„Zu hundert Prozent ausgeschlossen“

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Stadion an der Adolf-Jäger-Kampfbahn, die Heimstätte von Altona 93 – noch

Der FC Teutonia 05 möchte Untermieter im neuen Stadion seines Nachbarn Altona 93 werden. Die Absage ist deutlich und zeigt einen tiefen Konflikt

Text: Mirko Schneider

Ein Sonntagnachmittag an der Griegstraße. Im altehrwürdigen, etwas modrigen Stadion an der Adolf-Jäger-Kampfbahn kämpft in wenigen Minuten Regionalligist Altona 93 gegen den Lüneburger SK Hansa um Punkte für den Klassenerhalt. 1000 Fans warten auf der langen Gegengerade, der gegenüberliegenden Haupttribüne, der „Meckerecke“ links daneben und dem „Zeckenhügel“ hinter dem Tor auf der Westseite auf den Anpfiff. Jeder Ball, der beim Aufwärmen von den Spielern versehentlich auf den „Zeckenhügel“ geschossen wird, löst bei den Hunden einiger Altonaer Anhänger große Freude aus. Der Einlauf der Mannschaften sagt schließlich mehr als tausend Worte. Wie üblich spielt die Stadionregie die berühmte Melodie aus „Star Wars: A new hope“. So sieht sich Altona 93 selbst. Die Jedi-Ritter treten gegen das Imperium an. Nur eben auf dem Fußballfeld.

„Altona 93 ist für mich ursprünglicher Fußball. Ich kann mit den Spielern schnacken und den Rasen anfassen. Der Besuch eines Spiels fühlt sich an wie ein großer, entspannter Nachbarschaftstreff. Und das auf einem sportlichen Niveau in der 4. Liga, welches wirklich Spaß macht“, sagt Ragnar Törber. Der heute 47 Jahre alte selbstständige Architekt und stellvertretende Vorsitzende von Altona 93 wurde in den 80er-Jahren als Fan des FC St. Pauli sozialisiert. Damals verfolgte er die Partien der Kiezkicker von den Bäumen der Nordkurve aus. Mit Altonas nur 800 Meter Luftlinie entferntem Nachbarverein, dem Staffelrivalen FC Teutonia 05, kann Törber wenig anfangen. „Was der FC Teutonia 05 macht, ist für uns nicht wichtig. Wenn Teutonia mit viel Geld in die 3. Liga will, ist das deren Sache. Unsere Planungen bleiben davon unberührt“, sagt Törber.

Für viele der Inbegriff von Fußballkultur: Altona 93 und die Adolf-Jäger-Kampfbahn (Foto: Erik Brandt-Höge)

Die geeignete Fläche ist längst gefunden

Diese Planungen betreffen das neue Stadion von Altona 93 am Diebsteich. 2007 verkaufte Altona 93 nämlich die Adolf-Jäger-Kampfbahn für 11,25 Millionen Euro an Behrendt Wohnungsbau und den Altonaer Spar- und Bauverein für den dringend benötigten Bau 300 neuer Wohnungen. Der Deal mit der Stadt Hamburg versprach Altona dafür eine andere Fläche, auf der der Amateurfußballkultclub eine neue Heimat finden sollte. Den Verkaufspreis sollte Altona dort zweckgebunden für die Errichtung eines neuen Stadions einsetzen.

„Ohne neues Stadion können wir als Club nicht weiterexistieren“

Ragnar Törber, stellvertretender Vorsitzender von Altona 93

Erst wenn das neue Stadion steht, muss Altona seine Adolf-Jäger-Kampfbahn verlassen. Allerdings spätestens bis zum 31. Dezember 2026. Die geeignete Fläche ist längst gefunden, seit fünf Jahren laufen die konkreten Planungen für einen Umzug von Altona 93 in ein neu zu errichtendes Stadion am Diebsteich mit einer Zuschauerkapazität von 5000 Fans. Törber hat die Stadionfrage gemeinsam mit der Stadt Hamburg, dem Sportamt und der Bezirksversammlung Altona in vielen Gesprächen weit vorangetrieben. 2023 sollen die Bauverträge unterzeichnet werden, wobei zuvor 75 Prozent der Mitglieder von Altona 93 zustimmen müssen. Ende 2026 soll dann der Umzug erfolgen.

Teutonia möchte auch gerne am Diebsteich spielen

An dieser Stelle kommt Altonas Nachbar ins Spiel, der FC Teutonia 05. Die Teutonen, die in der Saison 2016/17 noch in der sechstklassigen Landesliga spielten, haben einen rasanten sportlichen Aufstieg hingelegt. Teutonia darf auf einige potente Geldgeber zählen und möchte hinter dem HSV und dem FC St. Pauli dritter Proficlub in Hamburg werden. Das nächste Ziel ist der Aufstieg in die 3. Liga. Nur ist kein passendes Stadion in Sicht. Da die Stadt Hamburg für Teutonia bislang keine geeignete Fläche anbot, möchte Teutonia gerne ebenfalls am Diebsteich spielen und in die bestehenden Stadionplanungen mit einsteigen. Liborio Mazzagatti (48), stellvertretender Vorsitzender Teutonias, betonte bereits, gerne mit Altona über das Thema sprechen zu wollen.

