginn eines Gesprächs oder das Lachen unbändiger Freude, wenn Almut entdeckt, dass sie doch noch schwanger geworden ist. Geboren wird die Tochter auf der Toilette eines Minimarkts – eine hinreißende Szene. Doch: Der Krebs kehrt zurück. Selbst das Scheren der Haare macht die Mutter für ihre kleine Tochter zu einem lustigen Fest. Humor als Waffe gegen die tödliche Krankheit.

„We Live in Time“ ist das poetische Porträt eines modernen Paares und der Welt, die sie für sich kreieren. Wie mit der Zeit umgehen? Almut will von ihrer Tochter nicht nur erinnert werden als Mutter oder Kranke, sondern als erfolgreiche Starköchin. Für den berühmten Wettbewerb Bocuse d’Or ist sie bereit, früher zu sterben und weniger Zeit mit der Familie zu verbringen. Die Pflicht, sich selbst zu realisieren ist ihr Vermächtnis.

We Live in Time“, Regie: John Crowley. Mit: Florence Pugh, Andrew Garfield, Simon Maxon. Länge: 107 Min. Ab dem 9. Januar 2025 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 01/2025 erschienen. 

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