Do the right thing, Hamburg Ciddy!
Foto (o.): GeorgHH
Wer heute schon für morgen spart, hat übermorgen Knete, heißt es. Das wusste Omi, dass weiß heute jedes Kindi. Neu aber ist, wer früher schon mit Bauklötzchen spielte, ist heute klar im Vorteil, denn bereits Kinderhänden wird im klotzigen Bauvorhaben die Bedeutung und Funktion von Architektur deutlich.
Nun sind wir heute alle erwachsen, und all diejenigen, die nicht mit Bauklötzchen rummachten, krakeelen: „Dieser unansehnliche alte Bauklotz von einem Altonaer Krankenhaus stört mein Stadtbild! Mein armes Othmarschen, von Pein gezeichnet durch einen schmucklosen Kasten! Wir wollen was Neues!“
Sie ahnen es schon, ich bin anderer Meinung als die da oben. Das hier gemeinte 21-geschossige AK Altona mit seinen umliegenden Funktionsbauten, ist nämlich ein echter Knüller! In den 60er Jahren von Star-Architekt Werner Kallmorgen als Wonneproppen der Gesundheit erbaut, wollen die Damen und Herren Investoren dem 30 Hektar großen Areal nun an den Kragen. Klar ist, das AK Altona soll in den kommenden Jahren einen fetten Neubau erhalten, doch es gibt bis dato noch keinerlei Pläne für das denkmalgeschützte Bestands-Ensemble des Geländes. Was passiert mit der alten Klinik? Diese schönen Funktionsbauten, die als herausragende Dokumente der in Hamburg immer seltener werdenden Nachkriegsarchitektur und Kulturdenkmal gelten, sind in Gefahr.
Eingebettet in Parkanlagen stehen hier auf dem Gelände des AK Altona der Wirtschaftshof mit Küchen- und Werkstattgebäuden, das Kesselhaus, das Pathologiegebäude und das Versuchstierhaus. Wie beim Hauptgebäude handelt es sich bei den umliegenden Gebäuden um ganz individuelle Architekturen. Hammerdinger! Und obwohl es kontinuierlich Erweiterungen und Modernisierungsmaßnahmen gab, bleibt das AK Altona ein bedeutendes Beispiel eines Großklinikums der 60er Jahre, das auch über Hamburg hinaus seinesgleichen sucht. Und das große Entwicklungsareal bietet heute ein Monsterpotenzial! Doch ohne Nachnutzungskonzept, wie es korrekt heißt, wird es kommen, wie es in Hamburg so oft kommt: erst verballert, dann abgeknallert. Denn ist der Klinikneubau erst einmal beschlossene Sache, wird später wegen angeblich unwirtschaftlicher Unzumutbarkeit abgerissen. Denkmalschutz hin oder her. Aufwachen, Leute! Erinnert euch an eure Bauklotzzeiten: Die notwendigen Umbaumaßnahmen und die Nachnutzung müssen im Vorhinein im Finanzierungsplan berücksichtigt werden. Nicht nachher, sonst sind die Piepen ein für alle Mal weg!
Deshalb, Bürgers der Hansestadt, entert die Barricados und klemmt euch an die Guten, an die Leute vom Denkmalverein und an die Interessierten, die sich für den Prachtklotz AK Altona starkmachen! Hier könnten preiswerte Kleinwohnungen für Pflegepersonal und Studierende entstehen oder das Hochhaus zu günstigen Mietkonditionen an Hamburger Kultureinrichtungen für Proberäume, Ateliers, Begegnungsstätten für uns tolle Piepels bereit gestellt werden und auf diese Weise etwas wirklich Modernes entstehen. Stellt euch vor, es würde gelingen, dann hätten wir einen architektonisch und inhaltlich wegweisenden Ort, über den ihr später erzählen könntet: „Ja, Sohnemädchen, du Eierloch, spiel ruhig weiter mit deinen Klötzen, und besuch mal Othmarschen, da wirst du Bauklötzchen staunen!“
Who the fuck is…
Andrea Rothaug ist eine musikalische Raumsonde mit Hang zum Wort, Kulturmanagerin, Autorin, Dozentin, Veranstalterin, Präsidentin. Was diese Frau so alles treibt, erfahrt ihr unter www.andrearothaug.de
Dieser Text stammt aus SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Juni 2019. Das Magazin ist seit dem 25. Mai 2019 im Handel und zeitlos im Online Shop oder als ePaper erhältlich!