Törber wiederum verwundert das. „Teutonia ist mit seinem Wunsch, bei uns zu spielen, an die Medien gegangen, ohne auch nur einmal vorher mit uns zu sprechen. Das fühlt sich unsportlich an“, sagt Törber. Gegen ein Treffen und ein freundliches Gespräch mit Mazzagatti habe er nichts einzuwenden. Ändern werde sich an der Haltung Altonas aber nichts. „Wir brauchen uns nicht zu einigen. Für uns ist es zu hundert Prozent ausgeschlossen, gemeinsam mit Teutonia in unserem neuen Stadion zu spielen. Denn das wird unsere neue Heimat und wir werden alle Spielzeiten für unsere Teams brauchen“, sagt Törber. In so lange bestehende Planungen noch einmal einzugreifen sei unmöglich. Zumal Teutonia sich ein Stadion für 10.000 Fans wünscht.

Schneller Erfolg mit vermögenden Investoren – das ist nicht Altona 93

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Altona 93 spielt aktuell in der Regionalliga Nord gegen den Abstieg (Foto: Erik Brandt-Höge)
Altona 93 spielt aktuell in der Regionalliga Nord gegen den Abstieg (Foto: Erik Brandt-Höge)

Was unter anderem durch Banner in Altonas Stadion offensichtlich ist: Der FC Teutonia 05 steht für einen Fußball, der von den Fans von Altona 93 zutiefst abgelehnt wird. Schnellen Erfolg mit vermögenden Investoren – Teutonia plant in Liga drei mit einem Etat von bis zu 15,3 Millionen Euro – will in Altona niemand, weil das dem ursprünglichen Fußball widerspricht. Dem, was Altonas Fans als „echt“ empfinden. Fußball gilt beim Altonaer Fußballclub von 1893 als kulturelles Gut, welches es zu verteidigen gilt gegen die „Höher, schneller, weiter“-Mentalität des einst kleinen Nachbarn Teutonia, der Altona mittlerweile in der Tabelle sportlich überflügelt hat. Würde Törber den Mitgliedern einen Vertrag über das neue Stadion am Diebsteich vorlegen, der Teutonia die Möglichkeit eines Einstiegs ließe, würde er niemals 75 Prozent Zustimmung bekommen.

„Altona 93 ist für mich ursprünglicher Fußball“

Ragnar Törber, stellvertretender Vorsitzender von Altona 93

Dennoch steigt der Druck in der öffentlichen Debatte. Christian Okun, der Präsident des Hamburger Fußball-Verbandes, hat sich eindeutig pro Teutonia positioniert. Er sieht die Notwendigkeit eines Stadions mittlerer Größe für die Sportstadt Hamburg. Bei der Öffentlichen Planungsdiskussion im Rathaus Altona traten Redner auf, die sich ebenfalls für Teutonia positionierten. Sogar aus der Amateurabteilung des FC St. Pauli. „Ich spreche mit St. Pauli seit vielen Jahren und dort findet man unsere Pläne gut. Das wirkte auf mich inszeniert und hatte etwas von RTL 2“, sagt Törber. Mit den Altonaer Politikern, die sich auf Teutonias Seite schlugen, möchte Törber nun wieder ins Gespräch kommen. Genauso wie mit Verbandspräsident Okun, dessen Vorgehen Törber zutiefst irritiert hat. „Zwei unserer ehemaligen Schatzmeister arbeiten beim Verband. Unsere Pläne sind seit Jahren bekannt. Ich verstehe daher den plötzlichen Vorstoß von Herrn Okun nicht.“

Ohne das „Ja“ von Altona 93 ist es ein „Nein“ für Teutonia

Entscheidend wird nun sein, ob die Stadt Hamburg ihr Wort gegenüber Altona 93 hält. Das alleinige Nutzungsrecht für das neue Stadion ließ sich der Verein längst zusagen. Ohne Altonas „Ja“ kann Teutonia nicht dabei sein. Was aber passiert, wenn der Stadt Hamburg die Vision eines dritten Proficlubs in der Stadt so gut gefällt, dass sie ihre Meinung ändert? Törber ist da glasklar. „Das wird keinesfalls passieren, weil die politisch Verantwortlichen in Hamburg vernünftige Leute sind. Aber wenn es passieren würde, dann wären wir als Altona 93 aus dem Projekt sofort raus. Dann allerdings müsste die Stadt öffentlich zu ihrer Verantwortung stehen, uns als Traditionsclub über die Klippe springen zu lassen. Denn ohne neues Stadion können wir als Club nicht weiterexistieren.“


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