Debatte um Wiederaufnahme: Atomkraft als mögliche Lösung der Energiekrise
Am 22. Mai wird in Berlin im Hotel de Rome die Anschalt-Konferenz – Kernkraft für Deutschland stattfinden. Es werden Perspektiven zur Rolle der Kernenergie in Deutschland diskutiert. Auch die Reaktivierung bereits stillgelegter Kernkraftwerke könnte eine aus der Konferenz resultierende Option sein. Atomkraft wird von vielen nicht mehr hauptsächlich als Gefahr für die Bevölkerung, sondern als Unterstützung für wirtschaftliche Stabilität und förderlich für Klima- und Umweltschutz gesehen. Einige Befürwortende sehen den Wiedereinstieg in die Atomkraft als einzige Lösung für die Energiekriese.
Laut der offiziellen Website der Anschalt-Konferenz kämen für die Reaktivierung insgesamt neun der in den Jahren 2021 und 2023 abgeschalteten Kernkraftwerke infrage, darunter auch das Kernkraftwerk in Brokdorf, welches 1986 große mediale Aufmerksamkeit durch den Hamburger Kessel auf sich zog.
Brokdorf und der Hamburger Kessel: ein Rückblick
Während der Bauphase in den 70er- und 80er-Jahren gab es zahlreiche Proteste gegen das AKW Brokdorf. Am 7. Juni 1986 kam es zu willkürlichen Ausschreitungen seitens der Polizei auf etwa 10.000 der insgesamt, laut Schätzungen der Veranstalter 50.000 Demonstrierenden, die sich auf den Weg zum Kernkraftwerk Brokdorf gemacht hatten. Die Polizei attackierte die Teilnehmenden der Demonstration, verletzte sie mit Schlagstöcken, beschädigte und setzte Autos in Brand.
Am darauffolgenden Tag demonstrierten in Reaktion auf die Vorkommnisse über 800 Menschen in Hamburg gegen die Polizeiwillkür des Vortags und für das Recht auf Demonstrationsfreiheit auf dem Hamburger Heiligengeistfeld. Diese wurden von der Polizei mehr als 13 Stunden eingekesselt und festgehalten. Weder Essen noch Trinken habe es für die in der Sonne Stehenden gegeben und auch zur Toilette habe man niemanden gehen lassen. Berichten zur Folge wurden nur diejenigen freigelassen, die sich bereit erklärten, durchsucht zu werden, ihre Personalien feststellen zu lassen und in Gewahrsam genommen zu werden. Ein Szenario, was schon damals mitten in Hamburg kaum vorstellbar war. So wurden der Einsatz und das Verhalten der Polizei noch im selben Jahr vom Verwaltungsgericht Hamburg als rechtswidrig erklärt.
39 Jahre später: Wiederbelebung möglich?
Das AKW Brokdorf ging trotz der Proteste 1986 wie geplant ans Netz. 39 Jahre später geht es erneut um die Inbetriebnahme. Zuletzt hatte es am 28. Mai 2025 in 21 Großstädten, darunter auch Hamburg, Demonstrationen gegen Atomkraft gegeben. In Brokdorf selbst gibt es aber auch viele Befürworter für die Wiederinbetriebnahme. Der Rückbau des AKW Brokdorf hat gerade erst begonnen und würde eigentlich laut Betreiber bis Mitte der 2030er-Jahre andauern. Laut eines Berichts des Vereins Nuklearia ist das Kernkraftwerk in Brokdorf jedoch das intakteste deutsche Kernkraftwerk und somit am einfachsten wieder ans Netz zu bringen.
Die Debatte um Brokdorf steht exemplarisch für den energiepolitischen Spagat, den Deutschland derzeit erlebt. Zwischen Klimazielen, Energiesicherheit und der historischen Last der Anti-Atomkraft-Bewegung ist der mögliche Wiedereinstieg in die Kernkraft nicht nur eine technische, sondern auch eine gesellschaftliche Frage.