SZENE HAMBURG: Juliana Oliveira, in Ihrem aktuellen Solo „Best of: Baum“ suchen Sie als personifizierte Bäumin nach der richtigen Weise, im Leben zu stehen – welche Gemeinsamkeiten zwischen Baum und Mensch sehen Sie?
Juliana Oliveira: Mir geht es weniger um die Gemeinsamkeiten, als um Unterschiede, die sich nicht überwinden lassen, und das kann auch gerne so bleiben. Damit meine ich: Wir können nicht wirklich wissen, wie es ist, ein Baum zu sein. Aber wir können uns von Bäumen sensibilisieren lassen, um ihre Existenz zu würdigen und unsere Abhängigkeit von ihnen zu verstehen. Letztlich haben sie die richtige Rolle auf der Welt bekommen, während wir wie nervige Nebendarsteller*innen das Zusammenspiel ständig mit unserem Größenwahn sabotieren.
„Bei uns läuft es nicht so mit der Lebendigkeit“
Baumsterben ist leider wieder ein Thema, und Sie obduzieren das Wesen Baum in der Performance. Heißt das, Sie gehen von einer ungeklärten Todesursache aus?
Ich würde sagen, in „Best of: Baum“ tun wir so, als sei die Todesursache ungeklärt, um Fragen auf den Grund zu gehen und um neu zu erzählen, was vermeintlich bekannt ist. Ein bisschen wie in einem Krimi, wo frau von Anfang an weiß, wer der Mörder ist. Mit Monologen, Kostümen, Sound und Video sezieren wir das Klischee des Baums als dekorative Kulisse oder als stumme, unbedeutende Nebenrolle. Damit hinterfragen wir grundsätzlich unser Verhältnis zu Pflanzen.
Wie soll das Publikum den Abend verlassen: mit einem (neuen) Gefühl für das unverzichtbare Lebewesen Baum oder mit wichtigen Erkenntnissen?
Gerne mit Fragen: Sehe ich Bäume wirklich oder kenne ich sie nur aus Erzählungen? Und vielleicht mit der Entschlossenheit, einen Baum kennenlernen zu wollen und zu erfahren, wie er wächst und seine Lebendigkeit auslebt. Damit hören sie ja nie auf, und vielleicht können wir uns davon etwas abgucken, denn bei uns läuft es nicht so mit der Lebendigkeit …
„Best of: Baum“ von und mit Juliana Oliveria ist ab dem 13. Mai 2023 im Lichthof Theater zu sehen. Weitere Vorstellungen: 14. (mit Vortrag und Publikumsgespräch), 18. und 19. Mai 2023
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 05/2023 erschienen.