Gute Schauspieler müssen Dinge nicht erlebt haben, um sie spielen zu können

Regisseurin Celine Song über ihren Film „Past Lives“, die Parallelen zu ihrem eigenen Leben und die richtige Wahl der Protagonistin
Celine Song verarbeitet im Film „Past Lives“ ihre eigenen Erfahrungen; (©Matthew Dunivan)

SZENE HAMBURG: Frau Song, Ihr Film „Past Lives“ beginnt mit einer eindrücklichen Szene: eine Bar in New York, Ihre Protagonistin Nora, an ihrer Seite zwei Männer, ein Koreaner und ein weißer Amerikaner. Stand dieser Einstieg in den Film, dessen Kontext später nachgereicht wird, für Sie von Anfang an fest?

Celine Song: Tatsächlich war diese Szene, die erste, die ich für dieses Drehbuch schrieb. Erst als ich sie zu Papier gebracht hatte, konnte der Rest des Films folgen, denn letztlich gab dieser Einstieg die Struktur für alles vor, was folgt. Ich fand es wichtig, das Publikum gleich zu Beginn mit diesen Figuren zu konfrontieren und der Frage, wer diese Menschen sind und was sie verbindet. Einfach mit den Kindheitsszenen 24 Jahre vorher anzufangen, wäre zu wenig gewesen, um die Zuschauerinnen und Zuschauer wirklich abzuholen. Aber durch die vorangestellte Szene in der Bar wird die Neugier geweckt, mit der man dann bereit ist, dieser Geschichte zu folgen. Denn im Idealfall will jeder dem Geheimnis auf die Spur kommen, in welchem Verhältnis diese Personen zueinanderstehen.

Wie viele Momente im Film ist auch diese Situation eine autobiografische, die Sie selbst erlebt haben, nicht wahr?

Genau. Ich saß vor etlichen Jahren in einer Bar im East Village, mit meiner koreanischen Jugendliebe und meinem amerikanischen Ehemann. Und ich spürte, wie uns die Leute beobachteten und grübelten, wie wir drei wohl zusammengehören.

Parallelen zum eigenen Leben

Ahnten Sie damals schon, dass Sie Ihre Geschichte mal in einem Drehbuch festhalten würden?

Tatsächlich hatte ich in genau dem Moment zum ersten Mal die vage Idee dazu. Allerdings dachte ich lange, dass ich nicht genug Plot habe. Und statt eines verrückten Konzepts bloß ganz normale Menschen und dieses schwer fassbare Gefühl, sich einem Menschen verbunden zu fühlen, ohne dass man je liiert war oder viel Zeit miteinander verbracht hätte. Erst als ich nach und nach immer mehr Freundinnen und Freunden diese, also meine Geschichte erzählte und wir ins Reden kamen, merkte ich, dass das doch etwas ist, wovon sich auch andere Menschen angesprochen fühlen.

Ihr Alter Ego Nora wird von Greta Lee verkörpert. Worauf achteten Sie bei der Wahl der Hauptdarstellerin besonders?

Natürlich war es wichtig, eine koreanischstämmige Schauspielerin zu finden, die auch die Sprache spricht. Aber es war für mich zum Beispiel nicht relevant, ob sie wie ich ihre ersten Lebensjahre in Korea verbracht hat oder nicht. Gute Schauspielerinnen und Schauspieler müssen bekanntlich Dinge nicht erlebt haben, um sie spielen zu können. Ohnehin habe ich nicht nach jemandem gesucht, der wie ich ist, denn dass Nora und ich uns ähnlich, aber nicht deckungsgleich sind, kann ich nicht oft genug betonen.

Entsprechend ging es mir wirklich nicht um ein Abbild meiner selbst, sondern einfach um eine starke Schauspielerin, bei der ich das Gefühl hatte, dass sie den Kern der Figur, also deren Seele würde einfangen können. Außerdem sprach mich an ihr besonders an, dass sie in einem Moment aussieht wie eine erwachsene Frau und im nächsten wirken kann wie ein junges Mädchen. Eine ähnliche Qualität erkannte ich auch in Teo Yoo, der nun Hae Sung spielt, was ich sehr reizvoll fand.

Past Lives – In einem anderen Leben“, Regie: Celine Song. Mit Greta Lee, Teo Yoo, John Magaro. 106 Min. Ab dem 17. August 2023 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist in einer ersten Version in der SZENE HAMBURG 08/2023 erschienen.

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