Deal mit Cosco: Die zu kurz gedachte Hoffnung auf die Zukunft

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Der chinesischen Reederei Cosco gehören vielleicht bald Anteile an einem Hamburger Containerterminal: Eine kleine Chance mit großem Risiko. (©unsplash/Andreas Dittberner)

Ein Terminal im Hamburger Hafen gehört ab dem kommenden Jahr voraussichtlich anteilig zur chinesischen Reederei Cosco. Doch das ist ein Deal ohne langfristige Perspektive, meint unser Autor – ein Kommentar

Kommentar: Felix Willeke

24,9 Prozent, so viel soll die chinesische Reederei Cosco ab 2023 am Hamburger Containerterminal Tollerort halten. Die Hoffnung: Wirtschaftlicher Erfolg. Doch in der Realität verschließt die Politik die Augen vor den langfristigen Folgen. Es stimmt zwar, dass der Deal nocht nicht durch ist, Cosco selbst muss dem Geschäft noch zustimmen. Doch schon seit langem regt sich viel Kritik. So schrieben Sinolog:innen der Universität Hamburg einen offenen Brief an Bundeskanzler Scholz: Man würde „einem Regime in die Hände spielen, das sein Volk in den letzten Jahren immer rücksichtsloser unterdrückt hat, und es birgt ein politisches Risiko für Hamburg und Deutschland, das den erhofften wirtschaftlichen Vorteil weit überwiegt“. Dazu kommen Warnungen vom Bundesnachrichtendienst und einer Vielzahl an Ministerien, dass man China keinen Zugang zu kritischer Infrastruktur verschaffen solle.

Schiffe aus China? Bitte hierher!

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2,6 Millionen Container im Hamburger Hafen kamen 2021 aus China, mit Abstand die meisten (©unsplash/Anja Bauermann)

Doch trotz dieser Warnungen bleiben die Bundesregierung, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – und damit auch Peter Tschentscher (SPD) als Erster Bürgermeister der Stadt mit dem größten Seehafen des Landes – bei ihrem „Ja“ zum Deal. Denn sie stehen vor einem Problem, dass der MDR wie folgt zusammenfasst: „Kein europäischer Hafen, kein europäischer Staat, der auf wirtschaftlichen Profit aus ist, kann derzeit chinesische Angebote leichtfertig ausschlagen. Wenn Hamburg den Deal nicht annimmt, steuern die chinesischen Frachter eben verstärkt Rotterdam an.“

Tatsächlich gibt es ein Risiko, dass chinesische Schiffe Hamburg ohne Deal links liegen lassen würden. Stattdessen könnten sie die Fracht in anderen Häfen löschen, Alternativen gibt es genug. In Europa sind chinesische Unternehmen aktuell an 15 Häfen beteiligt. Darunter auch die großen Player wie Rotterdam und Antwerpen. Hier ist neben Cosco (zu rund 18 Prozent in Rotterdam und zu 20 Prozent in Antwerpen) auch noch China Merchants Ports beteiligt. Doch bedeutet das, dass Hamburg ebenfalls ein chinesisches Angebot annehmen muss? Nein!

Das Problem Elbe

Denn langfristig steht der Hamburger Hafen vor einem ganz anderen Problem. Zwar kommen heute die meisten Container im Hamburger Hafen aus China, 2021 waren es 2,6 Millionen Standartcontainer (der zweitwichtigste Handelspartner USA kommt auf rund 600.000). Und vor diesem Hintergrund scheint der Deal wirtschaftlich lukrativ: Man erhofft sich durch den Verkauf der Anteile, dass Schiffe aus der Volksrepublik weiterhin den Hamburger Hafen anlaufen. Doch eine solche Entscheidung hat nur den vermeintlichen kurz- bis mittelfristigen wirtschaftlichen Erfolg im Blick und lässt langfristige Entwicklungen außen vor. Stichwort: Elbe.

Der Hamburger Hafen ist zwar der drittgrößte Containerhafen in Europa, aber auch der, bei dem die Schiffe von der offenen See bis zum ersten Terminal am längsten brauchen. Die Elbe gleicht dabei einem Nadelöhr. Um Probleme durch die Tide und geringe Fahrwassertiefe für voll beladene, große Schiffe zu vermeiden, beschloss die Stadt Hamburg 2006 die Elbe auf mehr als 17 Meter zu vertiefen (der Naturschutzbund und andere klagten gegen die Vertiefung man begann erst 2019 mit dem Ausbaggern). Doch genau hier liegt das Problem: Seit 2017 haben die größten Schiffe eine Kapazität von mehr als 20.000 Standartcontainern (TEU). Laut Tschentscher sollten diese dank der Elbvertiefung den Hafen erreichen können. Doch das ist nicht der Fall, zumindest nicht, wenn sie voll beladen sind. Warum? Weil die Elbe nicht tief genug ist.

