Drei Fragen an… Anneke Schwabe

Ab dem 14. November in „Die Carmen von St. Pauli“ zu sehen: Anneke Schwabe (©Moog Photography)

SZENE HAMBURG: In „Die Carmen von St. Pauli“ arbeiten Sie als Tänzerin in einer Spelunke im Hafen. Wie wird aus dem Stummfilm von 1928 und Bizets Oper ein Theaterstück?

Die gemeinsame Basis ist die Novelle von Prosper Mérimée. Der Stummfilm hat bis auf wenige Texttafeln keine Dialoge; die Oper wiederum wirkt mit ihren ethnischen Zuschreibungen weit weggerückt, während die Musik nichts von ihrer Strahlkraft verloren hat. Peter Jordan und Leonhard Koppelmann nehmen die beiden Qualitäten der Carmen-Erzählungen und verbinden sie mit etwas Drittem – neu gedichteten Arien und einer Handlung, die Überkommenes hinterfragt. Die Arrangeure Matthias Stötzel und Uwe Granitza bearbeiten Motive der Oper so, dass bekannte Melodien ganz neu zu hören sind. Das alles ist eigentlich eine ziemliche „Unverschämtheit“, und gerade das macht allen Beteiligten großen Spaß.

Auf St. Pauli heißt Ihre Carmen nun Jenny Hummel, was ist von der freiheitsliebenden Spanierin geblieben? 

Jenny Hummel alias Carmen ist eine von vielen Frauenfiguren der 1920er-Jahre, die um ihr Überleben kämpfen müssen. Sie will keine bürgerliche Ehe, sich keinem Mann unterwerfen. Sie ist ein Mädchen von der Straße mit krimineller Energie, wissend um ihre Wirkung. Mit Temperament, Geist und Mut stürzt sie sich in ihr unabhängiges Leben und spinnt ihre Fäden. Jenny Hummel ist Carmen, ohne dass wir das spanische Klischee bedienen müssen.

Das alles ist eigentlich eine ziemliche „Unverschämtheit“, und gerade das macht allen Beteiligten großen Spaß

Anneke Schwabe 

Wie finden Sie das Lebensgefühl jener Jahre für Ihre Rollen? 

Die Liebe zum Tanz und meine Arbeit als Schauspielerin geben mir eine gute Basis, um mich in das Gefühl der 1920er-Jahre hineinzuversetzen. Tatsächlich macht mir der aktuelle Rechtsruck Sorgen. Die derzeitige politische Weltlage zeigt, wie dünn der Boden ist, auf dem wir uns bewegen. Aber zurück in das klassische Rollenmuster der Frau, in einer von Männern dominierten Welt? Nein! Also sollten wir laut sein und solche wunderbar emanzipierten Frauenfiguren wie Sally, Polly und Carmen leben lassen.

„Die Carmen von St. Pauli“ ab dem 14. November 2024 (Premiere) im St. Pauli Theater; weitere Termine: 15.–17., 19.–24., 26.–30. November und mehr

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 11/2024 erschienen.

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