DANS ob de Deel im Gängeviertel

Seit letztem Jahr mischt Alexander Struth als Mitbegründer des Kulturkollektivs DANS die Szene der Stadt auf. Es organisiert elektronische Clubnächte und Open Airs, veranstaltet die interdisziplinäre Kunstbar im Gängeviertel und war Teil der Artstadt Vernissage. Im Mai folgt eine große Demo für den Ausbau subkultureller Räume
Tor zur Subkultur: Gängeviertel (©Alexander Struth)
Tor zur Subkultur: Gängeviertel (©Alexander Struth)

SZENE HAMBURG: Alex, was ist DANS?

Alexander Struth: DANS ist ein Kollektiv aus Hamburg, das aus 25 Personen besteht und sich der Konzeptkunst und elektronischer Musik widmet, insbesondere im Bereich House, Techno und Trance. Es ist aus ein paar Freundeskreisen entstanden und inzwischen eine gemischte Gruppe mit einem sehr familiären Klima. Viele von uns kennen sich aus Kindheitstagen. Dieses Klima macht uns aus und das wollen wir beibehalten. Inzwischen haben wir aber auch um das Kollektiv herum ein großes Netzwerk an befreundeten Kollektiven, Kulturschaffenden und Artists aus Hamburg und Umgebung.

Wofür steht der Begriff?

Der Name DANS leitet sich vom plattdeutschen Sprichwort „Dans op de Deel“ ab, was so viel heißt wie „mit vielen anderen Leuten zusammen feiern“. Über Umwege haben wir dieses Sprichwort kennengelernt, da der Ort an dem wir unsere erste Veranstaltung durchgeführt haben, inoffiziell schon ein Wortspiel mit genau diesem beinhaltete. Wir haben es abgekürzt. Man kann DANS aber auch auf verschiedenen Sprachen als „Tanz“ übersetzen. Wir fanden es einfach passend!

Das Gängeviertel: Ein Zuhause

„Sehen regelmäßig, wie viel Nachfrage es gibt“: Alexander Struth (©Eike Nils Knopp)
„Sehen regelmäßig, wie viel Nachfrage es gibt“: Alexander Struth (©Eike Nils Knopp)

Wie ging es dann los?

Ganz klassisch für unsere Art von Kollektiv hat es damit angefangen, dass ich nach den ganzen Lockdowns meinen Geburtstag größer feiern wollte und im Endeffekt ein Open Air organisiert habe. Glücklicherweise habe ich viele Menschen im Freundeskreis, die zu dem Zeitpunkt als DJs schon sehr aktiv waren und Zugang zu Equipment hatten. Deshalb musste ich mich nur noch um die Organisation und die Atmosphäre vor Ort kümmern. Nach dem Geburtstag habe ich so viel gutes Feedback bekommen, dass ich kurz danach meine Freund:innen mobilisiert habe, um etwas Regelmäßiges ins Leben zu rufen. So ist unsere Gruppe entstanden.

Welche Ansätze verfolgt ihr dabei?

Ein Punkt, der uns beschäftigt und wichtig ist, dass unsere Veranstaltungen ein sicherer Platz für alle sozialen Gruppen sind und möglichst alle an der Kultur teilhaben können. Als angehender Psychologe bin ich da sensibel gegenüber eingestellt und versuche möglichst viel Struktur und Netzwerke aufzubauen, um Erfahrungen, Feedback, verschiedene Einflüsse et cetera zu sammeln und so einen nachhaltigen Safe Space während unserer Events aufzubauen.

Welche Events sind das?

Regelmäßig veranstalten wir die Kunstbar im Gängeviertel. Jeden dritten Mittwoch im Monat laden wir alle House-, Techno- und kunstbegeisterten Menschen aus Hamburg in die Fabrique im Gängeviertel ein. Außerdem veranstalten wir Clubnächte in verschiedenen Clubs Hamburgs. Inzwischen waren wir schon in der Roten Flora, im Volt, Gängeviertel oder Jupiter, um verschiedene Einflüsse und Erfahrungen zu sammeln, wie Kulturschaffen eigentlich in Hamburg so läuft. Dabei ist das Gängeviertel irgendwie zu unserem Zuhause herangewachsen. Die Menschen, die dort leben und organisieren sind einfach mit Herz dabei, das merkt man sofort und es steckt einfach an. Liebe ans Gängeviertel an dieser Stelle.

„Wir sehen die Kunstbar als einen linken Treffpunkt für Künstler:innen“

Kannst du noch mehr zur Kunstbar erzählen?

