Die tausend Seiten einer Freundschaft

Lektor oder Autor – wer ist hier der Künstler? Das hochkarätig besetzte Biopic „Genius“ läuft aktuell im Hamburger Kino und ist sehr sehenswert

Wessen Leistung wiegt mehr: die des übersprudelnden Autoren, der seine blühende Prosa in dicken Bündeln handgeschriebener Seiten beim Verlag ankarrt? Oder diejenige des besonnenen Lektoren, der als Mentor und Vaterfigur den maßlosen Freigeist in zähem Ringen zu Kürzungen und Korrekturen überredet, um den unüberschaubaren Wust von Ideen zwischen zwei Buchdeckeln unterzubringen? „Erschafft“ der eine, während der andere lediglich „zurechtstutzt“? Oder gebührt die Ehre gerade dem Mann im Schatten des Dichters, dessen Name später lediglich im Kleingedruckten des Impressums auftauchen wird? Wer bei diesem literarischen Zweikampf der wahre „Genius“ ist, lässt der Filmtitel bewusst offen.

Colin Firth spielt den stets in sich ruhenden Lektor Max- well Perkins (nie ohne seinen Fedora-Hut auf dem Kopf) und Jude Law brilliert, stets auf dem schmalen Grat zum overacting, als narzisstischer Schriftsteller Thomas Wolfe. In nuancenreichen Szenen, in denen beide wie Raubkatze und Löwenbändiger um Textstellen kämpfen, wird die Arbeit an Wolfes ersten zwei Romanen „Look Homeward, Angel!“ (1929) und „Of Time And The River“ (1935) dargestellt.

Das Herzensprojekt des Drehbuchautors John Logan wurde von Theater-Regisseur Michael Grandage umgesetzt, der erstmals fürs Kino arbeitete. Ihm gebührt die Ehre, endlich mal einen Schriftsteller-Film gemacht zu haben, in dem es nicht primär um Liebesaffären, Drogensucht und Exzess geht (also all das, was der Autor tut, wenn er gerade nicht arbeitet), sondern um den Prozess des Schreibens an sich. Das historische Setting New Yorks fängt der Film zurückhaltend, aber sehr effektvoll ein.

Nicole Kidman (als Wolfes reife Geliebte) und Laura Linney (als Perkinsí Ehefrau) überzeugen darstellerisch als leidgeprüfte Frauen im Schatten der Alpha-Männchen. Abgerundet wird das Ganze durch Gastauftritte von Guy Pearce als F. Scott Fitzgerald und Dominic West als Ernest Hemingway – zwei weitere Autoren, die der echte Maxwell Perkins zu literarischen Superstars formte.

Text: Calle Claus

Regie: Michael Grandage. Mit Colin Firth, Jude Law, Nicole Kidman, Laura Linney

Im Hamburger Kino:
1.9., 21 Uhr, Magazin Filmkunsttheater (Winterhude)
2.9., 2.30 Uhr, Magazin Filmkunsttheater (Winterhude)
1.9., 18 Uhr, Magazin Filmkunsttheater (Winterhude)

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