Größer gedacht, als man sollte

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Liegt ein Teil der Zukunft auf der Schiene? (©unsplash/Bernd Dittrich)

Doch wie steht das „Gescheiterte Großprojekt?“ (NDR) Elbvertiefung in Zusammenhang mit dem Verkauf der Terminalanteile an Cosco? Kurz gesagt: Man erhofft sich Schiffe aus China, die den Hafen voll beladen derzeit gar nicht anlaufen können. Einer Studie des Ifo-Instituts aus dem Jahr 2021 zufolge, werden die Containerschiffe immer größer. Schiffe mit einer Kapazität von über 20.000 TEU sind mittlerweile Alltag – weltweit sind rund 100 von ihnen auf den Meeren unterwegs. Deswegen haben Häfen wie Rotterdam, Valencia und Piräus einen entscheidenden Vorteil: Sie liegen direkt am Meer und können ohne Probleme von den großen Schiffen angelaufen werden.

Dazu kommt der Faktor Schiene – im Autoland Deutschland ein sehr leidiges Thema –, der in der Logistik immer wichtiger wird. Nicht umsonst bauen Länder wir die Schweiz Tunnel, damit der Transport auf der Schiene durch das eigene Land schneller geht. Schon heute kommen Güter vom Mittelmeer mit dem Zug fast schneller in den Süden Deutschlands als vom Hamburger Hafen aus. Und ein Schiff aus China ist, wenn es nicht durch die Nordostpassage fährt, auch schneller in Genua oder Triest als in Hamburg. Das heißt: Wenn Rotterdam, Antwerpen, Vado Ligure (Italien), Piräus oder Valencia – an allen Häfen sind chinesische Unternehmen beteiligt – ihre Kapazitäten aufstocken und dort die großen Schiffe einlaufen, schaut Hamburg in die Röhre. Der kurzfristige „Erfolg“ durch den Verkauf der Anteile am Terminal Tollerort würde sich langfristig als Fehlentscheidung entpuppen.

Gemeinsam ist man stärker

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Vielleicht ist eine Kooperation mit Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen die Zukunft: Dem JadeWeserPort in Wilhelmshaven (©pixabay/AKrebs60)

Dagegen kann es im Norden Deutschlands eigentlich nur eine Strategie geben: Zusammenarbeit. Anstatt Terminal-Anteile an Cosco zu verkaufen, könnte sich Hamburg lieber mit seinen norddeutschen Nachbarn zusammentun. „Die Seehäfen Bremerhaven, Hamburg und Wilhelmshaven müssen gemeinsam in ihrer internationalen Wettbewerbsposition gestärkt werden“, heißt es in einem Positionspapier der Handelskammern Bremen und Hamburg vom Februar 2022. Schon heute ist der Hafen in Piräus, der zur Mehrheit der Reederei Cosco gehört und als Teil der Neuen Seidenstraße (eine Handels-Expansionsstrategie Chinas), der Hafen, der in Europa am schnellsten wächst. Damit kann Hamburg bei Weitem nicht mithalten – und das wird sich mutmaßlich auch durch die Cosco-Beteiligung an Tollerort nicht ändern.

Deswegen braucht es die norddeutsche Kooperation. Denn dadurch fällt die innerdeutsche Konkurrenz weg. Zudem hätte man mit JadeWeserPort in Wilhelmshaven (an dem schon heute die Hamburger Reederei Hapag Lloyd beteiligt ist) einen Tiefwasserhafen für voll beladene Riesenfrachter. Die wegfallenden Kosten für die Elbvertiefung könnte man in einen besseren Bahnausbau im Hinterland investieren. Und am Ende wären die deutschen Häfen mit einem Umschlag von zusammengenommen 14,48 Millionen TEU pro Jahr europaweit auf Rang zwei, mit nur rund 850.000 TEU hinter Rotterdam. Heute beträgt Rotterdams Vorsprung auf den Hamburger Hafen rund 6,5 Millionen TEU, Tendenz steigend.

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