Wir sehen unsere Veranstaltungsreihe „Kunstbar“ als eine Art Happening. Eine Plattform, um kreative und kulturelle Ausdrucksformen zu bieten, die lokal verankert ist und auf Kooperation und Interdisziplinarität setzt. Unser Kuratierungskonzept ist gemeinschaftlich ausgerichtet, sowohl auf Ideen, Wissen oder Innovationen. Wir sehen die Kunstbar als einen linken Treffpunkt für Künstler:innen verschiedener Kunstdisziplinen oder auch einfach zum Erleben und Genießen. Während der Kunstbar gibt es viele verschiedene Kunststationen oder Performances, die mit unserer Community interagieren, meist sehr unkonventionell. Gleichzeitig bieten wir auch Open Decks an, um lokalen DJs eine Plattform zu bieten, ihre Musik auf Clubanlage zu hören oder um mit Clubequipment in Kontakt zu kommen, das für nicht-etablierte DJs im Normalfall unbezahlbar ist.

Wir stehen für eine kulturelle Teilhabe für alle!

Alexander Struth, Mitbegründer des Kollektivs DANS

Welche Kunstschaffenden fallen dir spontan ein, wenn du an vergangene Veranstaltungen denkst?

Unsere Resident-DJs Navid Asadi und Jesse sind besonders engagiert, kriegen dafür dann auch unsere Bühne, was beide sehr genießen. Gleichzeitig ist Mischa von der Veranstaltungsreihe „Mise en abyme“ eine wichtige Person, da er mich an die Hand genommen hat, als wir unsere erste größere Clubnacht gemeinsam veranstaltet haben. Es sind aber auch so viele Freund:innen im Kollektiv, die während der Veranstaltung anpacken oder ihr professionelles Wissen als Ressourcen anbieten. Wie Paul, unser Tattoo-Artist, der inzwischen für unsere 3-D-animierten Videos zuständig ist. Man merkt, dieses Kollektiv lebt von der Gemeinschaft. „Teilen“ ist ein Leitsatz für uns.

Viel Nachfrage, wenig Fläche

Was plant ihr für den Sommer?

Während unserer Kunstbars sind viele große Kunstwerke entstanden, die wir gerne im größeren Rahmen ausstellen möchten, um alles Revue passieren zu lassen, aber auch unserer Community die Werke erneut zu zeigen. Gleichzeitig laufen gerade die Vorbereitungen für eine Demonstration für den Erhalt und Ausbau von Kulturräumen.

Nicht-kommerzielle Orte wie die Rote Flora oder das Gängeviertel werden mit Anfragen überrannt

Alexander Struth

Warum ist so eine Demonstration wichtig?

Wir sehen regelmäßig, wie viel Nachfrage es gibt, aber die nutzbaren Flächen immer knapper werden, um das Hamburger Subkulturleben aufblühen zu lassen. Die Forderung nach dem Erhalt und Ausbau alternativer Kulturzentren und selbstverwalteter Projekte sowie einer demokratischen Kulturförderung, die nicht nur elitären Interessen dient, ist essenziell. Denn die aktuelle Entwicklung hat zur Folge, dass genau diese alternativen Kulturzentren und selbstverwalteten Projekte in ihrer Existenz bedroht sind und vielen Menschen die Möglichkeit genommen wird, unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten kulturell an der Gesellschaft teilzuhaben. Wir stehen für eine kulturelle Teilhabe für alle!

Kooperation mit der Subkultur?

Was genau würdet ihr auf einer solchen Fläche machen?

Auf einer Freifläche würden wir Happenings stattfinden lassen wie die Kunstbar oder andere kreative Projekte, Konzerte oder ganz klassisch auch Clubnächte oder Open-Air-Events. Gleichzeitig würden wir aber natürlich auch diese Fläche für alle Kultur-schaffenden Menschen in Hamburg öffnen, da es eine große Nachfrage danach gibt. Nicht-kommerzielle Orte wie die Rote Flora oder das Gängeviertel werden mit Anfragen überrannt.

Hättet ihr Ideen, wo geeignete Orte in Hamburg vorhanden sind?

Es gibt viele Flächen, die dafür infrage kämen. Die Hamburger Innenstadt stirbt, immer mehr Räumlichkeiten werden nicht genutzt. Hier sehen wir eine Chance um nach 19 Uhr, also Feierabend, Leben in das Innenstadtquartier zu bringen. Dafür bräuchte es aber Unterstützung der Stadt und damit meinen wir keine Zwischennutzungen von leer stehenden Gebäuden, da es nach unserer Meinung nicht nachhaltig ist. Gleichzeitig gibt es ungenutzte Brachflächen am Hafen oder alternativere Ideen wie von Florian Schönhofer und David Süß in München, die versuchen unter der Autobahnauffahrt der A 9 die Freifläche zu bekommen, um einen Raum für Subkultur zu schaffen. In Hamburg gibt es regelmäßig illegale Veranstaltungen unter Autobahnbrücken. Statt diese Veranstaltungen ebenso regelmäßig aufzulösen, könnte die Stadt in Kooperation mit der Subkultur und der Autobahndirektion ein Sicherheitskonzept entwickeln und diese Orte offiziell für Subkultur freigeben.  

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 05/2023 erschienen.

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